Gemeinderat,
59. Sitzung vom 29.04.2010, Wörtliches Protokoll -
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Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zum Abschluss noch etwas sagen,
was Ihnen mein Vorredner Ebinger schon gesagt hat. Ich sage es Ihnen jetzt noch
deutlicher: Feiern Sie etwas weniger, und arbeiten Sie mehr für die Wienerinnen
und Wiener, damit es diesen in Zukunft besser geht! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zu Wort gelangt Frau StRin Dr Vana.
StRin Dr Monika Vana: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die GRÜNEN haben diese Aktuelle Stunde zum Tag der Arbeitslosen auch
deshalb einberufen, weil wir jetzt, wie meine Vorrednerin Kollegin Vassilakou
gesagt hat, seit zwei Wochen vor den AMS-Geschäftsstellen in Wien stehen und uns
mit den Betroffenen unterhalten. Wir wollen nämlich wissen, wie es den
arbeitslosen beziehungsweise arbeitslos gemeldeten Menschen in dieser Stadt
wirklich geht.
Das Bild, das wir bekommen haben, ist erschütternd! Kaum ein Mensch, der
um halb acht vor den noch geschlossenen Toren des AMS steht, hat Hoffnung auf
eine gute Beratung, auf das Angebot eines Jobs oder die Vermittlung in einen
sinnvollen Kurs. Kaum ein Mensch kommt wieder heraus und sagt: Ich bin da
drinnen im AMS gut beraten worden! Ich habe wieder Hoffnung! Man hat mir etwas
vermitteln können! Ich habe eine Chance und eine Perspektive, in meiner
Situation zu überleben.
Von Überleben rede ich deshalb, weil viele Menschen wirklich die Furcht
haben, in der Arbeitslosigkeit nicht mehr zu überleben. Arbeitslosigkeit setzt
nämlich in Wien eine Armutsspirale in Gang, die sich gewaschen hat. Immer mehr
Menschen können, wie Sie auf Grund der Zahlen, die wir haben, wissen, von ihrem
Arbeitslosengeld nicht mehr leben, weil wir in Österreich eine der niedrigsten
Nettoersatzraten bei Arbeitslosigkeit in ganz Europa haben.
Immer mehr Frauen bekommen nach dem Arbeitslosengeld überhaupt keine
Notstandshilfe mehr, weil Ihre Bundesregierung es seit Jahren immer noch nicht
schafft, die Notstandshilfe vom PartnerInneneinkommen zu entkoppeln, sodass
viele Frauen um ihre berechtigten Versicherungsansprüche in der Notstandshilfe
umfallen.
Wir haben noch immer keine Arbeitslosenanwaltschaft in Wien. Es gibt
keine Lobby für Arbeitslose. Es gibt nicht einmal eine institutionelle
Rechtsberatung für arbeitslose Menschen in Wien, obwohl Sie, meine Damen und
Herren von der Sozialdemokratie, den diversen grünen Vorstößen in Richtung
einer Arbeitslosenanwaltschaft im Bund eigentlich ideologisch eh näher treten
konnten. Es gibt schon seit Jahren gute Gespräche zur Lösung zumindest dieser
Frage der Nichtvertretung von Arbeitslosen. Warum tun Sie aber in Wien mit
Ihrer absoluten Mehrheit diesbezüglich nichts?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie! Wir werfen
Ihnen heute nicht vor, dass Sie in Wien gegen die Arbeitslosigkeit nichts
tun. – Ja: Sie tun etwas! Es gibt eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Herr
Kollege Bachler-Lager hat heute wieder sehr ausführlich dargestellt, was in
Wien in letzter Zeit vor allem auch auf dem Jugendarbeitsmarkt getan
wurde. – Das stimmt! Aber man hat manchmal das Gefühl, dass die SPÖ mit
der berühmten Masche „Aus alt mach neu!“ immer wieder alte Hüte verkaufen will.
Ich glaube, Sie haben bei insgesamt vier Pressekonferenzen zur Frage der
Arbeitsstiftungen, zur Aktion 4000 und zur Ausbildungsgarantie für Jugendliche
immer von denselben Geldern gesprochen, die Sie immer wieder neu vergeben.
Ja! Es geschieht etwas in Wien! Was wir Ihnen aber seit Jahren
vorwerfen, ist gar nicht neu, denn die Probleme auf dem Wiener Arbeitsmarkt
haben gar nicht einmal so viel mit der Krise zu tun. Vielmehr gibt es ein
strukturelles Problem auf dem Wiener Arbeitsmarkt, und das wissen Sie. Wir
werfen Ihnen vor, dass Sie zu wenig tun, dass Sie Ihre Handlungs- und
Gestaltungsspielräume in Wien nicht nützen, dass Sie sich lieber in Ihrem Glanz
sonnen als wirklich Lösungen für die Menschen zu entwerfen.
Sie werfen uns beziehungsweise eigentlich allen Fraktionen vor, dass wir
keine Lösungen gebracht haben. Frau Kollegin Vassilakou hat jedoch einen sehr
wichtigen Lösungsansatz gebracht, nämlich die Schaffung von grünen Jobs in
Wien, die seit Langem notwendig gewesen wäre. Außerdem hat sie davon
gesprochen, dass massive Investitionen in die Bereiche Pflege, Soziales,
Gesundheit und Umwelt sehr viele Arbeitsplätze schaffen würden.
Was aber tun Sie stattdessen, meine Damen und Herren von der SPÖ? Ich
sage Ihnen jetzt ein Beispiel für Ihre ach so erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik
in Wien: Aktion 4000. Bei der Aktion 4000 haben Sie im Dezember 2009
groß angekündigt: 1 000 Arbeitsplätze in Wien sollen geschaffen werden -
in der Gemeinde, in gemeinnützigen Bereichen und in Wohlfahrtsbereichen. Was
ist passiert? - Ein halbes Jahr später sind nach unseren Informationen im März
erst 298 Plätze von den 1 000 angekündigten vergeben, das Geld ist aber
schon fast zur Hälfte weg. Also wir werden hier wirklich eine Anfrage stellen,
wo das Geld eigentlich hingekommen ist.
Aber das ist gar nicht unser Problem. Was machen Sie mit dieser
Aktion 4000? Sie lehnen sich ja so gerne an die berühmte Aktion 8000
aus den 80er Jahren an, wo man subventionierte Arbeitsplätze im öffentlichen
Bereich geschaffen hat. Die Aktion 4000 hat aber damit gar nichts zu tun.
Was Sie mit der Aktion 4000 tun, ist, dass Sie unqualifizierte Hilfskräfte
beschäftigen. Was Höherqualifizierung betrifft, besteht in diesen Bereichen
überhaupt keine Chance. Die Aktion greift auch überhaupt nicht, weil es viel zu
wenige sind. Sie lassen sich den offensichtlichen Personalbedarf bei der
Gemeinde Wien durch arbeitsmarktpolitische Gelder, die Sie fünfmal in
Pressekonferenzen verkaufen, quersubventionieren, streichen gleichzeitig aber
die Personalstellen bei der Gemeinde Wien, machen keine Neuausschreibungen,
besetzen nicht nach und lassen sich das finanzieren über die
arbeitsmarktpolitischen Gelder, die eigentlich in anderen Bereichen wesentlich
besser aufgehoben wären.
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