Gemeinderat, 31. Sitzung vom 15.12.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 138
Sehen wir Raucher als vielleicht unvernünftige, aber durchaus Erwachsene, die eigenverantwortlich handeln, oder sehen wir Raucher - das würde mich wirklich interessieren, Frau Doktor, denn ich habe den Eindruck, Sie neigen zu zweiter, nämlich folgender Einschätzung - als Süchtige, die im Sinne der Volksgesundheit vielleicht auch zu ihrem Willen oder gegen ihren Wollen gezwungen werden sollen? Auch das kann man zulassen. Ich sage Ihnen nur, Prohibition, wie sie in den USA der 1920er und Anfang der 1930er Jahre bei einem anderen Suchtmittel versucht wurde, funktioniert nicht.
Zum Kollegen Gara, der immer gerne jedem die Welt erklärt: Ich darf Ihnen sagen, in welchen europäischen, nur in europäischen Ländern in der Gastronomie wieder geraucht werden darf, wenn auch zeitlich begrenzt, abgetrennt, aber doch: In Belgien, in Bulgarien, in Dänemark, in Deutschland, wo es Länderkompetenz ist, in 13 Bundesländern, in Finnland, in Kroatien, in Liechtenstein, in Luxemburg, in Lettland, in Polen, in Portugal, in Schweden, in der Slowakei, in Slowenien. Dann gibt es natürlich noch Länder, wo es ein absolutes Rauchverbot gibt, nämlich in manchen südlichen Ländern, dann haben wir wieder die Diskussion mit den Heizschwammerln mit den Grünen, oder wie in Griechenland, wo es auch ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie gibt, dessen Nichtbeachtung aber - ähnlich wie bei der Steuermoral - überhaupt nicht sanktioniert wird. Andererseits haben wie Beispiele wie Irland, wo in Pubs nur dann geraucht werden darf, wenn Veranstaltungen für geschlossene Gesellschaften dort stattfinden, was derzeit permanent in Irland passiert. Oder wie in Norwegen: Dort darf in keinem Gastrobetrieb geraucht werden, es sei denn, es findet eine Veranstaltung statt, was dazu führt, dass in ganz Norwegen permanent unzählige Vernissagen oder Dichterlesungen stattfinden. Oder in den Niederlanden: absolutes Rauchverbot. Was passiert in den Coffeeshops? In Amsterdam gilt - wir kennen es alle - in den Coffeeshops ein Rauchverbot nur für Tabakerzeugnisse und Tabakbeimischungen, nicht für das Rauchen von reinem Cannabis.
Meine Damen und Herren, das funktioniert nicht! Schützen wir die Nichtraucher, aber akzeptieren wir auch den Lebensentwurf von Rauchern! Ronald Reagan hat einmal gesagt: „Government’s first duty is to protect the people, not run their lives.“ Genau so sehe ich diese Debatte. Nichtraucherschutz ja, aber nicht Bevormundung von Rauchern! - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste ist Frau GRin Meinhard-Schiebel zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
GRin Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Diese mittlerweile sehr hitzig geführte Debatte um den blauen Dunst macht deutlich, wie man es schafft, einen Nebelschleier über alles zu legen, was im Hintergrund passiert. Das Rauchverbot wird ganz einfach abgetauscht gegen die CETA-Abstimmung, und so nebenbei werden wir zum Schlusslicht in Europa beim Thema Rauchverbot, und hinter verschlossenen Türen wird einstweilen alles Mögliche ausgeheckt. So schaut es fast aus, als ob der blaue Dunst ja nur ein kleiner Dunst wäre. Sie haben sich aber getäuscht, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ, denn der Aufschrei gegen diesen Umfaller beim Rauchverbot ist laut, und zwar sehr laut. Dies einerseits, weil klar ist, dass das Rauchen die Gesundheit gefährdet, und zwar aller, auch derjenigen, die den Rauch einfach mitinhalieren müssen, ob sie wollen oder nicht, andererseits, weil plötzlich eine unerwartbare Menge von Menschen dagegen aufsteht und zeigt, dass sie etwas, das die neue Regierung ausgeheckt hat, nicht schweigend hinnimmt. Das ist die Lehre daraus: Nein, diese Menschen werden sich nicht alles gefallen lassen, ganz im Gegenteil, das ist erst der Beginn. Das haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren der zukünftigen Regierungsparteien, einfach übersehen.
Dass das Gesundheitswesen in Österreich beim Raucherschutz seit Langem europaweit einen schändlichen Platz einnimmt und ihn damit behält, das ist die eine Seite. Dafür sollten wir uns vor allem schämen. Dass die Gesundheitskosten durch Lungenkrebs und andere Krebsarten, die durch das Rauchen gefördert werden, gewaltig sind, das können Sie nicht einfach wegdiskutieren. Dass die scheinheilige Schutzaltererklärung eine Farce ist, das wissen wir alle. Oder glauben Sie allen Ernstes, dass man jeden Jugendlichen, der eine Zigarette in die Hand nimmt, fragt, wie alt er ist? Nach dem Geburtsdatum zu fragen, ist eine scheinheilige Angelegenheit. Oder glauben Sie, es hilft etwas, wenn auf jeder Zigarettenpackung steht „Rauchen gefährdet ihre Gesundheit“? Das ist nichts als reiner Zynismus.
Wer immer sich mit dem Thema einer Suchterkrankung auseinandersetzt, weiß sehr wohl, was es bedeutet, daran leiden zu müssen. Allein das sogenannte Raucherkammerl hier bei uns vor dem Gemeinderatssaal spricht ja Bände und stinkt bis zu uns herein. Mir tut jeder Mensch aufrichtig leid, der an einer Suchterkrankung leidet und dieses verdammte Rauchen einfach machen muss, ob er möchte oder nicht, weil er sich nicht davon lösen kann. Es ist schlimm, darunter leiden zu müssen.
In den Debatten, die es bereits gegeben hat, und zwar war das in den Jahren 2005 und 2010 im Parlament, gab es ja bereits auch diesen Antrag, das Rauchverbot in der Gastronomie endgültig durchzusetzen, aber die 13.000 bis 14.000 Menschen, die jährlich durch diese Raucherkrankung sterben, scheinen die neue Regierung wenig zu kratzen. Dass Sie allerdings bereits in den eigenen Reihen der ÖVP Widerstand haben, finde ich sehr bemerkenswert. Es gibt scheinbar doch einige Mandatare mit einem Gesundheitsbewusstsein, wie wir es verstehen.
Wie gesagt, wir haben uns im Parlament bereits 2005 und 2010 für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie eingesetzt. Unser damaliger Gesundheitsexperte Dr. Grünewald hat selbst festgestellt, dass die bisherigen Maßnahmen zum Nichtraucherschutz zu wenig greifen,
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