Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 108
Älterwerden gemeinsam gesehen werden kann. Ja, wir sind auf dem Weg, uns um die Barrierefreiheit in unserer Stadt zu kümmern, wenn das Leben von behinderten Menschen so vielfältig ist, wie das Leben aller anderen.
Ich möchte ein ganz simples Beispiel sagen, weil wir mit dem Thema Barrierefreiheit und Behinderung immer so das Gefühl haben, das trifft Rollstuhlfahrer, das geht uns ja alles nicht wirklich so viel an: Wer von Ihnen keine Brille trägt, ist nicht sehbeeinträchtigt. Wer eine trägt und sie nicht zur Verfügung hat, der ist plötzlich beeinträchtigt. Und nicht alle Menschen können sich die Brille leisten, die sie wirklich brauchen. - Also, dass es noch ein langer Weg ist zur Barrierefreiheit, ist ganz oft ein wichtiges Thema, wenn es um das Thema Wohnen geht.
Es gibt auch immer mehr neue Wohnmodelle, die Menschen gemeinsam entwickeln. Allerdings vergessen sie sehr oft darauf - und ich habe gerade diese Erfahrung gemacht -, das Thema Barrierefreiheit überhaupt nur mitzudenken, weil sie sich einfach nicht behindert fühlen. Und wenn ich an Vorzeigemodelle des Wohnbaues und des Zusammenlebens aus den 80er Jahren denke, denke ich an die Sargfabrik und an ähnliche Modelle. Da zeigt sich jetzt erst, wo es wirklich hapert an der Barrierefreiheit, da gab es zwar viele Überlegungen, aber wenn man alt wird, schaut auch die Barrierefreiheit anders aus.
Ich bin deshalb sehr dafür, dass es nach wie vor eine Gemeinderätliche Behindertenkommission gibt, dass sie weitergeführt wird. Sie ist ein Gremium, das ja keine Beschlüsse fassen kann, aber Empfehlungen aussprechen kann, und diese Empfehlungen werden sehr, sehr sorgfältig geprüft und zusammengetragen. Das können sowohl Best-Practice-Modelle sein, die wir ja auch aus dem Ausland kennen, aber auch im eigenen Land kennen lernen, es geht immer darum, dass wir uns darum bemühen, dass Menschen in jeder Form gleichgestellt sind, wie immer auch ihre Behinderung aussehen mag.
Deshalb trete ich dafür ein, dass wir diesen Resolutionsantrag zur Neu- und Weiterführung der Gemeinderätlichen Behindertenkommission unterstützen. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Nächster Redner ist Herr GR Mag. Dr. Wansch. Ich erteile es ihm.
GR Mag. Dr. Alfred Wansch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen!
An dieser Stelle wieder ein Hinweis an alle Zuhörer: Die SPÖ und die GRÜNEN verweigern noch immer die Zurverfügungstellung einer Aufzeichnung des Livestreams dieser Sitzung, und wir Freiheitliche stellen Ihnen die Aufzeichnung auf unserer Homepage „www.fpoe-wien.at“ zur Verfügung und laden Sie ein, die Homepage zu besuchen. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber kommen wir zum gegenständlichen Geschäftsstück. Es geht um Wohnangelegenheiten in Wien, wie wir im Antrag lesen. Dann fragen wir uns, wie ist die aktuelle Wohnsituation in Wien, und da muss man sagen, der nüchterne Befund lautet: Missstände soweit das Auge reicht. Ich zähle hier nur beispielsweise das Thema der überhöhten Wohnkosten auf, dass Wohnen für immer mehr Menschen nicht mehr leistbar ist. Wir haben Wohnungsknappheit in wachsendem Ausmaß, wir haben gescheiterte Multikulti-Projekte in den Gemeindebauten und in den Genossenschaftsanlagen auf dem Rücken der bisherigen Mieterinnen und Mieter. Wir erleben, dass Wohnbaufördergelder auf die Gewinnkonten der roten Genossenschaften umgeleitet oder im Chaosprojekt Krankenhaus Nord verschleudert werden. Und wir erleben, dass längst überfällige Reformen im Mietrechtsgesetz und im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz durch die Bundesregierung seit Jahren blockiert werden. Ich werde darauf noch kurz zu sprechen kommen.
Diese Liste der Missstände ließe sich beliebig lange fortsetzen und legt die Frage nahe: Wer ist verantwortlich? - Die SPÖ ist seit mehreren Legislaturperioden - und das sage ich jetzt ausdrücklich -, lange seit der schwarz-blauen Regierung selbst in der Bundesregierung, und damit hat sie selbst unter anderem die Verantwortung für die gesetzlichen Wohnrechtsmaterien. Und ich stimme dem Kollegen Stürzenbecher aus vollster Überzeugung zu, dass im Wohnrecht die Komplexität und die teilweise Ungerechtigkeit saniert gehören. Wenn wir uns darüber einig sind, Herr Kollege Stürzenbecher, muss ich Ihnen aber sagen, Ihre Partei hat die Lösung in der Hand.
Auch in Wien ist die SPÖ seit Jahrzehnten in der Regierungsverantwortung. Schauen wir uns jetzt an, was die SPÖ zur Behebung der in ihrer Verantwortung entstandenen Missstände unternimmt. - Gar nichts, meine Damen und Herren! (Heiterkeit bei GR Dr. Kurt Stürzenbecher.) Wirklich gar nichts, es geht um Tarnen und Täuschen, da hilft kein Schmunzeln und kein Lächeln darüber hinweg. Es ist bloßes Tarnen und Täuschen, wie wir es mit dem gegenständlichen Antrag wieder erleben.
Schauen wir uns an, was ich damit meine und wie es tatsächlich ist. Fragen wir uns also: Erstens wofür und zweitens an wen sollen Budgetmittel, also öffentliche Gelder ausgegliedert werden? Ich spreche von öffentlichen Geldern in der Höhe von 480.000 EUR, also etwa einer halben Million Euro jährlich. Und dann fragen wir uns: Wofür eine halbe Million Euro jährlich? - Nicht für Maßnahmen zur Behebung der selbstverschuldeten Missstände oder für eine nachhaltige Behebung der aufgezählten Schadensquellen, nein, es geht Ihnen um einen bloßen Beschwichtigungsversuch für die Opfer der Missstände, also die Mieterinnen und Mieter in Wien, und es wird das Wort Mieterschutz in den Mund genommen und wird von einer steigenden Fallzahl beim privaten Wohnungsmarkt erzählt.
Na, dann werfen wir an dieser Stelle einen Blick auf die Wohnstruktur in Wien. Zwei Drittel der Wienerinnen und Wiener wohnen im Gemeindebau oder in einer geförderten Wohnhausanlage, Stichwort Genossenschaftswohnung, bleibt nur ein Drittel in den privaten Wohnhäusern. Also lassen wir uns nicht blenden oder durch die antragsgegenständlichen Ausführungen auf die falsche Spur bringen. Das Hauptproblem ist offensichtlich nicht bei den privaten Vermietern zu suchen, sondern eben beim Wiener Wohnen Konzern und bei den überwiegend roten Genossenschaften.
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