Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 104
die Leute hinkommen, wo die im Antrag verschwinden.
Ich finde sie nicht im Antrag.
Der Antrag ist schlampig formuliert, weil es nicht
notwendig war, ihn genauer zu machen für Compress, weil Sie ohnehin gewusst
haben, wie es aus geht. Das ist die Tatsache.
Ich zitiere jetzt noch einmal den Rechnungshofbericht
alt, weil es vorher fälschlicherweise geheißen hat, man hat dann nachher
ohnehin alles richtig gemacht. Der erste Zehnjahresvertrag ist ja quasi die
Voraussetzung dafür, dass es jetzt wieder 10 Jahre gegeben hat, denn sonst
hätte man es ja neu aufrollen können. Wenn aber beim ersten schon so viele
Fehler passiert sind, hätte man das ändern müssen, denn:
„Der Rechnungshof beanstandete die erst im Zuge des
Verfahrens erfolgte Erweiterung beziehungsweise Änderung der Anforderungs- und
Beurteilungskriterien. Weiters vermisste der Rechnungshof bei der
Gesamtbeurteilung die in den Bewertungskriterien vorgesehenen Angaben über die
wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit sowie über andere Projekte
der Unternehmung. Schließlich vertrat er die Ansicht, dass die bei der Beurteilung
erfolgten Kostenvergleiche mit den Auslandsbüros anderer Organisationen eine
eigenständige Plankalkulation nicht ersetzen können."
Dann heißt es weiter: „Der Rechnungshof stellte fest,
dass in einem Teil des Vertrages Möglichkeiten zur Einrichtung der
Verbindungsbüros in 12 Städten festgelegt waren, in einem anderen Teil des
Vertrages hingegen ein Auftragsvolumen von vier fixen Verbindungsbüros und von
drei weiteren variablen Verbindungsbüros vereinbart war."
Wie viele jetzt? Zwölf? Vier? Drei? Sieben? Eh
wurscht. Compress hat den Auftrag damals bekommen, und es war völlig egal, wie
die Ausschreibung ausgeschaut hat. Da sind sich ja jetzt alle einig. Der
Vertrag 1995 ist an Compress gegangen. Die Ausschreibung war mindestens
schlampig – mindestens, sagt der Rechnungshof –, und jetzt haben sie es
automatisch wieder gewonnen. Ausgeschrieben hat man zu einem Zeitpunkt, wo man
nachher sagt, das hat kein anderer mehr gewinnen können. Drinnen gestanden in
den Kriterien sind exakt diese Städte, wo die Büros sind. Das ist, wie wenn ich
jemanden suche. Man kennt ja den Schmäh auch bei Bewerbungen von Personen. Man
schreibt dann halt genau den Lebenslauf hinein, den einer mitbringt. Dann muss
man halt zufällig ein Jahr Auslandsaufenthalt gehabt haben. Da schaut man, wo
der einmal war, dann ist es halt das eine Mal Chile, das andere Mal Australien,
weil es gerade passt. So ähnlich ist das da ausgeschrieben. Ich schreibe
hinein, in folgenden 11 Städten müssen Büros sein. Und dann wundere ich mich,
dass eine Firma kommt und sagt, ich habe acht, für die anderen drei brauche ich
Zeit. (GR Christian Oxonitsch: Schreibt
ihr das so aus, dass das nachher herauskommt?) Aber einer kommt und – siehe
da! – der hat genau die 11, und plötzlich gewinnt halt genau der eine.
Das wird dann im "Standard"-Interview im
Nachhinein so begründet: Wenn es jemand anderer gemacht hätte, wenn jemand
anderer das gewonnen hätte, hätten wir ja zwei Jahre gebraucht. Es hat also
kein anderer gewinnen können.
Auf diese Art und Weise hat man den Vertrag 1995
gemacht, und jetzt wird das halt einfach verlängert, und zwar auf 10 Jahre
wird das verlängert. Nachdem das die gleiche Firma ist, wäre es nicht notwendig
gewesen, denn der Firma hätte man nicht viel angetan. Man hätte zwar besser evaluieren
können, was übrigens der Rechnungshof damals empfohlen hat, dass man jährliche
Evaluierungsberichte vorlegen möge. Ich habe keinen Bericht gesehen, alle
anderen Fraktionen auch nicht. Von wegen alles umgesetzt, was der Rechnungshof
gesagt hat. In dem Fall war es eher: Schmeck's.
Zum Bohmann Verlag: Achtjahresvertrag. Diesmal ist es
immerhin ein Fünfjahresvertrag, aus dem man nach fünf Jahren aussteigen kann,
wenn ein paar Kriterien nicht erfüllt wurden. Da setzt man sich dann wieder hin
und es wird um drei Jahre verlängert. Es geht wieder um ein größeres Volumen,
um 116 800 000 EUR für ein "Medien-Fullservice".
Ich mache das bei dem Vertrag kürzer. Auch dieser
Vertrag geht an eine Firma, die – also wenn ich jetzt sage, auffällig, dann
klingt das abfällig – in diesem Haus bekannt ist. Auch in der Firma sind nicht
ausschließlich Leute beschäftigt, die der Sozialdemokratie ganz fremd sind und
ganz weit entfernt stehen.
Beide Aufträge zusammen haben ein Volumen von
300 Millionen EUR. Der eine hat 8 Jahre, der andere 10 Jahre,
wenn man die Vollzeit rechnet, die die laufen sollen.
300 Millionen EUR, das ist ein kleines Vermögen, wenn man auf der
anderen Seite weiß, wofür wir alles kein Geld haben, für welche kleinen
Projekte dauernd das Geld fehlt. Dieses Geld bleibt in der Familie, und ein
Teil davon ist sinnvoll ausgegeben. Aber ich behaupte einmal, dass die Hälfte
davon zumindest eingespart werden könnte, wenn das hauseigene Organisationen
übernommen hätten. Es wäre nicht notwendig gewesen beim Compress Verlag, es
wäre nicht notwendig beim aktuellen Geschäftsstück, beim Bohmann Verlag, diese
großen Volumen zur Verfügung zu stellen in den Verträgen.
Wir werden auch bei diesem Punkt eine Vertagung
beantragen, möchten aber vorher den Rednern und Rednerinnen auf der
RednerInnenliste Gelegenheit geben, ihre Punkte darzulegen. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön. – Herr Dr Aigner,
bitte.
GR Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Es ist ja schon mehrfach
angedeutet worden, dass hier Aufträge im Familienkreis der SPÖ vergeben werden,
sodass man ja fast den Eindruck gewinnen kann, dass die SPÖ die neue
Familienpartei dieser Stadt ist. (GRin
Barbara Novak: Das war sie immer!) Wir haben für Familien ja sehr viel
übrig, aber diese Art von Familiensinn gefällt uns gar nicht. Lassen Sie mich
daher ein paar Worte zu der Auftragsvergabe an den
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