Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 108
noch sehr vernünftig. Rechnen wir uns das ganz kurz durch: 160.000 mal 95 ergibt nach Adam Riese – ich nehme das vorweg, ich habe mir das natürlich ausgerechnet – 15,2 Millionen. Und damit man mir beim Runden nicht den Rundungsaufschlag vorwirft, runden wir es ab. Reden wir von 15 Millionen, seien wir großzügig. Mehr als 15 Millionen EUR, die Wiener Wohnen Jahr für Jahr den Mietern zunächst einmal zu viel verrechnet, um sie dann am Jahresende zurückzugeben. Oder, wie es eben hier in dem Prospekt der Mieterhilfe sehr richtig heißt: „… weil die Erfahrung zeigt, dass es immer wieder vorkommt, dass Hausverwaltungen den Mietern zu viel verrechnen …“ Mehr als 15 Millionen EUR! Drei Viertel aller Gemeindebaumieter, das ist die überwiegende Mehrheit aller Wiener Gemeindebaumieterinnen und Gemeindebaumieter, müssen daher jedes Jahr 15 Millionen EUR vorstrecken. Das heißt, diejenigen, die eh schon wenig haben, diejenigen, die eh schon mitunter zu wenig zum Leben haben, schenken der Stadt Wien Jahr für Jahr ein unverzinstes Darlehen, quasi auf dem Rücken der Bewohnerinnen und Bewohner im Gemeindebau, quasi auf dem Rücken der Ärmsten der Armen, die gratis der Stadt Wien dann auch noch Geld geben müssen.
Zurückgerechnet auf den einzelnen Mieter ein scheinbar kleiner Betrag: 95 EUR. Aber wer wohnt denn im Gemeindebau? Im Gemeindebau wohnt üblicherweise nicht derjenige, dem die 95 EUR völlig egal sind, sondern wir reden hier von Mindestpensionisten; wir reden hier von Mietern, die es vielleicht nicht ganz so dick haben; von Mieterinnen und Mietern, die eine große Familie haben und die daher eine entsprechend große Wohnung haben. Denn die Betriebskosten werden pro Quadratmeter abgerechnet, und dann erhöht sich diese Summe womöglich auch noch und es sind deutlich mehr als diese genannten 95 EUR. Diesen Mieterinnen und Mietern müssen Sie auch erst einmal erklären, warum sie unfreiwillig Sparverein spielen sollen, wieso sie Monat für Monat mehr zahlen müssen, als sie tatsächlich notwendigerweise zahlen müssten. Im Juni bekommen sie es wieder zurück, und dann geht das Spiel wieder von vorne los.
Im Jahr 2011 wurden auf Grund dieser Systematik im Laufe des Jahres sogar mehr als 20 Millionen EUR zu viel kassiert! Allein im Beobachtungszeitraum der Presseaussendungen – ich habe mir jetzt nicht die Mühe gemacht, noch frühere Zeiten zu nehmen – seit 2008 summiert sich dieser Betrag an zu viel gezahlten Vorauszahlungen insgesamt auf mehr als 100 Millionen EUR, die dann immer wieder im Juni unverzinst zurückgegeben werden. Es ist dem aktuellen Niedrigzins zu verdanken, dass sich der Schaden für die Mieterinnen und Mieter jetzt im Moment in Grenzen hält. Das war aber noch vor 5 Jahren ganz anders, als die Zinsen noch deutlich über 5 Prozent gelegen sind.
Und dann schauen wir uns die offizielle Stellungnahme der Stadt Wien zu genau diesem Umstand an, weil die Stadt Wien natürlich - ihre Ressort - dann auch eine Antwort gibt, warum das so sein soll. Da heißt es in der aktuellsten Pressemeldung – das ist die OTS 101 vom 30. Juni 2015, die aktuellste zu diesem Thema –: „Die Stadt Wien, Wiener Wohnen, kalkuliert die Betriebskosten mit besonderer Umsicht. So sind in der überwiegenden Mehrheit der Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien die tatsächlich getätigten Ausgaben unter den Schätzungen und Kalkulationen gelegen.“ – Ja, selbstverständlich, stimmt auch. So ist ja grundsätzlich alles in Ordnung. Man kalkuliert bis zum Jahresende, stellt fest, ich habe nicht so viel gebraucht, lege sicherheitshalber einen Puffer, und freut sich, dass es dann in Ordnung geht. Das ist auch das, was normalerweise eine gute Hausverwaltung zu tun hat: Umsichtig zu kalkulieren und entsprechende Risikovorsorgen zu treffen. Aber doch nicht jedes Jahr! Wenn ich Jahr für Jahr sehe, dass es sich immer um dieselbe Summe ausgeht, wenn ich Jahr für Jahr sehe, dass immer die gleiche Anzahl an Menschen, nämlich 160.000 Wienerinnen und Wiener, zu viel bezahlen, und dann mache ich jedes Jahr denselben Fehler, dann ist das kein umsichtiges Kalkulieren mehr, sondern dann ist das schlicht und einfach Trick 17. (Beifall bei der FPÖ.)
Man zeigt auf der einen Seite irgendwohin, in diesem Fall nämlich auf die Hausverwaltungen, und während alle auf die bösen privaten Hausverwaltungen schauen, nimmt man auf der anderen Seite gemütlich ein bisschen was heraus, um davon abzulenken. Jahr für Jahr nimmt die Stadt Wien, Wiener Wohnen, 15 Millionen EUR an unverzinster Akontozahlung - nur mal so zur Sicherheit. Und mit diesem Wissen lese ich dann noch ein letztes Mal den Text aus dieser Broschüre der Mieterhilfe, der dann fast wie Hohn klingt, wenn es heißt: „Wie die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, kommt es leider immer wieder vor, dass Hausverwaltungen den Mieterinnen und Mietern zu viel verrechnen.“ (Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Und nicht zurückzahlen!) – Am Jahresende zurückzahlen, keine Frage. Aber zuerst einmal zu viel kassieren. Und das macht es dann auch nicht besser, dass natürlich dieses Geld zurückgezahlt wird. Aber es ist ein unverzinstes Darlehen, sehr geehrter Herr Stadtrat, ein unverzinstes Darlehen in einer Höhe, die in dieser Größenordnung nicht notwendig wäre und auch nicht in dieser Anzahl, vor allem dann nicht, wenn man es Jahr für Jahr sieht. Das ist der entscheidende Unterschied.
Für dieses zu viel Zahlen soll man dann auf der anderen Seite 400.000 EUR plus Umsatzsteuer in eine Institution bezahlen, „… weil es leider immer wieder vorkommt, dass Hausverwaltungen zu viel verrechnen.“ Bringen wir erst einmal Ordnung in die Betriebskosten von Wiener Wohnen, und dann schauen wir weiter! – Wir lehnen dieses Geschäftsstück ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter verzichtet auf das Schlusswort.
Wir kommen nun zur Abstimmung der Postnummer 68. Ein Gegen- oder Abänderungsantrag wurde nicht gestellt. Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderates, die dem Antrag des Berichterstatters zustimmen wollen, die Hand zu heben. – Das ist mehrstimmig mit den Stimmen von SPÖ und Grünen angenommen.
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