Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 107 von 129
das Wort.
GRin Mag Alev Korun
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde es kurz machen. Ich habe mich zum Wort
gemeldet, weil ich ein paar wichtige Punkte nicht unerwähnt lassen möchte.
Zur Information für die, die es noch wissen: Der
stundenmäßige Umfang der Zwangs-Deutschkurse mit dem euphemistischen Namen
„Integrationsvereinbarung" wurde im letzten Jahr von 100 Stunden auf
300 Stunden erhöht, also verdreifacht. (GR Mag Wolfgang Jung:
... ein tolles Angebot!) Insofern finden wir es sinnvoll,
begrüßenswert und gut, dass auch bei dem Anteil, den die Stadt Wien
beziehungsweise das Bundesland Wien an diesen Kurskosten übernehmen will, eine
Verdreifachung stattfindet, nämlich von einem 100 EUR-Gutschein auf einen
300 EUR-Gutschein. Das finden wir begrüßenswert, sinnvoll und gut; deshalb
haben wir im Ausschuss schon zugestimmt, und deshalb werden wir auch hier im
Gemeinderat zustimmen.
Es ist trotzdem wichtig zu erwähnen, dass diese
Deutschkurse, die eben 300 Stunden umfassen, bis zu 1 500 EUR
kosten. Das sind Kosten zum Erlernen einer Sprache, die wir, die wir ja in
Österreich nicht gerade schlecht verdienen, uns durchaus leisten können. Es
soll aber - und das soll jetzt nicht zynisch klingen - relativ viele Menschen
geben, die eben nicht so gut verdienen wie Wiener Gemeinderäte und
Landtagsabgeordnete, und für die ist es sehr wohl eine große finanzielle Hürde,
diesen Geldbetrag aufbringen zu können. Auch deshalb ist es nicht nur
wünschenswert, sondern notwendig, dass die Bundesländer sich an diesen Kosten
beteiligen, und deshalb haben wir, wie gesagt, auch zugestimmt.
Nur ist zu bedenken, dass so ein Kurs von
300 Stunden bis zu 1 500 EUR kostet, und man weiß, dass der
Bundesanteil nur unter bestimmten Bedingungen übernommen wird, vor allem auch
dann, wenn man es geschafft hat, diesen Kurs erfolgreich abzuschließen. Dann
ist es so, dass vom Bund die Hälfte der Kosten übernommen und nach erfolgreichem
Abschluss des Kurses rückerstattet wird. Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass
der Anteil des Bundeslandes Wien 300 EUR beträgt bei einem Kurs, der bis
zu 1 500 EUR kosten kann, bedeutet das ganz konkret, dass pro Kopf und
Nase bis zu 1 200 EUR vorzulegen sind von den betroffenen Menschen,
die ja per Gesetz dazu verpflichtet und gezwungen werden, diese Kurse zu
besuchen. Das ist nicht gerade eine Summe, die sich viele Migranten- und
Migrantinnen-Haushalte leisten können.
Deshalb wünschen wir uns, dass erstens der Anteil des
Bundeslandes Wien stiegt und nicht nur bei 300 EUR bleibt. Zweitens
wünschen wir uns, dass es so etwas wie einen Härtefallfonds für Menschen gibt,
die diese Summe eben nicht aufbringen können - sei es durch Schulden, durch
Kredite oder was auch immer -, sodass sie nicht damit bestraft werden, dass
zumindest versucht wird, ihnen das Aufenthaltsrecht wieder zu entziehen, dass
versucht wird, ein Ausweisungsverfahren zu beginnen und so weiter, und so fort.
Kurze Zusammenfassung: Die Verdreifachung des Anteils
der Stadt Wien ist begrüßenswert; wir werden zustimmen. Wir hoffen, dass es
nicht bei diesen 300 EUR bleibt, weil die verbleibenden
1 200 EUR für viele Menschen schlicht und ergreifend nicht leistbar
sind. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau Mag Ekici. - Bitte.
GRin Mag Sirvan Ekici (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Auch ich werde versuchen, mich aufgrund der
fortgeschrittenen Stunde kurz zu halten. Heute haben wir im Geschäftsbereich
Integration einige Akten zur Abstimmung vorgelegt bekommen. Wir werden fast
allen zustimmen, weil Integration uns auch ein besonderes Anliegen ist.
In den heutigen Poststücken geht es unter anderem
auch um die von der SPÖ und den GRÜNEN viel geschmähte
Integrationsvereinbarung. In diesem Fall geht es konkret um die Sprachschecks,
die bei Erfüllung der Integrationsvereinbarung eingelöst werden können. Meine
sehr geehrten Damen und Herren, dass dieses Jahr auch die GRÜNEN diesem
Poststück zustimmen und sogar eine Erhöhung des Beitrages der Stadt Wien
verlangen, ist sehr, sehr erfreulich (GRin
Mag Alev Korun: ... etwas machen müssen!) und deutet auf einen echten
Sinneswandel, um nicht zu sagen, eine Kehrtwendung hin. (GRin Mag Alev
Korun: Nein, da täuschen Sie sich aber gewaltig!) Denn die Ablehnung in
diesem Bereich hat sich verflüchtigt. (GRin
Mag Alev Korun: Wirklich ganz falsch!)
Ich kann mich noch genau erinnern, Frau Kollegin
Korun, vor einem Jahr haben Sie sich noch gegen dieses Poststück ausgesprochen
und haben es abgelehnt, und diesmal haben Sie zugestimmt und fordern auch eine
Erhöhung. Wenn da nicht ein Sinneswandel und eine Kehrtwendung dahintersteckt,
weiß ich nicht, wie Sie es dann ausdrücken wollen. (GRin Mag Alev Korun: Am liebsten gar nicht!) Denn ich glaube, dass
jetzt auch bei den GRÜNEN durchgesickert sein sollte oder durchgesickert ist,
dass die Integrationsvereinbarung genauso ungefährlich ist wie Besuche externer
Nikolause in städtischen Kindertagesheimen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Aber auch bei der SPÖ gab es hier einen
Paradigmenwechsel. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch Sie haben
erkannt, dass die Integrationsvereinbarung ein Meilenstein der österreichischen
Integrationspolitik ist. (GR Dr Matthias Tschirf: Es würde sogar auffallen
...! - GRin Mag Alev Korun: Der war gut.) Ja, genau, denn Sie haben sich
noch im Jahre 2002 vehement dagegen ausgesprochen, haben aber bei der
Weiterentwicklung der Integrationsvereinbarung im Jahre 2005 im Nationalrat
dafür gestimmt.
Ich freue mich daher, feststellen zu können, dass die
Integrationspolitik der Bundesregierung auch bei den Oppositionsparteien
Zustimmung findet, meine sehr
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular