Gemeinderat,
12. Sitzung vom 05.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 83
Nur für Sie!) Das kann man nicht leicht
schaffen, nein wirklich nicht, das ist eine Meisterleistung! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Es geht mir darum, vorab festzuhalten - bevor ich ein
paar Dinge sage, die ich grundsätzlich an Ihre Adresse zu richten habe -, dass Sie
sich auch in Ihrer vollkommenen Ahnungslosigkeit geradezu entblößen. Denn Sie
stellen sich hierher und decken etwas auf - unter Anführungszeichen -, was alle
Welt weiß, nämlich dass Moscheen in Österreich als Vereinskonstruktionen
geführt werden. Ja, so ist es! (GR Dr Herbert Madejski: Aber nicht...!)
Es gibt ein paar Hundert Vereine in Wien, die in
Wirklichkeit mitunter auch Gebetshäuser, was heißt Gebetshäuser, Gebetsräume
schaffen und diese auch betreiben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist
eine absolut gewöhnliche Konstruktion, an der überhaupt nichts auszusetzen ist
und die mitunter auch eine wesentliche Tradition, ja geradezu ein Bedürfnis von
Menschen islamischen Glaubens sozusagen befriedigt, wenn Sie so möchten. Denn
eine Moschee ist nicht nur ein Ort, wo man betet, es ist bekanntlich ein Ort,
wo man sich aufhält, wo man Kommunikation sucht, wo man teilweise am Nachmittag
lernt, wo eine Vielzahl von Beratungs- und Betreuungsangeboten organisiert und
an die Menschen weitergegeben wird.
Ja, wenn es in Wien ein paar Hunderttausend Menschen
islamischen Glaubens gibt, dann ist es vollkommen selbstverständlich, dass
diese Menschen an verschiedenen Orten dieser Stadt Moscheen errichten werden!
Das ist ja auch nichts, worüber diskutiert werden muss. Und das ist jetzt der
Punkt: Ich habe noch immer nicht verstanden, was Sie uns hier sagen wollten.
Was wollten Sie uns mitteilen? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Was ist Ihr
Problem mit diesen Gebetshäusern? Geht es Ihnen darum, dass Sie nicht möchten,
dass kleine Vereine Gebetsräume einrichten? (GR Dr Herbert Madejski:
...Einhaltung der Gesetze!)
Dann kann ich nur sagen: Es tut mir leid, Sie haben
überhaupt nichts verstanden von den Werten dieser Gesellschaft, die Sie
irgendwie zu verteidigen vorgeben. Denn ein wesentlicher Wert, auf den wir alle
stolz sind, ist auch die Freiheit der Religionsausübung - einmal unabhängig
davon, dass es auch ein Menschenrecht wäre; aber auch als Wert in dieser
Gesellschaft ist es etwas, was hochgehalten wird. Selbstverständlich werden wir
auch nichts unternehmen, im Rahmen dessen wir einer ganz, ganz großen
Weltreligion irgendwie die Möglichkeit erschweren würden, ihre Religion einfach
auszuüben. (GR Dr Wolfgang Aigner: ...Christen dann auch!)
Wenn Sie dann auch noch wirre Ausführungen an uns
weitergeben müssen im Zusammenhang damit, dass der Islam keine anerkannte
Religion in Österreich wäre, dann kann ich nur mehr sagen: Irgendwie greift man
sich an den Kopf und wundert sich. Ich meine, es wäre schon auch eine Debatte
wert, ob es nicht an der Zeit wäre, die gesetzliche Basis, auf der in
Österreich Religionen überhaupt anerkannt werden oder nicht, ein bisschen zu
überdenken. Denn diese Gesetze stammen aus Kaisers Zeiten und sind weiß Gott
veraltet!
Aber eigentlich möchte ich mich jetzt nicht mehr bei
diesem Thema aufhalten, weil es hier um etwas anderes geht. Es geht einfach
darum, dass Sie irgendwann einmal tatsächlich aufhören sollten, in dieser Stadt
zu hetzen. Sie sollten sich irgendwann einmal endlich dazu durchringen, Menschen,
die in dieser Stadt leben, die von woanders gekommen sind, die auch eine andere
Religion haben, einfach in Ruhe leben zu lassen!
Und: Ja, wir müssen feststellen nach diesem
grauslichen Wahlkampf, den Sie geführt haben, dass Sie sich, warum auch immer,
ausgerechnet auf die Menschen islamischen Glaubens eingeschossen haben. Das ist
jetzt die neueste Spezialität, das haben Sie ja auch in der ganzen Stadt
plakatiert, damit überhaupt keine Zweifel bestehen: "Daham statt
Islam" Aber ich bitte Sie doch, respektieren Sie auch dieses Haus! Ich
meine, sie kommen hierher und beantragen eine öffentliche Stunde, die ich
eigentlich nur mehr als Anschlag der Spaß-Guerilla klassifizieren könnte. Ich
habe gedacht, als ich das gelesen habe, das kann nur eine neue Aktion der
Künstlertruppe sein. Haben wir denn keine anderen Sorgen? (GR Dr Herbert
Madejski: Die Bevölkerung hat sehr wohl diese Sorgen! - Weitere Zwischenrufe
bei der FPÖ.)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Diese
Stadt hat andere Sorgen! In dieser Stadt gibt es Menschen, die in Armut leben,
und sie brauchen die Grundsicherung. In dieser Stadt gibt es baufällige
Schulen, dort fehlen die Lehrerinnen und Lehrer, und wir brauchen Investitionen
im Schulbereich. In dieser Stadt brauchen wir eine Vielzahl von Dingen. Aber
das Einzige, was wir nicht brauchen, ist ihre Hetze! (GR Dr Herbert
Madejski: ...die Gesetze einhalten!)
Die Wienerinnen und Wiener brauchen es auch nicht!
Denn anders ist es nicht zu erklären, dass die Wiener GRÜNEN mit ihrem Kurs bei
dieser Wahlauseinandersetzung mehr Stimmen bekommen haben als Sie und das BZÖ
zusammen. Schreiben Sie sich das hinter die Löffel! (Beifall bei den GRÜNEN.
- Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster gelangt Herr GR Dr Ulm zum Wort.
GR Dr Wolfgang Ulm
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die FPÖ sagt "Stopp dem Wildwuchs islamischer
Gebetshäuser" und meint das, was sie auch plakatiert, nämlich: "Keine
weiteren Moscheen" und "Daham statt Islam". Aber Herr Strache,
der das so propagiert, findet es nicht der Mühe wert, heute hier
mitzudiskutieren.
Die Einstellung ist natürlich
strikt zurückzuweisen, sowohl politisch als auch rechtlich. Es sind
grundsätzliche Bestimmungen der Verfassung offensichtlich spurlos an Ihnen
vorübergegangen: das Staatsgrundgesetz, der Staatsvertrag von St Germain,
die Menschenrechtskonvention. Selbstverständlich sind wir sehr stolz darauf,
dass es volle Glaubens- und Gewissensfreiheit in Österreich gibt (GR Dr
Herbert Madejski: Um das geht es
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular