Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 108
Das Problem ist, dass der Spielraum immer, immer enger wird! Wir haben keinen Spielraum und keine Rezepte. Die Rezepte, die da sind, sind zum Beispiel Förderungen. Wir haben Schulabbrecher in dieser Stadt, das wissen wir, das ist ein riesiges Thema - also werden wir hier einen Bereich machen, dass wir eine Ausbildungspflicht machen und mehr Mittel für Förderungen in die Hand nehmen. Wir haben immer mehr Unternehmen, die in die Pleite schlittern - unser Rezept sind Förderungen. Wir haben immer mehr Arbeitslose in dieser Stadt - unser Rezept sind Förderungen!
Das regt mich wirklich auf: Wenn wir keinen budgetären Spielraum haben, dann macht das auch nichts, denn uns geht es ja allen gut. Wir können uns eine zusätzliche Parteienförderung im Wege einer Akademieförderung in Millionenhöhe pro Jahr gönnen. Ich weiß, dass Sie alle sehr glücklich waren über diesen Beschluss; ich bin es nicht, denn ich glaube wirklich, dass wir hier ein Umdenken gerade in der Politik und auch in der Verwaltung bringen müssen und Einsparungen vornehmen können, wo es leicht geht, wo es keiner Bürgerin und keinem Bürger weh tut. (Beifall bei den NEOS.)
Es ist jedem System - und ich betrachte Politik, insbesondere auch Parteien, wie Lebewesen - immanent, dass man einen Selbsterhaltungstrieb hat. Das ist irgendwie überall nachzulesen. Ich würde das sogar als Selbsterhaltungs-Trip bezeichnen, der dazu führt, dass man es sich in der Politik immer gemütlicher macht, dass man aber auch in der Verwaltung permanent Sorge dafür trägt, dass man ja rechtfertigen muss, wozu man da ist. Also erfindet man neue Regulierungen, neue behördliche Auflagen, die man nachher natürlich auch kontrollieren muss. So wird die bürokratische Belastung immer mehr und gleichzeitig, wie gesagt, der Spielraum für die Zukunft immer geringer.
Wir haben im Sommer ein Aufbegehren dazu gestartet. Wir haben konkrete Einsparungsvorschläge auf den Tisch gelegt: 100 Millionen EUR pro Jahr, die man einsparen kann bei der Politik. Sogar die „ZiB 2“ hat das dem „Faktencheck“ unterzogen, und wir haben recht bekommen, dass diese Einsparungen möglich sind.
Unser Vorschlag war, das in die Schulen zu geben, autonom den Schulen zu geben, damit die Schulen das am Standort einsetzen, um wirklich das zu erreichen, was uns ein Herzensanliegen ist, nämlich die beste Bildung und Ausbildung für alle Kinder in dieser Stadt! (Beifall bei den NEOS.)
Aber was haben Sie gestern gemacht? Sie haben diesem Aufbegehren ein Begräbnis erster Klasse im Petitionsausschuss gegeben. Sie haben das begründet - nicht einmal zur Kenntnis genommen, sondern „abgeschlossen“ heißt das. Jetzt geht es mir nicht um unsere Petition - und ich habe auch die Aussendung gelesen -, es geht mir um den fehlenden Respekt, und das sage ich sehr deutlich, gegenüber 25.000 Menschen, die dieses Anliegen mit ihrer Unterschrift unterstützt haben. 25.000 Menschen, knapp 17.000 schriftlich mit der Unterschrift und weitere 8.000 auf unserer Homepage, darum geht es mir! (GR Mag. Josef Taucher: Sie sind gewählt, um eine Meinung zu vertreten!)
Das ist ein Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern, und Sie gehen so damit um! Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen: Wir werden nicht lockerlassen, und wir werden unsere parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen, keine Frage. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Aber die Frage, die Sie sich stellen müssen, ist, wie gehen Sie um, wenn 25.000 Menschen in Wien sagen, ja, wir müssen bei diesem aufgeblähten System einsparen und es ist uns ein Anliegen, dass wir eine bessere Bildung in dieser Stadt haben!
Denken Sie bitte darüber nach! - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderates nur ein Mal zum Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Dipl.-Ing. Olischar gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. - Bitte.
GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wie es die Kollegin angesprochen hat, ist der Titel sehr weit gefasst, aber die Diktion der Aktuellen Stunde zeigt, dass Probleme und Herausforderungen durchaus existieren. Es sind auf der einen Seite zahlreiche Herausforderungen in Wien erkennbar, aber auch viele Probleme. Eines möchte ich ganz besonders hervorstreichen, und zwar eines, das auf eine beängstigende Größe anzuschwellen droht. Es ist ein Problem, das nicht nur jetzt auch die Kollegin erwähnt hat, sondern das auch in den vergangenen Wochen von den Medien durchaus sehr stark thematisiert wurde, und zwar die Rekordarbeitslosigkeit in Wien.
Ein entscheidender Grund ist sicher das pausenlose Blockieren und Hemmen der Wirtschaft und das Entmutigen junger Unternehmerinnen und Unternehmer, die etwas wagen wollen. Denn so, wie Frau StRin Brauner schon gesagt hat, ist Vernetzung und Kommunikation untereinander ein sehr, sehr wichtiges Kriterium, keine Frage, aber es muss natürlich überhaupt einmal zu Gründungen kommen. Da scheitern leider viele motivierte junge Unternehmerinnen und Unternehmer!
Konkret meine ich die hohen bürokratischen Hürden in Wien. Unserer Ansicht nach dürfen Ideen und zukunftsorientierte Gedanken durch Bürokratie nicht im Keim erstickt werden, sondern müssen Raum zum Atmen und zum Entwickeln haben. Zwar hat sich kürzlich durchaus etwas getan, wie beispielweise der Initiativantrag zum Veranstaltungsgesetz - es ist zwar fein, wenn Publikumstanz in Gaststätten nicht mehr meldepflichtig ist -, aber die große Befreiung der Wirtschaft stellen wir uns anders vor.
Das Prinzip der Entbürokratisierung kann nicht auf die Lockerung einiger Gesetze und die Optimierung von Förderanträgen beschränkt werden. Unserer Meinung nach bedarf es eines Umdenkens im Umgang der Stadt Wien mit aktuellen Formen der New Economy, die Flexibilität, Innovation, Schnelligkeit und Entbürokratisierung von Rahmenbedingungen verkörpert und auch braucht.
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