Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 129
Architekt Rudolf Eisler in Grinzing abgerissen, jenes Architekten, der gemeinsam mit Glaser die Österreichische Nationalbank sowie zahlreiche Winzerhäuser in Grinzing geplant hat. Es war dies ein Architekt mit internationalem Ruf, der an zahlreichen Wettbewerben wie Laibach, Tschernowitz, Meran, Kronstadt und so weiter, teilgenommen hat. Und während Sie das Kaufhaus Steffl unter Denkmalschutz stellen - ein Objekt aus den 50er Jahren - wird noch im Jahre 2005 zugesehen, wie eine Villa in Grinzing abgerissen wird, nur weil sie Ihrem Wirtschaftsdenken, das sich keineswegs mit Denkmalschutz in Einklang bringen lässt, nicht entspricht.
Ich will gar nicht näher auf die nur allzu bekannten
Bausünden in ganz Wien eingehen, die gerade unter der Ära von Herrn StR
Schicker eine Blütezeit erreicht haben. Wie wertvoll dieses gesamtkulturelle
Erbe ist, (Amtsf StR Dipl-Ing Rudolf
Schicker: Kulturell!) zeigt auch, dass bereits Dehio - und der ist immerhin
noch heute ein Kulturpapst - in den Jahren 1905 bis 1912 allein Grinzing und
seinen Bauten vier Seiten in einem Band der Wiener Bezirke gewidmet hat. Er
beschreibt Grinzing als eines der typischen Weinhauerdörfer und spricht von
Schäden während der Türken- und Franzosenkriege, aber nicht mehr in der Zeit
danach. Es geht zurück bis unter Kaiser Probus im Jahre 276, wo hier
bereits die Weinstöcke gepflanzt wurden, und schon 1114 war Grinzing ein großes
Dorf.
Und im Jahr 1891 wurde die bis dahin
selbstständige Gemeinde dem 19. Wiener Bezirk einverleibt. Mit fatalen
Folgen, denn was Kriege und Brände nicht schafften, der Wiener Stadtregierung
unter Planungsstadtrat Schicker gelingt die Verstümmelung eines Kulturgutes. Es
ist richtig, dass der eine oder andere Weinberg aufgelassen wird, weil keine
Nachfolger mehr da sind, die ihn wirtschaftlich betreiben würden. Aber ist das
nicht eine große Chance für arbeitslose Jugendliche? Die Stadt Wien könnte
diese Weingärten aufkaufen und im Rahmen von Arbeitsprogrammen für Jugendliche
betreiben. Außerdem bleibt dann der vielgepriesene Grüngürtel erhalten, denn es
macht doch keinen Sinn, dass wir rundherum eher kleinere Flächen ankaufen und
große Gebiete preisgeben.
Denken Sie an die Feinstaubdiskussion. Wo ist Frau
StRin Sima, um sich hier für den Erhalt von Grünland einzusetzen?
Durch die Umwidmung in Bauland, und zwar die
Umwidmung der Weingärten, wie es ja jetzt laufend passiert, werden diese
landwirtschaftlich genutzten Flächen zu einer Art Luxussegment, das heißt, die
Baupreise steigen eklatant und Weinbauern aus anderen Gegenden, die sich
interessieren würden, dort weiter die Weingärten zu betreiben, können sich das
jetzt einfach nicht mehr leisten.
Aber das alles ist für Sie von geringer bis gar
keiner Bedeutung. Sie lassen durch ständige Änderung des Flächenwidmungsplanes
zu, dass Aufbauten, die den Dorfcharakter und die Gesamtheit Grinzings zunichte
machen, ausgeführt werden. Sie lassen zu, dass Denkmale, wie vorhin
beschrieben, abgerissen werden und Sie lassen zu, dass durch die verspätete
Aufnahme in den Kulturgüterkataster viel Substanz so verformt oder zerstört
wird, dass sie nicht mehr berücksichtigt werden kann.
Dabei sieht das Denkmalschutzgesetz auch den Begriff
Ensemble vor. Das bedeutet, es muss nicht immer das einzelne Objekt unter
Denkmalschutz gestellt werden, sondern dieser kann eine ganze Ortschaft oder
zumindest Teile davon betreffen. Dann bedeutet aber die Zerstörung des
einzelnen Bauwerks gleichzeitig auch eine Zerstörung des Ensembles. Inwieweit
wurde denn hier wiederum der Schutzzonenbeirat eingebunden, hat er diesem
Willen zur Zerstückelung von Grinzing nachgegeben und wenn ja, warum?
Und wenn Ihnen das Ausland immer so wichtig ist, und
wenn Sie den Tourismus so hoch loben, glauben Sie nicht, dass vielleicht ein
fixer Besichtigungspunkt wie Grinzing von den Reisebüros gestrichen wird?
Mehrgeschoßige Häuser mit Wein gibt es an vielen Orten, da muss man nicht nach
Grinzing fahren. Zum Beispiel entlang des Rheins, wie Rüdesheim, Bernkastel und
so weiter, und die sind aber noch dazu in ihrem Ursprung saniert.
Aber in Grinzing ist es die Idylle, die Gesamtheit
und das Ambiente, das zählt und das Touristen anreisen lässt. Würde die
internationale Presse von Ihren Absichten erfahren, so wäre das für Wien sicher
nicht werbewirksam, sondern eher das Gegenteil.
Wir lehnen diesen Flächenwidmungsplan ab, um weitere
Aktionen zum Sterben von Grinzings Einmaligkeit nicht noch zu unterstützen,
wenn wir es schon nicht verhindern können. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Zum Wort ist niemand gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr
Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Erich Valentin:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Es obliegt dem Berichterstatter nicht, eine politische
Wertung vorzunehmen, deshalb möchte ich mich nur auf die Fakten konzentrieren.
Werte Kollegin Frank, sosehr ich mit den Intentionen des Erhalts
Grinzings mit Ihnen übereinstimme - aber mit den Intentionen nur, nicht mit der
Analyse, was jetzt geschieht -, möchte ich festhalten, dass das, was Sie gesagt
haben, auf das Flächenwidmungsdokument in keiner Weise passt. Es wird hier kein
Quadratmeter von Weinbaugebiet in Bauland umgewidmet und es ist auch nicht so,
dass irgendwelche Häuser abgerissen oder gefährdet werden. (GRin Henriette FRANK: Es wohnen dort 14 Menschen!) Ich darf Ihnen
mitteilen, es wohnen in dem Gebiet - wir haben dort ein reines Agrargebiet -
14 Menschen, 10 plus 4, Menschen in 14 Unterkünften. Es war
auch so, dass im Bezirk die Frage einhellig über alle Parteigrenzen beantwortet
worden ist und dieser Flächenwidmungsplan auf Bezirksebene die Unterstützung
aller politischen Parteien erfahren hat. Es ist anzumerken, dass es in Wien -
und das trifft gerade auf dieses Gebiet zu - das Biosphärenparkgesetz gibt, wo
wir eher das Problem haben, dass sich einzelne
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