Mädchen im öffentlichen Raum

Ob Frauen und Mädchen öffentliche Räume nutzen, hängt von ihrer Gestaltung ab.

Empfinden Frauen und Mädchen einen Ort als sicher und ansprechend und lädt er zum Verweilen ein, werden sie diesen eher nutzen als unsicher wirkende, unübersichtliche, dunkle oder enge Orte, die zum Beispiel keinen Platz für Bewegung mit dem Kinderwagen oder Rollstuhl lassen.

Grashügel, dahinter Bänke und Bäume

In der Vergangenheit haben wissenschaftliche Erhebungen gezeigt, dass die Parknutzung durch Mädchen ab 9 Jahren auffällig abnimmt. Seither wurden mit geschlechtsspezifischen Gestaltungsansätzen deren Nutzbarkeit und Sicherheit verbessert. Zudem wurden Planungsempfehlungen zur geschlechtssensiblen Gestaltung von öffentlichen Parkanlagen entwickelt, um Mädchen die gleichen Chancen in der Nutzung öffentlicher Räume zu bieten und ihre Präsenz zu erhöhen.

Mädchen und Parkanlagen

In einer 1996/97 für das Frauenservice Wien (MA 57) erstellten Studie "Verspielte Chancen? - Mädchen in den öffentlichen Raum!" stellten die Autorinnen fest, dass Mädchen bezüglich ihrer Raum-Aneignung grundsätzlich zurückhaltender sind als Buben. Sie ziehen sich etwa ab dem 10. bis 13. Lebensjahr fast gänzlich aus den Parkanlagen und öffentlichen Spielflächen zurück - mit entsprechenden Konsequenzen für ihr Selbst- und Körperbewusstsein.

Parkanlagen und Spielplätze wurden aus der Perspektive männlicher Erwachsener errichtet. Sie waren im Wesentlichen auf die Bedürfnisse von männlichen Kindern und Jugendlichen zugeschnitten. Für Mädchen war kein Platz vorgesehen, um zum Beispiel Sport zu betreiben. Sie zogen sich bescheiden zurück oder mussten zuschauen.

Pilotprojekt

Um diesen Verdrängungsmechanismen entgegen zu wirken, entschied sich die Stadt Wien in einem Pilotprojekt zur Neugestaltung von 2 Parkflächen unter dem Aspekt einer "Geschlechtssensiblen Parkgestaltung". Bei den Parks handelte es sich um den Einsiedlerpark und den Bruno-Kreisky-Park in Wien-Margareten.

Die Stadtbaudirektion "Alltags- und Frauengerechtes Planen und Bauen" entwickelt federführend entsprechende geschlechtergerechter Standards.

Einsiedlerpark

1999 schrieb die Stadt Wien den europaweit 1. Wettbewerb zur "Geschlechtssensiblen Parkgestaltung" aus. Zielsetzung war, die Anlagen für Kinder und Jugendliche beiderlei Geschlechts gleichermaßen nutzbar zu machen. Denn: 5-mal so viele Buben wie Mädchen nutzten die Wiener Parks und Gärten.

Der Einsiedlerpark wurde 2001 geschlechtsspezifisch umgebaut. Es entstand ein mehrere Spielfelder umfassender Bereich. Dieser ermöglicht die gleichzeitige und gleichberechtigte Nutzung durch mehrere Gruppen. Grashügel und eine überdachte Bühne kommen dem Bedürfnis der Mädchen nach Überschaubarkeit der Anlagen entgegen. Da Mädchen bei der Raum-Aneignung erfahrungsgemäß deutlich zurückhaltender als Buben agieren, werden diese Aneignungsprozesse von der Parkbetreuung professionell unterstützt.

Die Organisation und fachliche Begleitung des Wettbewerbs erfolgte durch die Abteilung "Alltags- und frauengerechtes Planen und Bauen" in Zusammenarbeit mit den Wiener Stadtgärten (MA 42) und der Bezirksverwaltung.

Die Abteilung "Alltags- und frauengerechtes Planen und Bauen" hat die Verantwortung für das Projekt "Geschlechtssensible Kinder- und Jugendspielplätze, Sport- und Parkanlagen in den Wiener Bezirken" mit dem Ziel übernommen, in jedem der 23 Wiener Bezirke eine öffentliche Anlage den Kriterien geschlechtssensibler Planung entsprechend zu gestalten.

Mehr Raum

In der 2022 durchgeführten Frauenbefragung "Wien, wie sie will." war eine der zentralen Forderungen der Wienerinnen nach mehr Raum. Wichtig sind sowohl Schutzräume als auch Freiräume. Bereits 68 Prozent der Teilnehmerinnen waren mit den vorhandenen Plätzen und anderen öffentlichen Freiräumen in ihrer Wohnumgebung "zufrieden". Davon sind 33 Prozent "sehr zufrieden". Dennoch besteht der Wunsch nach mehr Raum. In Folge wurde durch das Projekt "Mädchen*zone" am Hebbelplatz in Favoriten mehr Raum für Mädchen und junge Frauen geschaffen. Dort entstand ein niederschwelliger Ort ohne Konsumzwang, an dem sich Mädchen in ihrer Freizeit in einem geschützten Rahmen treffen und austauschen können.

Auch das Gefühl von Sicherheit ist für Frauen und Mädchen ein wichtiges Kriterium bei der Nutzung des öffentlichen Raums. Das subjektive Sicherheitsempfinden ist bei Frauen geringer als bei Männern, wie der Wiener Gleichstellungsmonitor 2021 zeigt. Die Angst vor Verfolgt-Werden, Überfall und sonstigen Belästigungen auf der Straße wie auch sexuellen Übergriffen nimmt mit dem Alter ab. Es ist daher wichtig, Mädchen in ihrer Nutzung des öffentlichen Raums zu unterstützen und zu bestärken.

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