Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 108 von 129
geehrten Damen und Herren, und möchte außerdem vermerken, dass die SPÖ auch beim Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005 mitgestimmt hat. Und weil heute der so genannte Haubner-Erlass schon angesprochen worden ist, sehr geehrte Frau Kollegin: Dieser wurde auch mit den Stimmen der SPÖ gemeinsam gekippt - unter Anführungszeichen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Folgendes wurde
in diesem Haus schon sehr oft gesagt, ich möchte es aber jetzt wiederholen, und
man kann es auch nicht oft genug wiederholen: Der Grundstein für eine
erfolgreiche Integration ist das Erlernen der deutschen Sprache, und jede
Maßnahme in diese Richtung, aber wirklich jede Maßnahme, die effizient ist und
auch zum Ziel führt, ist selbstverständlich zu unterstützen.
Aber es ist nicht nur eine Frage der Qualität. Denn
Integrationsangebote gibt es in dieser Stadt in Hülle und Fülle, Frau
Stadträtin, das kann man der Stadt Wien nicht absprechen. Aber Sie wissen, was
mein Kritikpunkt ist und was jetzt gleich kommt: Es ist die Qualität und vor
allem die Qualitätssicherung, was mir abgeht. Denn uns fehlt es an geeigneten
Maßnahmen, an Bedarfserhebung, an Lernfortschritt, aber auch ein
Fortbildungskonzept fehlt mir. Das wünsche ich mir einfach, das wünsche ich mir
von Ihrem Ressort und von der Stadt Wien. Was das betrifft, haben wir leider
noch unsere Zweifel daran, ob Wien immer alles unternimmt, um seine
Integrationsmaßnahmen qualitativ hochwertig zu gestalten. Oft hat man die
Befürchtung, dass Masse vor Klasse steht oder Gesetz wird.
Wenn man sich in dieser Betrachtung auch die von der
Stadt Wien gesetzten Maßnahmen im Bereich der schulischen Sprach- und
Integrationsförderung vor Augen führt, meine sehr geehrten Damen und Herren, so
bekommt man den Eindruck, dass Wien bei Weitem nicht alle Möglichkeiten
ausschöpft. Kleine Schulklassen werden verunmöglicht, und Tagesbetreuung, die
auch eine Chance für die Integration darstellt, wird an den Pflichtschulen nur
in unzureichendem Maße angeboten.
Aber Integration ist ja eine Querschnittsmaterie, das
wissen wir alle. Gerade die Medienberichterstattung in den letzten Tagen
bestätigt dies auch. Denn erst diesen Mittwoch hat eine große Tageszeitung über
eine Studie des Wohnbauressorts berichtet, wonach für Wien die Gefahr des
„white flight" im Gemeindebau besteht, das heißt, der Abwanderung der
Mittelschicht. Und daraus resultiert wiederum das Risiko, dass Gemeindebauten
auch zu Ghettos verkommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohin so etwas im
Extremfall führt, hat uns Paris sehr deutlich vor Augen geführt, und das wollen
wir alle nicht. Wie keine andere Metropole dieser Welt hätte die Stadt Wien mit
mehr als 220 000 Gemeindewohnungen die Möglichkeit, mit einem
modernen Wohnungsvergabemanagement die Ansiedlung von Menschen mit
Migrationshintergrund auf das gesamte Stadtgebiet zu verteilen beziehungsweise
einen wichtigen Beitrag zur Integration zu leisten. Nur: Sie müssen es wollen,
meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, Sie müssen es wollen! (GR
Godwin Schuster: Das passiert doch!)
Wo? - Nein, das können Sie mir nicht ... (GR
Godwin Schuster: Das passiert ja!) Nein, Herr Kollege Schuster, mir können
Sie das nicht erzählen. (GR Godwin Schuster: Ich sage Ihnen, dass es überall
in Wien passiert!) Nein, das wird nicht gemacht. Vielleicht auf dem Papier
wird es gemacht, in der Theorie wird es gemacht, aber in der Praxis schaut das
leider anders aus. (GR Godwin Schuster: Zeigen Sie mir einen Gemeindebau, in
dem nicht Personen mit Migrationshintergrund sind!)
Sie könnten diese gesunde Durchmischung so gut lenken
und steuern. Haben wir die in Wien? (GR Godwin Schuster: Ja, das passiert!)
Ja? Wir haben in Wien kein Integrationsproblem, wir haben keine Sprachenklaven,
die haben wir nicht? Sagen Sie das? Bestätigen Sie das? (GR Godwin Schuster:
Wir haben im Gemeindebau Personen mit Migrationshintergrund! Wenn Sie sagen:
Nein, dann ...!)
Wenn Sie mit dieser Ansicht weitermachen, wundert es
mich nicht, dass wir bald Vorfälle wie in Paris haben, meine sehr geehrten
Damen und Herren! Denn so sollte Integrationspolitik nicht funktionieren. Die
schönen Mauern nützen nichts, Sie müssen aktiv handeln, und Sie müssen endlich
Maßnahmen setzen, die auch wirken, weil es nicht nur … (GR Godwin
Schuster: Einen einzigen Gemeindebau nennen Sie mir, wo kein Mensch mit
Migrationshintergrund wohnt!)
Herr Kollege Schuster, wenn Sie mir eine Sekunde
zuhören! (GR Godwin Schuster: Es stimmt ganz einfach nicht!) Wenn Ihre
Integrationspolitik so erfolgreich wäre, hätten wir nicht diese
Ein-Punkt-Parteien, die so viele Erfolge in Wien feiern. (GRin Mag Alev Korun: Und was macht die Bundesregierung?) Also,
bitte erkennen Sie die Realität, sehen Sie den Tatsachen ins Auge und erstellen
Sie dieses Integrationskonzept, wie wir es seit Langem fordern! Wir werden das
so lange fordern, bis es auch eines gibt. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau
Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin GRin Nurten Yilmaz:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Es freut mich, dass zwei der Oppositionsparteien
diesem Poststück zustimmen werden und es, mit einigen Kritikpunkten,
unterstützen.
Kollegin Korun, es ist
eine sehr unsympathische Situation, weil die Menschen die Hälfte des Betrages
vorfinanzieren müssen. Das haben wir der Bundesregierung zu verdanken, dass es
erstens einmal verpflichtend ist und mit Sanktionen belegt ist. Aber die Stadt
Wien tut hier eigentlich sehr viel, sie tut das Bestmögliche, begonnen mit
100 EUR Unterstützung, die jetzt verdreifacht worden sind. Ich bin sehr
stolz darauf, dass wir das einzige Bundesland sind, das einzige Bundesland in
Österreich, das den Menschen diese Unterstützung zukommen lässt. Trotzdem, auch
wenn der Rest des Betrages für viele ganz schön hoch ist, erlaubt uns die
jetzige
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