Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 100
somit geschlossen. Die Frau Berichterstatterin verzichtet auf ein Schlusswort.
Es gelangt nunmehr Postnummer 54 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft die Außerkraftsetzung der bisher geltenden Statuten in den Bereichen der Literatur- und Dramatik-Stipendien sowie die Genehmigung des Grundsatzbeschlusses für Arbeitsstipendien. Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Mag. Berger-Krotsch, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch: Ich bitte um Zustimmung.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Berner. Ich erteile Ihr das Wort.
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Ich schicke voraus: Schön, dass Sie noch da sind. Zuerst muss ich Sie alle begrüßen, also schön, dass Sie noch da sind, auch via Livestream haben Sie sich lange gehalten, denn es ist schon Abend.
Jetzt aber zum Antrag: Ich schicke voraus, natürlich werden wir dem Poststück zustimmen, zwölf Stipendien für Literatur und Dramatik für 2021. Das ist ein Anfang, das ist ein erster Schritt, aber es ist leider nicht genug im Verhältnis zum aktuellen Bedarf der künstlerisch arbeitenden Menschen in Wien.
Die Corona-Pandemie ist noch nicht überstanden, das wissen wir alle, ganz im Gegenteil, die Lockdowns mehren sich, die Situation für Kunstbetriebe, für Künstlerinnen und Künstler im Kulturumfeld und im Kulturumfeld Arbeitende ist weiterhin unklar. Vermutlich bis zum Sommer, vielleicht sogar bis ans Ende des Jahres 2021 werden wir uns damit herumschlagen müssen, es wird kaum Auftrittsmöglichkeiten geben, wahrscheinlich keine Indoor-Veranstaltungen, wir werden es sehen. Die Planung ist dementsprechend schwierig und alles muss regelmäßig adaptiert werden.
Vor diesem Hintergrund wäre es sinnvoll und notwendig, wenn mehr als die Arbeitsstipendien, die wir schon im Frühjahr 2020 beschlossen haben, von der Stadt Wien eingerichtet werden, weil sich eben die äußeren Umstände nicht verändert haben, nein, es ist für Leute, die in dem Bereich arbeiten, sogar schwieriger geworden. Im Jahr 2020 wurden über 2.300 Stipendien gewährt - 2.300 Personen, die auf Grund des Stipendiums eine Idee vertiefen konnten oder ohne Existenzangst ein Projekt, zumindest für ein paar Monate, verfolgen konnten. Die derzeit beschlossenen zwölf Stipendien pro Sparte können diesen Bedarf natürlich nicht decken.
Was spricht für 2.300 Arbeitsstipendien? - Na ja, zuerst einmal die Sicherung der Existenz natürlich, und außer dieser Linderung der akuten Armut geben uns Corona und die Stipendien auch eine Möglichkeit, über den Kulturbetrieb insgesamt nachzudenken. Das immer mehr, immer öfter, immer schneller, der Zwang, sich dauernd neu zu erfinden, ist auch in der Kulturproduktion angekommen und wird von der derzeitigen Förderstruktur unterstützt. Statt sich länger mit einem Thema zu beschäftigen, es zu vertiefen, bestehende Produktionen umzuschreiben, neu zu denken, vielleicht zu erweitern, um aktuelle Bezüge herzustellen und damit neue Kraft zu verleihen, beugt sich auch die Kulturförderung heute dem Neoliberalismus. Wer gefördert werden will, muss Neues zeigen. Innovation und damit Schnelllebigkeit stehen vor Wiederaufnahme, rastloser Verbrauch vor Reflexion und Vertiefung.
Mein Ziel ist es, auch in der Kulturförderung mehr Nachhaltigkeit zu implementieren, zum Beispiel indem Wiederaufnahmen vermehrt einen ähnlichen Stellenwert bekommen wie Neuproduktionen. Es ist eine Chance, scheinbar Bekanntes aus einem neuen Blickwinkel zu sehen. Wenn Corona irgendetwas Gutes hat, dann gibt uns Corona die Chance, eingeübte Praxen zu hinterfragen und neu zu denken. Nehmen wir die Herausforderung an! Arbeitsstipendien für Projektentwicklungen sind ein Weg dazu, sie sind eine Möglichkeit, die Förderlandschaft an die realen Arbeitsbedingungen im Kulturbereich anzupassen.
Natürlich, im Rahmen der Corona-Krise bietet der Bund einige Maßnahmen an - wir haben schon darüber geredet -: Für Einzelpersonen gibt es Förderungen und auch Überbrückungsfonds und auch den Härtefallfonds - Sie haben das schon alles gehört. Es ist aber natürlich nicht ausreichend, weil die Bandbreite und die unterschiedlichen Lebenssituationen in Kulturbetrieben sehr unterschiedlich sind und man nicht alle prekären Situationen, die durch die Corona-Krise ausgelöst werden, auffangen kann. Lockdowns, temporäre Schließungen von Einrichtungen und Einschränkungen im Veranstaltungsbereich bleiben uns wohl erhalten, und das wohl noch die nächsten Monate. Das trifft Künstlerinnen und Künstler, aber es trifft natürlich auch Wissenschaftler, die keinen Zugang zu forschungsrelevanten Ressourcen haben.
Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 hat die Gemeinde Wien daher Arbeitsstipendien eingerichtet, die schrittweise und dann schließlich insgesamt mit 6,3 Millionen EUR dotiert waren. Der zweite Lockdown im November 2020 und die mehrmonatigen Schließungen von Kulturinstitutionen und der mittlerweile dritte Lockdown machen es nun notwendig und sinnvoll, auch für 2021 über Arbeitsstipendien nachzudenken und diese anzubieten. Diese Arbeitsstipendien sollen den künstlerischen und wissenschaftlichen Arbeits- und Schaffungsprozess wieder anregen, um eine florierende Landschaft von Kultur und Wissenschaft, wie sie es in Wien gegeben hat, weiterhin zu ermöglichen und auch für die Zeit nach Corona zu erhalten.
Deshalb stellen wir hiermit den Antrag, für das Corona-Jahr 2021 3.000 Arbeitsstipendien einzurichten, die im Umfang und Rahmen den im Jahr 2020 angebotenen Arbeitsstipendien entsprechen. In formaler Hinsicht bitten wir um Zuweisung zum Ausschuss. - Danke für Ihre Unterstützung.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet, die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch: Wien hat in der Corona-Krise rasch reagiert und hat neben vielen weiteren Maßnahmen mit der Einrichtung
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular