Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 102 von 129
das bedeutet krasseste Armut, ein Angewiesensein auf humanitäre Organisationen oder Schuldenmachen bei Bekannten, Verwandten und Freunden.
Auch wird es weiterhin so
sein, dass Alleinerzieherinnen, wenn sie das Pech hatten, dass ihre Niederlassungsbewilligung
inzwischen abgelaufen ist, selbst wenn sie rechtzeitig einen
Verlängerungsantrag gestellt haben, monatelang auf Kindergeld und
Familienbeihilfe warten müssen. Hinzu kommt noch die krasse Tatsache, dass sie,
während sie ganz legal hier sind, auf die Verlängerung ihrer
Niederlassungsbewilligung warten und kein Kindergeld bekommen, auch die
Krankenversicherung verlieren.
Zudem wird es weiterhin
möglich sein, dass Asylwerber und Asylwerberinnen, die legal hier sind und legal
hier arbeiten, keinen Anspruch auf Kindergeld oder Familienbeihilfe haben.
Es wird
also nicht möglich sein, dass die Saisoniers, die sich legal hier aufhalten,
die alle Steuern und Sozialabgaben leisten, aber zum Beispiel keinen Anspruch
auf Arbeitslosengeld, keinen Anspruch auf Notstandshilfe, geschweige denn
Anspruch auf Sozialhilfe haben, wenn sie das Pech haben - unter
Anführungszeichen -, in dieser Zeit ein Kind zu bekommen, vom Bezug von
Kindergeld und Familienhilfe ausgeschlossen sind. Und so weiter, und so fort.
Da wären noch zu erwähnen die Gruppe von Pflege- und
Adoptivkindern und die Gruppe von Kindern, die im Ausland von österreichischen
Staatsangehörigen adoptiert werden. Da das Aufenthaltsverfahren monatelang
dauert, wird es auch so sein, dass die Pflege- und Adoptiveltern monatelang für
die Ausgaben für diese Kinder aufzukommen haben, diese Gelder allerdings erst
Monate später eventuell rückwirkend bekommen können.
Die einzige Verbesserung, die der heute im
Nationalrat angenommene Antrag mit sich bringt, ist also, dass eine kleine
Gruppe von Menschen, denen eigentlich das Kindergeld gebühren sollte, weil sie
sich legal hier aufhalten, weil sie hier legal arbeiten, weil sie hier Steuern
und Abgaben zahlen, dass nur ein kleiner Teil dieser Menschen Kindergeld wird
bekommen dürfen, und noch dazu um Monate verspätet.
Ich frage mich, wer von uns allen ohne Einkommen,
noch dazu mit einem Kleinkind, monatelang durchhalten könnte, vor allem in den
Fällen, in denen Ersparnisse fehlen, aber Menschen ihre Miete zahlen müssen,
monatlich die Gas- und Stromrechnung zahlen müssen. Das ist eigentlich eine
Bankrotterklärung nicht nur jedes demokratischen, sondern jedes Sozialstaates
oder jedes Staates, der sich Sozialstaat nennt.
Deshalb finden wir, dass der heutige Antrag im
Nationalrat zu wenig weit geht, dass es nach wie vor sehr viele Menschen gibt,
die in diesem Bereich diskriminiert werden, und stellen daher einen eigenen
Antrag, mit dem wir verlangen, dass der Umgang beim Kinderbetreuungsgeld und
der Familienbeihilfe grundlegend ein anderer werden muss. Es muss gewährleistet
sein, dass die Kinder von Eltern, die sich rechtmäßig in Österreich aufhalten,
die Kinder von Saisoniers, die Kinder von subsidiär Schutzberechtigten, von
Asylwerbern und Asylwerberinnen, die legal beschäftigt sind, Pflege- und
Adoptivkinder sowie Kinder bei Auslandsadoptionen und last but not least auch
Kinder, die österreichische Staatsangehörige sind, ohne Einschränkungen
Kindergeld und Familienbeihilfe beziehen dürfen müssen.
Dass ich die letzte Gruppe aufgezählt habe, zeigt,
wie absurd diese Bestimmungen auch sind. Es sind nämlich durchaus auch
österreichische Kinder, also Kinder mit österreichischer Staatsbürgerschaft,
von diesem krassen Gesetz betroffen.
Wir finden, so kann es nicht weitergehen, und wir
erwarten uns von allen, die sagen, jedes Kind ist gleich viel wert, dass sie
diesem Antrag zustimmen.
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Frau GRin Nurten Yilmaz. Ich erteile es ihr.
GRin Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und
Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter!
Wir beschließen heute einen Fördertopf, der das Leben
in Wien wieder um einige Schritte erleichtern wird. Es sind Gelder zur
Förderung von Vereinen, die das Miteinander hegen und pflegen, was eigentlich
allen MitbürgerInnen in unserer Stadt zugute kommt.
Mangelnde oder fehlende Integration hat viele
Ursachen; Migrationsforscher führen vor allem an: Diskriminierung durch die
Aufnahmegesellschaft, Armut und mangelnde Bildung, aber auch schlechte
Ausstattung von Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen in Gegenden, in
denen besonders viele ZuwanderInnen leben. Alle diese Faktoren verstärken sich
gegenseitig.
Wir Sozialdemokraten wissen, dass der Weg über
freiwillige Angebote der erfolgreichste ist. Es gilt also, eine unbürokratische
Abwicklung vorzubereiten und den ZuwanderInnen in Wien ein umfangreiches und
vielfältiges Angebot zu geben. Dieses Angebot wird gerne angenommen, und diese
Politik ist auch erfolgreich, wie die Fakten zeigen.
Ich darf den ehemaligen Regierungssprecher Uwe-Karsten
Heye aus Deutschland zitieren: „Ja, es gibt No-go-Areas in Deutschland. Es gibt
Orte, welche Menschen, die wegen ihrer Hautfarbe für Fremde gehalten werden
können, dringend meiden sollten, weil sie die möglicherweise nicht wieder
lebend verlassen." (GR Mag Wolfgang Jung: Da auch!) Bei uns gibt es
so etwas nicht. Sie wünschen sich solche Situationen herbei, aber
nichtsdestoweniger (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Wir haben keine!)
haben wir keine brennenden Autos wie in den Vororten von Paris und keine
Ghettos. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber ich kenne solche Situationen in
europäischen Städten! Das ist es, ... auch bei uns kommen!)
Dass die Ergebnisse in Wien so positiv sind,
ist damit begründet, dass wir seit vielen Jahren eine aktive Migrationspolitik
machen. Je niederschwelliger die Angebote, desto leichter ist die Teilnahme für
die Betroffenen; je
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