Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 129
Das Thema ist bekannt: „Bahnhof Wien-Europa Mitte – Die neue Drehscheibe im Zentrum
Europas". Erlauben Sie mir, mit folgendem Zitat zu beginnen, ein Zitat von
Karl Kraus: „Nach Ägypten ward nicht so weit, aber bis man zum Südbahnhof
kommt". Dieses Zitat bezieht sich auf eine Zeit, wo Wien auf Grund der
Monarchie noch sehr starke Verbindungen in den Osten hatte.
Der erste Bahnhof in Wien
entstand 1838. Das war damals der Nordbahnhof. Auch dieser erste Bahnhof
wurde damals bereits als Kopfbahnhof errichtet. Zehn Jahre später kamen dann
Ost- und Südbahnhof dazu, wieder Kopfbahnhöfe. Und im Jahre 1859 war der
nächste Bahnhof dran, das war der Westbahnhof. Sie sehen schon, wir reden über
eine unendliche Geschichte, die sich in Wien seit bald 170 Jahren
vollzieht. Diese Ostregion hat es naturgemäß mit sich gebracht, dass für den
Bereich Norden und Osten noch zwei zusätzliche Kopfbahnhöfe entstanden sind,
das waren der Nordwestbahnhof und der Franz-Josefs-Bahnhof. Damit hatte Wien
sechs Kopfbahnhöfe. Und das Zitat, das ich genannt habe, hat bedeutet: Man ist
bei einem Kopfbahnhof angekommen und musste mit dem öffentlichen Verkehrsmittel
- und die Straßenbahn-Linien existieren ja heute noch - zum anderen Bahnhof
fahren, um dort die Reise in den Westen, in den Süden, aber auch natürlich
umgekehrt in den Osten und in den Norden fortzusetzen.
Ich will natürlich hier
nicht die ganze Geschichte der Wiener Bahnhöfe erzählen. Das wäre sicher
interessant, aber ich nehme an, Sie haben alle die Gelegenheit genutzt, um sich
im Wien Museum in der dementsprechenden Ausstellung zu überzeugen, wie die
Geschichte der Wiener Bahnhöfe abgelaufen ist.
Schon bei der Gründung der
Wiener Kopfbahnhöfe gab es eine Idee, dass es in Wien notwendig sein wird,
einen Durchgangsbahnhof zu schaffen. Diese Idee hat so weit geführt, dass sogar
bei der Stephanskirche, beim Stephansdom ein Bahnhof geplant war, auch als
Kopfbahnhof. Ich möchte mir nicht ausmalen, was die jetzige Bezirksvorsteherin
Frau Stenzel dazu sagen würde, hätte sie dort den Wiener zentralen Kopfbahnhof.
Aber das ist sicher eine andere Geschichte.
Wir wissen aber, dass sich
die Verkehrssituation in Europa nach dem Zerfall der Monarchie wesentlich
geändert hat. Wien hatte nachher das Problem, aus der westlichen Richtung
Endstation zu sein, das heißt, jene Bahnhöfe, die in den Osten und in den
Nordosten von Europa geführt haben, hatten an Bedeutung verloren.
Am Ende des
20. Jahrhunderts ist dieser Eiserne Vorhang gefallen und das hat für die
Stadt Wien plötzlich die Situation geschaffen, dass wir jetzt im Herzen
Europas, in der Mitte Europas liegen. Die EU der 25 Staaten, wo sehr viele
Staaten im Osten sind - und demnächst werden ja noch zwei weitere Staaten, die im
Südosten liegen, dazu kommen -, zeigt, dass sich das Verkehrsverhältnis
wesentlich verändert hat. Wien wird dadurch zur Drehscheibe von Europa. Der
Wiener Bahnhof, der noch immer in Kopfbahnhöfen endet, wird, wenn dieser neue
Zentralbahnhof oder wie immer er dann in der Namensgebung heißen wird, die
Drehscheibe von Europa sein. Hier, wo eine CENTROPE-Region mit der
EU-Nachbarstadt Bratislava ist, wird es ganz wichtig sein, den durchgängigen
Verkehr auch auf der Schiene zu ermöglichen und nicht nur für den Güterverkehr,
sondern ganz besonders auch für den Nahverkehr. Diese Entstehung des neuen
Bahnhofs - und ich nehme an, sollte in 100 Jahren eine Ausstellung sein,
dann wird der heutige Tag, wenn wir den Flächenwidmungsplan beschließen, sicher
auch in den Geschichtsbüchern mit Datum Eingang finden und als die Geburtstunde
des Bahnhofs Wien-Europa Mitte aufgezeichnet werden.
Was bringt dieser neuer
Bahnhof? Dieser neue Bahnhof bringt die Durchbindung von Süd nach Nord, von Ost
nach West in allen Richtungen. Er schafft die Möglichkeit der Durchgängigkeit
von Wien. Er schafft aber auch einen wesentlichen Faktor - wir werden
heute sicher auch noch beim Planungsdokument darüber sprechen –und zwar einen
wirtschaftlichen Impuls für jene Region, die rund um dieses neue Bahnhofsviertel
entstehen wird.
Ganz wichtig ist für Wien auch, dass dieser Bahnhof,
wo wir mit einer Fertigstellung, zumindest aber mit einer Teilinbetriebnahme im
Jahre 2012 rechnen, öffentlich so angebunden ist, dass er für alle
Wienerinnen und Wiener, aber auch aus dem Umland durch die Einbeziehungen
sämtlicher Nahverkehrsmöglichkeiten entsprechend kurze Relationen schaffen
wird, auch ein Beitrag in Richtung Umweltschutz, dass der Modal-Split hier
vorangetrieben wird.
Ich kann Ihnen sagen, dass dieser Meilenstein - wie
gesagt, ich sehe es als Eintrag in die Geschichte - auch einen großen
wirtschaftlichen Stellenwert in Wien bringen wird. Ich lade Sie bereits jetzt
ein, beim entsprechenden Plandokument mitzustimmen. Ich nehme an, alle von uns
werden gerne bei dieser Eröffnung, bei dieser wirtschaftlichen Seite dabei sein
und es wird ein wichtiger Faktor sein, Wien weiter in die Mitte Europas zu
rücken. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Als
nächste Redner hat sich Herr StR Herzog gemeldet. Redezeit ab jetzt fünf
Minuten.
StR Johann Herzog: Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Herr Vorsitzender!
Der Sache selbst „Hauptbahnhof Wien“ sind wir
Freiheitliche immer positiv gegenüber gestanden, wenn auch die Frage der
Verkehrseinbindung natürlich mit deutlichen Wermutstropfen versehen ist. Allein
die Nichtanbindung einer U-Bahn-Linie an den Bahnhof selbst wird etwas sein, wo
man sich auch noch später an diese Beschlussfassung erinnern wird.
Ich möchte daher nur einige Punkte anführen - nicht
für den Bahnhof Wien, für den wir durchaus sind, und auch nicht für die
Gestaltung des Areals von 60 Hektar, wo wir ja schon im Jahr 2000 mit
einem Vorschlag herausgekommen sind – und ein bisschen auch auf die
Verkehrsproblematik des Gürtels eingehen, die einer dringenden Lösung bedarf.
Das fängt natürlich einmal – und damit wird sich der
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