Geschlechtergerechte Sprache in der Praxis

Im Folgenden wird die Anwendung der geschlechtergerechten Sprache bei Pronomen, unpersönlichen Fürwörtern und scheinbar neutralen Bezeichnungen, Eigennamen, direkter Ansprache von Personen, Rollenzuschreibungen und bei zusammengesetzten Wörtern behandelt.

Pronomen

Im Deutschen verwenden wir oft Pronomen, um auf Personen zu verweisen, die bereits genannt wurden oder die gerade nicht anwesend sind. Die gängigsten Pronomen sind sie und er. Ein Pronomen für intergeschlechtliche Personen haben wir in der deutschen Sprache nicht. Verwenden Sie daher den Namen der Person, wenn Sie auf eine intergeschlechtliche Person verweisen wollen:

  • Sabine A. (weiblich) hielt einen Vortrag. Sie sagte, dass …
  • Erkan B. (männlich) hielt einen Vortrag. Er sagte, dass …
  • Chris C. (inter) hielt einen Vortrag. Chris C. sagte, dass …

Prüfen Sie, ob besitzanzeigende Pronomen wirklich erforderlich sind:

  • Alt: Der Antragsteller/die Antragstellerin muss seine/ihre Unterlagen abgeben.
    • Neu: Der*die Antragsteller*in muss die Unterlagen abgeben.
    • Oder: Antragsteller*innen müssen ihre Unterlagen abgeben.
    • Oder: Jede Person, die einen Antrag stellt, muss ihre Unterlagen abgeben.
    • Oder: Geben Sie Ihre Unterlagen ab.
    • Oder: Interessierte geben ihre Unterlagen ab.

Unpersönliche Fürwörter und scheinbar neutrale Bezeichnungen

Auch unpersönliche Fürwörter wie jeder und keiner geben Hinweise auf das Geschlecht der handelnden Personen. Verwenden Sie daher Wörter wie jemand, niemand oder alle. Diese Wörter geben keine Hinweise auf das Geschlecht:

  • Alt: Keiner kann etwas dafür.
    • Neu: Niemand kann etwas dafür.
  • Alt: Jeder hat gerne mal frei.
    • Neu: Alle haben gerne mal frei.
  • Alt: Ich bediene einen nach dem anderen.
    • Neu: Ich bediene alle der Reihe nach.
    • Oder: Ich bediene eine Person nach der anderen.

Wenn Sie statt man die Angaben ich, wir, alle oder die direkte Anrede verwenden, wird die Aussage genauer.

  • Alt: Man sollte überlegen, ob das neue Gerät wirklich benötigt wird.
    • Neu: Überlegen Sie, ob Sie das neue Gerät wirklich benötigen.

Eigennamen

Viele Institutionen formulieren ihren Namen geschlechtergerecht, andere tun dies nicht. Verwenden Sie Eigennamen immer in der Form, in der sie von der jeweiligen Institution selbst aktuell festgelegt ist:

  • Ärztekammer
  • Kammer für Arbeiter und Angestellte
  • Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser
  • Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds

Bleiben Sie beim grammatikalisch richtigen Geschlecht: Die Stadt ist Arbeitgeberin, der Fonds ist Arbeitgeber.

Personen direkt ansprechen

Wenn Sie Personen namentlich ansprechen oder anschreiben, machen Sie das wie bisher:

  • Sehr geehrte Frau Familienname
  • Sehr geehrter Herr Familienname

Intergeschlechtliche Menschen werden mit

  • Sehr geehrte*r Vorname Familienname oder
  • Guten Tag, Vorname Familienname

angesprochen. Diese Ansprache können Sie auch verwenden, wenn Ihnen das Geschlecht der Person nicht bekannt ist.

