Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 129
und dem verfügbaren Bauland hat im Nordosten Wiens und in den angrenzenden Gemeinden Niederösterreichs eine rasante Siedlungsentwicklung stattgefunden. Durch unzureichend ausgebaute öffentliche Verkehrsmittel steigt die Benutzung des privaten PKW ständig an. Die damit verbundenen Probleme wie Lärm, Abgase und Überlastung der Straßen werden von der Bevölkerung als unzumutbar empfunden. Mit einem Wort: Der Ausbau der hochrangigen Verkehrsinfrastruktur hat mit der dynamischen Siedlungsentwicklung nicht Schritt gehalten. Entsprechend den vorliegenden Prognosen werden sich diese Probleme durch weitere Siedlungsentwicklung noch verstärken." – Das ist das Zitat der Gemeinde Wien aus dem Jahre 2003 zum Thema „Ausbau hochrangiger Straßennetze rund um Wien".
Die Nordostumfahrung hat bereits eine längere
Geschichte, denn die Zahlen dafür sind eindeutig klar. Seit 1990, als wir einen
PKW-Bestand von 540 000 gehabt haben, sind die Zahlen um 20 Prozent
bis heute auf rund 655 000 PKW angestiegen. Im gleichen Zeitraum haben
sich die Fahrten pro Werktag um 10 Prozent von 1,8 Millionen Fahrten
auf 2 Millionen Fahrten erhöht.
Auch die Pendlerzahl spricht eine eindeutige Sprache.
Sie hat sich von 130 000 im Jahr 1991 auf 240 000 im
Jahr 2005 erhöht. Dabei nicht zu vergessen: Rund 120 000 Pendler
kommen ausschließlich mit dem eigenen PKW. Die Prognosezahlen für die Zukunft
weisen in dieselbe Richtung, nämlich mindestens 15 bis 20 Prozent
Zunahme in den nächsten 20 Jahren. Es gibt sogar Experten, die diese
Zahlen noch höher schätzen.
Ohne entsprechende Entlastungsmaßnahmen für den
Verkehr in Wien – und dazu gehört sicherlich der Regionenring in Wien –
befürchten die Autoren zahlreicher Studien und nicht nur die Shell-Studie unter
der Leitung eines Universitätsprofessors der Universität für Bodenkultur eine
Zunahme der Überlastungszeiten im hochrangigen öffentlichen Straßennetz um das
Drei- bis Vierfache.
Das sind alles Gründe, die dazu geführt haben, dass
bereits 1991 die Planungen für eine solche S1-Umfahrung begonnen haben.
1997 hat die Planungsgesellschaft Ost eine erste Variantenuntersuchung dazu
veröffentlicht. Im Jahr 1999 gab es einen Zwischenbericht einer
Trassenstudie der Magistratsabteilung 18 zur Nordostumfahrung. Im
Dezember 1999 gab es die Rohfassung des Endberichtes der Magistratsabteilung 18.
Mit dem Wiedererlangen der Alleinregierung der SPÖ in dieser Stadt hat der dann
zuständige Verkehrsstadtrat Dipl-Ing Schicker mit 12. November 2001
den Startschuss für eine so genannte Strategische Umweltprüfung für die
Nordostumfahrung Wiens eingeleitet.
Im Jahr 2002 wurden erste Bauarbeiten für die
Lobauautobahn ausgeschrieben, obwohl diese Strategische Umweltprüfung noch
lief. Im August 2002 findet der zuständige Verkehrsstadtrat in einem
Presseartikel den Vorschlag einer Fischamend-Variante, nämlich die Variante
außerhalb von Wien, als hervorragend, was ich aus heutiger Sicht wahrscheinlich
nur als nicht ernst gemeint interpretieren kann.
Am 19. Februar 2003 legt sich die Wiener SPÖ bei
der Ruster Klausur, obwohl die SUPerNOW noch nicht abgeschlossen ist, auf ihre
Trassenführung für die Nordostumfahrung Wiens fest. Diese Trassenführung wäre –
nur um das allen noch einmal in Erinnerung zu rufen – die so genannte
innenliegende Variante gewesen. Im Februar 2003 spricht man dann erstmals von
dem Wunsch nach einem Donau- und Lobautunnel und präsentiert danach im März
2003 das Ergebnis der Strategischen Umweltprüfung.
Im September 2003 erklärt Wien, dass es sich
diese Tunnelvariante wünscht, aber ein Sprecher des Stadtplanungsressorts meint
auch: Sollte aus geologischen Gründen dies nicht möglich sein, versteife man
sich nicht auf diese Variante. Im Jänner 2004 spricht Stadtbaudirektor
Weber sich im Stadtplanungsausschuss gegen die Tunnelvariante aus.
Stadtbaudirektor Weber zweifelt an der technischen Durchführbarkeit einer
Tunnellösung. Die Grundwassersituation und die Donausohle sowie
Sicherheitsargumente stehen dieser Lösung entgegen.
Schlussendlich kommt es am 25. Juni 2004
dann zu einem gemeinsamen Auftritt des Verkehrsstadtrates Schicker, der Umweltstadträtin,
damals Kossina, und des Stadtbaudirektors Weber sowie des Beiratsvorsitzenden
der Prüfung vor der Presse, in dem sie erklären, sie wären nun einstimmig für
die Tunnelvariante.
Wer glaubt, dass es jetzt endlich grünes Licht für die
Tunnelvariante gegeben hätte, der irrt. Denn nun, nachdem man ein Jahr lang
innerhalb der Gemeinde Wien noch gesucht hat, was die interessanteste Lösung
ist, brauchte man ein weiteres Jahr, um sich mit dem Bund auf eine Variante zu
einigen. Insgesamt dauerte diese Phase fast weitere zwei Jahre, sodass im Mai
2005 nun eine Trassenführung in Form einer Doppellösung mit einer
Untertunnelung der Donau und der Lobau vereinbart wurde.
Heute, eineinhalb Jahre später, steht dieser Pakt
noch immer. Diese Variante wurde als Optimierung zwischen maximalem
Umweltschutz und finanzieller Machbarkeit bezeichnet. Doch schon der erste
Versuch nach der Einigung, diesen Weg zum Ziel zu führen, brachte
Stolpersteine. Die ASFINAG ersuchte im Winter 2005, die nötigen Bohrungen
einzuleiten, damit sichergestellt werden kann, dass der Bau unter der Lobau
umweltgerecht, möglichst schonend und mit möglichst geringem finanziellen
Aufwand durchgeführt werden kann. Doch die Umweltstadträtin erteilte diesem
Ansuchen vor einem Jahr keine Bewilligung, sodass die dafür nötige Zeit
innerhalb des Winters nicht mehr ausreichte, um die nötigen Bohrungen vor einem
Jahr durchzuführen. Insbesondere – und da möchte ich gleich auf eine
Presseaussendung eingehen, die der Herr Bürgermeister vor nun einer Stunde und
drei Minuten losgelassen hat, nämlich die Möglichkeit, eine Änderung der
Bohrung durchzuführen – hat die Frau Umweltstadträtin dabei überprüfen lassen:
Sind die Bohrungen für die ASFINAG unbedingt notwendig, um in Zukunft die
Nordostumfahrung zu bauen?
Dazu wurden Amtssachverständige eingeladen, Gut
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