Gemeinderat, 32. Sitzung vom 14.12.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 133
Diskussion zu vermeiden. Aber den Rechnungshof nicht ernst zu nehmen, ist demokratiepolitisch bedenklich, zeigt das Machtverständnis einer Regierung, die sich so verhält und zeigt außerdem das fehlende Gewissen gegenüber dem Steuerzahler. – Die Stadt Wien ist nicht Ihr Eigentum, und es wäre das Mindeste, was der Steuerzahler von Ihnen erwarten kann, dass Sie zumindest alles Mögliche veranlassen, um berechtigte Kritikpunkte aufzugreifen und Verbesserungen ehestmöglich anzustreben! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir wurden leider wiederholt in unserer Kritik bestätigt, denn im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes 2011 ist im Teil „Nachfrageverfahren“ einmal mehr die Summe von 390 Millionen EUR an erzielten Überschüssen zwischen 2005 und 2007 angeführt. Einer solchen Feststellung im Rechnungshofbericht 2010 wurde aber leider seitens der Stadt Wien bereits damals widersprochen.
Im Hinblick darauf wiederhole ich unsere Forderungen und damit auch die Empfehlungen des Rechnungshofes: Überschüsse sind an den Bürger zurückzugeben oder zweckgebunden einzusetzen. Dass hier keine diesbezügliche Bereitschaft besteht, haben Sie ja bei einer der letzten Sitzungen mit der Ablehnung unseres Beschlussantrages betreffend Zweckbindung der Überschüsse bewiesen. Wie gehen Sie nämlich vor? – Die Überschüsse fließen in den allgemeinen Haushalt, Fremdkredite werden aufgenommen, die Zinsbelastung steigt, Gebühren werden erhöht. Das ist und bleibt ein Skandal, egal, wie oft Sie versuchen, diese Bürgerabzocke zu verstecken und abzuschwächen!
Man kann nur von Arroganz sprechen, wenn die sechs Forderungen des Rechnungshofes betreffend die Gebarung der Gebührenüberschüsse weder zur Gänze erledigt noch in Angriff genommen sind. Das ist sogar für Wiener Verhältnisse eine außerordentliche Missachtung!
Nichts von dem ist geschehen. Im Gegenteil! Wir waren in der Vergangenheit immer wieder mit Gebührenerhöhungen konfrontiert, die die Belastung der Haushalte noch weiter hinaufgeschraubt haben. Anstatt dass die Überschüsse wieder zurückgezahlt werden, wird noch mehr Geld von den Haushalten abgezockt. Durch die automatische Valorisierung der Gebühren wird diese Gelddruckmaschine der Stadt Wien zu Lasten der Wienerinnen und Wiener auch weiterhin mit Hochdruck ausgenutzt.
Indirekt wird auch das vom Rechnungshof kritisiert, wenn nämlich in den Empfehlungen ausdrücklich verlangt wird, dass es einer Aussetzung der Valorisierungsbestimmungen in den drei Bereichen MA 30, MA 31 und MA 48 bedarf. Doch auch die diesbezügliche Abwehrstrategie hat der Rechnungshof aufgedeckt, denn er kritisiert die Stadt Wien klipp und klar dahin gehend – ich zitiere wörtlich: „Durch die fehlende Ermittlung der tatsächlichen Kosten auf Basis einer Kostenrechnung, die nicht erfolgte Festlegung des Verwaltungsgemeinkostenzuschlags aus der Kostenrechnung, der Beibehaltung der Mängel in der Gebührenkalkulation, verfügte die Stadt Wien über keine kostenrechnerisch fundierte Entscheidungsbasis für die Gebührenfestsetzung und konnte somit die Wirtschaftlichkeit nicht steigern.“ – Dieser Satz besagt sehr deutlich, dass nicht wir das Budget falsch lesen, sondern dass die finanztechnischen Voraussetzungen zur Budgeterstellung in dieser Stadt fehlen. Die Intention ist klar und peinlich obendrein.
Deshalb auch unser Appell, diese Politik zu beenden und die Kritik des Rechnungshofes und der Opposition wirklich ernst zu nehmen und die Empfehlungen und Forderungen der ÖVP umzusetzen. Betrachten Sie den Rechnungshof ebenso wie das Kontrollamt oder die Opposition, wenn sie kritisiert, nicht als lästige Aufpasser oder Kritiker, die man, so gut es geht, beiseiteschiebt, wenn es unangenehm wird, sondern als Partner für eine Verwaltungsreform, als Partner für mehr Transparenz, als Partner für Kosteneffizienz, als Partner für eine Politik, die die Wienerinnen und Wiener ernst nimmt! Es ist traurig genug, dass Sie dazu offensichtlich nicht freiwillig bereit sind, sondern den Rechnungshof brauchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Dr Kappel.
Ich möchte dem Gemeinderat vorab noch mitteilen, dass sich der Antragsteller der Dringlichen Anfrage bereit erklärt hat, dass wir entgegen der Geschäftsordnung, aber auch aus Gründen der Höflichkeit gegenüber dem Herrn Rechnungshofpräsidenten und seinen Mitarbeitern den Zeitpunkt des Beginns der Dringlichen Anfrage bis zur Beendigung der Diskussion und der Wortmeldung des Herrn Rechnungshofpräsidenten zurückstellen. Dies wurde auch mit den anderen Klubvorsitzenden der hier im Gemeinderat befindlichen Klubs so akkordiert. Ich danke dafür sehr! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir können nun die Diskussion fortführen. Ich erteile somit Frau GRin Mag Dr Kappel das Wort.
GRin Mag Dr Barbara Kappel (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!
Erlauben Sie auch mir, dass ich mich als Oppositionspolitikerin im Namen meiner Fraktion, der Freiheitlichen Fraktion im Wiener Gemeinderat, sehr herzlich bei Herrn Rechnungshofpräsidenten Moser und bei Frau Sektionsleiterin Berger und den Mitarbeitern des Rechnungshofes für ihre wertvolle Arbeit bedanke. Wir als Oppositionspartei leben eigentlich von den Berichten des Rechnungshofes. Diese sind ein ganz wesentliches Instrument unserer täglichen operativen Informationsarbeit. Die Berichte sind immer sachlich. Man kann sich immer auf die Zahlen verlassen, und das ist für mich als Wirtschafts- und Finanzpolitikerin besonders wichtig. Für uns sind die Berichte des Rechnungshofes ein wesentliches Instrument unserer politischen Arbeit, und deshalb möchte ich Ihnen im Namen unserer Fraktion den Dank aussprechen. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Insgesamt haben wir heute vier Berichte des Rechnungshofes, zusammengezogen, um diese im Rahmen eines gemeinsamen Tagesordnungspunktes zu besprechen. Erlauben Sie mir, dass ich auf diese Berichte kurz eingehe, Zeitnot haben wir jetzt ja keine mehr! Ich gehe auf diese Berichte auch deshalb gerne ein, weil ich in der Folge einen Antrag unserer Fraktion einbringen werde,
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