Rollenzuschreibungen und Ausgrenzungen

Vermeiden Sie Begriffe, die es nur in männlicher Form oder nur in weiblicher und männlicher Form gibt:

  • Alt: Arztbrief
    • Neu: Entlassungsbrief
  • Alt: Kundennummer
    • Neu: Servicenummer
    • Oder: Telefonnummer
    • Oder: Kontakt

Verzichten Sie auf Redewendungen und Ausdrücke, die Aussagen über geschlechtsspezifische Eigenschaften beinhalten:

  • Alt: Gefordert sind kaufmännische Fähigkeiten.
    • Neu: Gefordert sind wirtschaftliches Verständnis und Kostenbewusstsein.
  • Alt: Um des Problems Herr zu werden, ...
    • Neu: Um das Problem zu lösen, ...
  • Alt: Jetzt geht es darum, den Betrieb wieder auf Vordermann zu bringen.
    • Neu: Jetzt geht es darum, den Betrieb wieder in Schwung zu bringen.
  • Alt: Das Problem wurde staatsmännisch gelöst.
    • Neu: Das Problem wurde souverän gelöst.
  • Alt: Der Kunde ist König!
    • Neu: Sie sind uns wichtig!
    • Oder: Kund*innen werden bei uns bestens bedient!

Zusammengesetzte Wörter

Wenn Sie Stereotype vermeiden und darauf aufmerksam machen wollen, dass alle Geschlechter gemeint sind, schreiben Sie auch zusammengesetzte Wörter geschlechtergerecht. Lange zusammengesetzte Wörter sind leichter lesbar, wenn sie getrennt geschrieben werden. Das kann mit Bindestrich erfolgen oder durch Umschreiben:

  • Alt: BürgerInnenbeteiligung
    • Neu: Bürger*innen-Beteiligung
    • Oder: Beteiligung der Bürger*innen
  • Alt: KundInnenorientierung
    • Neu: Kund*innen-Orientierung
  • Alt: KundInnennummer
    • Neu: Kund*innen-Nummer

Akademische Grade, erworbene und verliehene Titel, Amtsbezeichnungen

Die offizielle Verwendung von akademischen Graden, erworbenen Titeln und Amtstiteln ist in unterschiedlichen Regelwerken, wie im Universitäts-Studiengesetz oder in der Amtstitelverordnung der Stadt Wien, geregelt. Im Sprachgebrauch haben sich für Titel sowohl in der ausgeschriebenen Form als auch in der Kurzform Schreibweisen für weibliche und männliche Formen etabliert. Diese werden bei Frauen und Männern nicht verändert, sondern wie bisher verwendet. Für intergeschlechtliche Menschen gibt es noch keine offizielle Regelung.

Bachelor- und Master-Titel wie BA, BSc, MA, MSc sind in der Abkürzung nicht geschlechtsspezifisch und bleiben daher unverändert.

  • Herr Magister (Mag.) - Frau Magistra (Mag.a)
  • Herr Doktor (Dr.) - Frau Doktorin (Dr.in)
  • Herr Diplomingenieur (DI) - Frau Diplomingenieurin (DIin)
  • Diplomierter Sozialarbeiter (DSA) - Diplomierte Sozialarbeiterin (DSAin)
  • Herr Oberwerkmeister (OWkm) - Frau Oberwerkmeisterin (OWkmin)
  • Herr Kanzleikommissär (KK) - Frau Kanzleikommissärin (KKin)
  • Herr Senatsrat (SR) - Frau Senatsrätin (SRin)

Wenn eine intergeschlechtliche Person für sich in der Abkürzung ein hochgestelltes x verwendet, verwenden Sie dieses auch:

  • Mag.x, Dr.x, DIx, DSAx

Der Buchstabe X ist laut Unionsrecht sowie Richtlinien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) auch der Eintrag in Reisepässen für das dritte Geschlecht und steht für non-specified oder unbestimmt.

Das Hochstellen von Buchstaben ist manchmal nicht oder schwer möglich, etwa in E-Mails. Hier kann das Hochstellen der Endung unterbleiben. Es heißt dann Mag.a, Dr.in, DIx, …

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