Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 101 von 129
darauf hinweisen. Das merken wir immer stärker
besonders unter unseren Jungen. Mit solchen Hauruck-Aktionen wie jener der Frau
Stadtrat können Sie nur Schiffbruch erleiden, und die Seenot, in der sich die
Frau Stadtrat in diesem Zusammenhang befindet, hat sie sich selbst
zuzuschreiben! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Zu
Wort gelangt Frau GRin Mag Korun.
GRin Mag Alev Korun (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Ich verzichte gerne
darauf, auf die Inhalte und die Wortmeldungen meines Vorredners einzugehen. Ich
möchte nur eine Anmerkung dazu machen: Ich meine, es ist traurig, dass das
intellektuelle und menschliche Niveau im Wiener Gemeinderat vor allem dann
derart tief ist, wenn die Freiheitlichen zu Wort kommen. (Beifall bei den
GRÜNEN und bei der SPÖ.)
Beim Poststück Nummer 12
handelt es sich um Maßnahmen zur Förderung interkultureller Kompetenz. Es geht
um die Niederlassungs- und Integrationsbegleitung von Zuwanderinnen und
Zuwanderern. Wir haben sowohl im Integrationsausschuss als auch hier im
Gemeinderat seit den letzten Wahlen mehrere Maßnahmen beschlossen, die die
Integration von EinwanderInnen fördern sollen.
Auf der anderen Seite
werden auf Bundesebene aber Gesetze beschlossen, mit denen die
gesellschaftliche und soziale Integration von eingewanderten Menschen nicht nur
nicht gefördert wird, sondern mit denen ihrer sozialer Marginalisierung Vorschub
geleistet, ihre materielle Absicherung gefährdet und mit denen sie an den Rand
der Gesellschaft gedrängt beziehungsweise geradezu in die Armut getrieben
werden. – Ich rede jetzt vom so genannten Fremdenrechtspaket, wobei ich
meine, dass der Begriff Recht in dieser Wortzusammensetzung eigentlich
überflüssig ist, weil das, was im Jahr 2005 im österreichischen Parlament
beschlossen wurde, tatsächlich ein Entrechtungspaket war. Leider wurde dieses
Gesetz damals nicht nur mit den Stimmen der damaligen Regierungsparteien
beschlossen, sondern auch mit den Stimmen der Sozialdemokratischen Partei.
Nun, nach fast einem Jahr,
zeigt dieses Gesetz die Auswirkungen, vor denen sehr viele Menschen gewarnt
haben, und zwar nicht nur die GRÜNEN, sondern auch NGOs, Migrationsexperten und
Menschenrechtsexperten und -expertinnen. Die Auswüchse – unter
Anführungszeichen – zeigen sich und zeigten sich in den letzten Wochen.
Die Berichterstattung kennen alle. Ich werde jetzt die so genannten
Einzelfälle, die in die Hunderte beziehungsweise eigentlich Tausende gehen,
nicht wiederholen.
Es geht insbesondere um
einen Teil des so genannten Fremdenrechtspakets, nämlich um das
Familienbeihilfen- und um das Kinderbetreuungsgeldgesetz. Diese beiden Gesetze
wurden im Rahmen des so genannten Fremdenrechtspakets mit dem Ergebnis
novelliert, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe und
Kinderbetreuungsgeld für NichtösterreicherInnen und Nicht-EU-BürgerInnen
drastisch verschärft wurden. Der Bezug dieser beiden Transferleistungen wurde
nämlich an eine bestimmte Form des rechtmäßigen Aufenthalts gekoppelt, und zwar
an die rechtmäßige Niederlassung im Sinne der §§ 8 und 9 des
Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes.
Es war in den letzten Wochen
sehr viel die Rede vom so genannten Haubner-Erlass. Die Sozialdemokraten haben
versucht, die Verantwortung für die so genannten Einzelfälle auf den
Haubner-Erlass zu schieben, wobei der Haubner-Erlass leider auf das Gesetz
zurückgeht, das voriges Jahr beschlossen wurde. In den Materialien zum so
genannten Fremdenrechtspaket ist davon die Rede, dass mit diesen
Maßnahmen – ich zitiere – „die soziale Treffsicherheit erhöht werden
soll“. – Wie diese soziale Treffsicherheit erhöht wurde, wissen wir inzwischen:
Es handelt sich hiebei um Menschen, die seit Jahren, wenn nicht seit
Jahrzehnten legal hier leben, die hier Kinder bekommen haben und plötzlich in
die Armut getrieben werden, weil sie kein Kindergeld und keine Familienbeihilfe
bekommen.
Außerdem hat es auch Fälle
von Personen gegeben, die in Wien auf die Welt gekommen sind und deren einziges
Pech es war, einen Nicht-EU-Pass zu besitzen, weil ihre Eltern keine
EU-Staatsangehörigen sind und das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht
nicht vorsieht, dass Menschen, die hier auf die Welt kommen und deren Eltern
legal hier leben, als Österreicher und Österreicherinnen auf die Welt kommen.
Es gibt Fälle, dass Frauen, die in Wien auf die Welt gekommen sind, ihr ganzes
Leben hier verbracht und hier ein Kind bekommen haben, nun in Armut leben
müssen, weil sie kein Kinderbetreuungsgeld und keine Familienbeihilfe bekommen.
Es gibt Fälle von Menschen, die selbst österreichische Staatsangehörige sind,
deren Lebenspartner oder Ehegatte aber Nichtösterreicher ist. Wenn ein Kind aus
dieser Ehe zur Welt kommt, ist es österreichischer Staatsbürger, es gibt aber
trotzdem kein Kinderbetreuungsgeld. – All diese so genannten Einzelfälle
gehen in die Hunderte und Tausende, und dabei handelt es sich um die ganz
konkreten Auswirkungen des so genannten Fremdenrechtspakets.
Wie wahrscheinlich alle hier in diesem Raum wissen, wurde
im Nationalrat heute ein Antrag der SPÖ und der ÖVP abgestimmt, dem auch die
GRÜNEN zugestimmt haben, weil er das krasseste Unrecht ein bisschen planiert,
aber wirklich nur ein bisschen. Ich möchte, damit das hier nicht unerwähnt
bleibt und es nachher nicht heißt, man hätte es nicht gewusst, erwähnen, was
trotz dieses heute im Nationalrat angenommenen Antrags, der in diesem Bereich
ein wenig saniert, möglich sein wird: Es wird auch nach dieser Gesetzesänderung
möglich sein, dass Menschen mit Aufenthaltsrecht in Österreich, die sich legal
hier aufhalten und nicht abschiebbar sind, weil ihnen Folter oder unmenschliche
Behandlungen im Herkunftsland drohen, weiterhin monatelang auf Kindergeld und
Familienbeihilfe warten müssen, bis nämlich die Niederlassungsbewilligung für
das Kind ausgestellt ist. In den meisten Fällen geht es um AlleinerzieherInnen,
und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular