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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 100

 

von Arbeitsstipendien eine sehr wichtige Maßnahme gesetzt, die die Kunstschaffenden nicht zu Bittstellern und Bittstellerinnen macht, sondern künstlerische Arbeit und Lebensformen unterstützt. Wir stellen damit - danke an Frau Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler - beträchtliche Mittel zur Verfügung und zeigen damit den Stellenwert der Kulturschaffenden für unsere Stadt.

 

Mit dem vorliegenden Akt baut die Stadt Wien ihre Förderschiene für künstlerisches Arbeiten aus. Den Anfang macht das Schreiben, wie es im Akt auch dargelegt ist: Ab heuer erhalten 12 Literaten oder Literatinnen sowie 12 Dramatikerinnen und Dramatiker ein Jahr lang 1.500 EUR pro Monat für die Entwicklung oder Fertigstellung ihrer schriftstellerischen Projekte.

 

Die neuen Stipendien ermöglichen den Schriftstellerinnen und Schriftstellern, ihre Projekte profund und ohne Zeitdruck vorzubereiten, zu recherchieren oder auch neue Ideen zu entwickeln. Der Budgettopf für das Programm ist insgesamt mit 1,5 Millionen EUR gefüllt. Heuer werden 24 Personen aus den Bereichen Literatur und Dramatik mit 432.000 EUR subventioniert, 2022 wird das Programm weiterlaufen und inhaltlich ausgedehnt werden. Ich möchte gleich hier ergänzen, neben Literatur und Dramatik sind das dann nämlich auch die Bereiche Theater, Tanz, Performance, Komposition, bildende Kunst, Medienkunst und Film.

 

Die Stipendien, so wie auch im Akt dargelegt, werden im Laufe des Jahres ausgeschrieben, darum ansuchen können Künstlerinnen und Künstler im Rahmen einer persönlichen Bewerbung. Es gibt die formalen Kriterien, nämlich, dass die InteressentInnen das 18. Lebensjahr vollendet und seit mindestens drei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Wien haben müssen. Die Bewerbungen werden dann von Experten-, Expertinnengremien der einzelnen Fachreferate geprüft, diese sprechen dann Empfehlungen aus. Die Vergabe der Stipendien soll dann mit Jänner 2022 erfolgen.

 

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zum vorliegenden Akt.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: 18.01.28 Es gelangt nunmehr die Postnummer 55 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Förderung an die Jüdische Museum der Stadt Wien GmbH. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Neumayer, die Verhandlung einzuleiten.

 

18.01.47

Berichterstatter GR Jörg Neumayer, MA: Besten Dank. Ich bitte um Zustimmung.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Ich eröffne hiermit die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Sachslehner. Ich erteile es ihr.

 

18.02.00

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP)|: Vielen Dank! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Auch wenn es eigentlich schon sehr spät ist und wir heute schon hitzige und emotionale Debatten geführt haben, möchte ich heute noch auf ein sehr wichtiges Thema zu sprechen kommen. Und zwar hat sich gestern zum 76. Mal die Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau gejährt. Ein wichtiger Gedenktag, der uns jedes Jahr aufs Neue an das dunkelste Kapitel in unserer Geschichte erinnert. Ich bin selbst vor ungefähr einem Jahr mit der Jungen ÖVP nach Israel gereist, wo wir die Gedenkstätte Yad Vashem besucht haben und uns mit einer Zeitzeugin getroffen haben, die uns ihre Geschichte und ihre Erinnerungen an diese schreckliche Zeit damals erzählt hat. Wie wir uns sicher alle denken können, waren das unfassbar bedrückende und traurige Erzählungen. Während man solche Geschichten hört, sitzt man da und fragt sich: Wie kann so etwas passieren? Wie kann irgendjemand so etwas zulassen? Und man denkt sich, der Kampf gegen Antisemitismus sollte eigentlich selbstverständlich sein. Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass solches Gedankengut - weder heute noch damals - irgendwo in unserer Gesellschaft Platz hat.

 

Aber wenn wir uns dann einzelne Vorfälle in unserer Stadt aus den letzten Monaten anschauen, dann sehen wir leider ein anderes Bild. Ende November greift eine Frau einen Rabbiner auf offener Straße im 3. Bezirk in der Landstraße an und reißt ihm seine Kippa und seinen Hut herunter. Bei Corona-Demonstrationen in den letzten Wochen und Monaten werden immer wieder antisemitische Ideologien zur Schau gestellt und von den dortigen Teilnehmern in Verharmlosung betrieben, und erst vor Kurzem kam es zu einer unfassbaren Attacke gegen den Abgeordneten Martin Engelberg durch den Chef der Identitären. Eine Studie aus dem Parlament aus dem Jahr 2019 besagt, dass bei über 30 Prozent der Befragten latente antisemitische Einstellungen vorzufinden sind. Das alles zeigt uns, wir haben ein Problem, wir haben leider nach wie vor ein Problem mit antisemitischem Gedankengut. Vor allem auch Wien, als eine Millionenstadt mit vielen Zuwanderern, hat da ein Problem.

 

Eines ist klar: Es muss unser aller Aufgabe sein, unermüdlich gegen solches Gedankengut zu kämpfen. Jeder Einzelne von uns ist dabei gefordert. Umso wichtiger ist das Zeichen, das wir heute setzen. Ich freue mich sehr, dass auf unsere Initiative hin heute ein gemeinsamer Antrag eingebracht wird, der die kürzlich präsentierte Antisemitismusstrategie des Bundes unterstützt, und dass wir im Rahmen dieses Antrages auch festlegen, dass die Stadt Wien ebenfalls weitere konkrete Maßnahmen setzen wird. Gerade vor dem Hintergrund, dass meine Generation die letzte ist, die Zeitzeugen des Nationalsozialismus erleben wird, müssen wir unsere Anstrengungen rund um eine aktive Gedenk- und Erinnerungskultur stetig ausbauen und intensivieren.

 

Einer von ihnen ist erst vor wenigen Tagen verstorben, Arik Brauer: Ein großer Künstler, Bühnenbildner und Sänger, der uns immer wieder mit seinen Erinnerungen an die damalige Zeit gemahnt hat und so unglaublich viel für die Aufklärungsarbeit vor allem junger Menschen geleistet hat. Also auch um sein Lebenswerk aufrecht zu erhalten, muss es unsere Aufgabe sein, nicht nachzulassen und jüdische Kultur in unserer Stadt zu beschützen und zu stärken. Das bedeutet auch, jüdische Stadteilkultur in unseren Grätzln und in unseren Bezirksmuseen stärker sichtbar zu machen. Auch da müssen wir uns mehr anstrengen.

 

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