Gemeinderat,
12. Sitzung vom 05.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 83
überhaupt nicht!) und dass die
Religionsfreiheit auch durch Gottesdienste ausgeübt werden darf. (Beifall
bei der ÖVP. - GR Johann Herzog: Das ist nicht das Thema!)
Klar ist aber auch, dass diese Religionsfreiheit kein
absolutes Recht ist, nämlich dass die staatliche Ordnung nach wie vor über
dieser Religionsfreiheit steht und dass alle religiösen Freiheiten nur in
Akkordierung mit den staatlichen Gesetzen ausgeübt werden dürfen. Es darf daher
die Religionsausübung - wie im Staatsvertrag von St Germain steht - nicht
der öffentlichen Ordnung widersprechen, nicht den guten Sitten. (GR Dr
Herbert Madejski: Es geht um die Gebäude! Aber es macht nichts!)
Selbstverständlich sind auch Bauordnungsvorschriften und andere städtische und
landesgesetzliche Vorschriften einzuhalten, das ist ja überhaupt keine Frage. (GR
Dr Herbert Madejski: Um das geht es!) Die Normen der staatlichen Ordnung
stehen über den Normen einer Religionsgemeinschaft. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber ich würde in dem Zusammenhang ganz gern etwas
Grundsätzliches zum Verhältnis von Kirche und Staat sagen. Man sollte in dem
Zusammenhang auch die besondere Rolle des Christentums akzeptieren und
bewahren. Und da richte ich mich gar nicht an die Muslime, sondern das sind
eigentlich mehr jene Einwohner und Politiker, die schon sehr lange in
Österreich leben.
Es gibt in Österreich keine Äquidistanz zwischen dem
Staat und den Religionen, dazu hat Österreich eine viel zu lange christlich-abendländische
Tradition, selbstverständlich mit jüdischen Wurzeln und selbstverständlich mit
muslimischem Einfluss. Aber die katholische Kirche - und das ist schon
angesprochen worden - ist tatsächlich nicht gesetzlich anerkannt, und sie muss
es auch nicht sein. Juristen sprechen von einem historischen Anerkenntnis. (GR
Dr Herbert Madejski: Die Kirchen schon! Das Christentum nicht!) Es gibt ja
auch ganz besondere Aufgaben, die Staat und Bund für Kirchen in Österreich
leisten. Es gibt ein Konkordat, das dieses besondere Verhältnis zwischen Staat
und Kirche regelt. Wir haben auch christliche Symbole im öffentlichen Raum, und
das mit gutem Grund, Kruzifixe in den Gerichten und in den Schulen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Die Mehrheit braucht sich vor der Minderheit sicher
nicht zu fürchten, ob es jetzt 5 Prozent Muslime oder 8 Prozent
Muslime in Wien sind. Aber auch die Mehrheit hat ihre Gefühle, und die Mehrheit
liebt ihre christlichen Symbole. Daher warne ich Teile in der SPÖ und auch
Teile der GRÜNEN, die immer wieder Tendenzen zeigen, am Konkordat zu rütteln
oder auch Kreuze in Schulklassen abzuhängen. Das will die Bevölkerung nicht,
und es gibt sehr gute Gründe dafür. (Beifall bei der ÖVP.)
So wie ich stolz auf die freie Religionsausübung in
Österreich bin und alles unternehmen werde, dass Muslime diese ihre Religion in
Österreich frei ausüben können, muss aber ein österreichischer Politiker auch
darauf dringen, dass es diese freie Religionsausübung, die es in Österreich
gibt, auch in anderen Ländern gibt. Daher müssen wir auch die Türkei
ansprechen, auch wenn jetzt mancher sagen wird: Na, das können wir dort nicht
ändern. - Nein! Der Politiker hat die Möglichkeit des gesprochenen Wortes, und
er kann Einfluss auf Missstände nehmen. Wenn Christen in der Türkei drangsaliert
werden, dann können wir das auch im Wiener Gemeinderat nicht akzeptieren. (Beifall
bei der ÖVP.) Es können dort keine Pfarrer und Religionslehrer ausgebildet
werden, christliche Gotteshäuser sind dort verboten, und Enteignungen sind an
der Tagesordnung.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf
zusammenfassen: Alles für die unbehinderte, freie Religionsausübung durch
Muslime in Österreich - aber bei gleichzeitiger Anerkennung der besonderen
Bedeutung des Christentums in unserem Land! Bewahren wir die Sonderstellung der
Kirche, und stellen wir kirchliche Symbole nicht in Frage. (Beifall bei der
ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Schuster.
Ich erteile es ihm.
GR Godwin Schuster (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bin an und für sich sehr froh darüber, dass wir
die Gemeinderatssitzung vor den Wahlen verschoben haben, und zwar gemeinsam
verschoben haben, alle Klubs miteinander. Denn wir hätten uns wahrscheinlich
dies hier nicht ersparen können, und dieser Wahlkampf wäre dann noch stärker
fortgesetzt worden.
Daher glaube ich, die FPÖ wird auf dieser Schiene weiterfahren
und Hass säen zwischen den Menschen, weil sie offensichtlich nur in dieser Form
des Gegeneinander-Ausspielens von Menschen Erfolg hat. Das ist das, was mich
persönlich ärgert, weil ich nicht glaube, dass Menschen in diesen Gemeinderat
gewählt wurden, um hier in dieser Thematik ausschließlich destruktiv aktiv zu
sein. Die Stadt hat sich etwas anderes verdient.
Wenn hier Kollege Madejski sagt, zufälligerweise hat
er Ende Juni ein Amtsblatt studiert, dann interessiert er sich offenbar nicht
sehr für das, was die FPÖ so macht. Denn in einer Presseaussendung vom
16. Februar 2006 wurde über diese Aktivität, als dieser
Zwischenwahlkampf gestartet wurde - "Österreich zuerst", oder wie
immer Sie es genannt haben (Zwischenrufe bei der FPÖ), "Österreich bleib
frei" -, geschrieben, dass „Vilimsky versucht, im Anschluss gleich
seiner Rolle als Rammbock gerecht zu werden: Als erste Amtshandlung will der
neue FPÖ-Generalsekretär untersuchen, ob es in Wien nicht schon mehr islamische
Moscheen und Gebetshäuser gibt als christliche Kirchen."
Das steht in dieser Presseaussendung drin und zeigt
eindeutig und klar: Es ist Ihre Strategie, auf eine Gruppe in dieser Stadt im
Besonderen hinzuhauen; es ist Ihre Strategie, hier Menschen auszugrenzen. Ich
sage Ihnen, wir werden uns da in unserer Haltung in keinster Weise ändern und
nicht mit dem mitgehen, was Sie da tun! (Beifall bei der SPÖ.)
Diese billige Polemik, die Sie
hier machen, die hier die Religionsfreiheit in Frage stellt, die hier - wie
Kollege Madejski in sehr netten Worten auch gesagt hat - in Frage stellt, ob
die Regelung, das Gesetz, diese
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