Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 104
verwundert hat. Es ist dort nämlich erklärt worden, dass der Bildungsplan bis Ende 2005 fertig ist, dann wird er mit ExpertInnen diskutiert, und dann bekommt ihn VBgmin Grete Laska - kein Wort davon, ob wir hier als Opposition irgendwie eingebunden werden, wo es die politische Debatte über das, was in diesem Bildungsplan drinsteht, geben wird und wann es zur Beschlussfassung kommt. Ich befürchte, die Arbeitsgruppen erarbeiten etwas und dann bleibt es liegen, weil da vielleicht Dinge drinstehen, die mit der jetzigen Situation im Kindergarten einfach nicht zusammenpassen.
Wie schaut es denn im Kindergarten aus?
25 Kinder in der Gruppe, nur eine Pädagogin, zu kleine Räume, keine
Bewegungsräume - all das, was wir seit Jahren kritisieren und was auch die
PädagogInnen kritisieren. Dort sollen jetzt auch noch Bildungspläne
hineingepfercht werden. Das finden wir gut und richtig, aber wie das gehen
soll, darauf wird es wahrscheinlich keine Antwort geben, und ich fürchte, der
Bildungsplan wird in irgendeiner Schublade verschimmeln.
Wir haben das Problem, das ja auch die PädagogInnen,
das auch Prof Fthenakis auf dieser Enquete ausdrücklich ausgeführt hat,
dass die PädagogInnen eine andere Ausbildung brauchen, wenn wir wirklich dazu
kommen wollen, dass im Kindergarten das, was dort gemacht wird, das
spielerische Lernen der Kinder, von den PädagogInnen auch so gelehrt und
weitergegeben werden kann. Da braucht es eine Änderung der Ausbildung der PädagogInnen,
aber auch Zeit für Aus- und Weiterbildung der jetzigen PädagogInnen. Denn auch
das ist im Moment ziemlich unmöglich für die PädagogInnen, sich irgendwie noch
weiterzubilden. Dass danach Bedarf besteht, haben wir daran gesehen, dass die
Enquete sehr, sehr gut besucht war und dort das Interesse sehr groß war. Aber
da passiert einfach nichts, die Stadt Wien weigert sich, auch nur anzudenken,
wie da - was ich auch schon in der Rechnungsabschlussdebatte eingebracht habe -
die HelferInnen eingebunden werden können und wie die Aus- und Weiterbildung
der PädagogInnen funktionieren kann.
Für uns ist der Kindergarten eine ganz kleine
Bildungseinrichtung, das haben wir auch immer gesagt. Es ist schön, dass die
SPÖ jetzt auch draufkommt und es jetzt anscheinend vorwärts treibt. Aber es
stellt sich schon die Frage: Wenn der Kindergarten eine Bildungseinrichtung wie
die Schule ist - wir wollen ihn nicht verschulen, wir wollen kein Kurssystem,
wir wollen keine Prüfungen, nur ja nicht! -, wieso zahlt man für die Schule
nichts, für den Kindergarten schon? Ist er nun eine Bildungseinrichtung, ja
oder nein? Und muss man für Bildungseinrichtungen bezahlen, ja oder nein?
Wir sagen, es ist nicht einzusehen, dass für
Bildungseinrichtungen Beiträge gezahlt werden müssen, genauso wie wir nicht
wollen, dass es Schulgeld gibt, genauso wie wir nicht wollen, dass es
Studiengebühren gibt. Aber warum muss man dann für den Kindergarten Beiträge
zahlen, obwohl wir doch davon ausgehen, dass jedes Kind ein Recht auf einen
Kindergartenplatz hat? Es ist das Recht des Kindes und nicht das Recht der
Eltern, einen Kindergartenplatz zu haben, um somit jedem Kind die Möglichkeit
zu geben, seinen Entwicklungsbedürfnissen nachzukommen, und ihm seine Zeit, die
es für das Lernen braucht, auch zu geben. Die Antwort auf diese Frage ist die
SPÖ schuldig geblieben. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Herbert Madejski:
Zum Wort gemeldet ist Herr GR Walter Strobl. Ich erteile es ihm.
GR Walter Strobl (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und
Herren!
Die Frage "Bildung von Anfang an" ist
zweifelsohne ein Thema, das - und das ist das Spannende an der Sache -, seitdem
Nationalratsabgeordnete Dr Gertrude Brinek von der ÖVP dazu im Dezember eine große
Pressekonferenz gegeben hat, auch von der SPÖ‑Wien als Thema erkannt
worden ist. Es ist natürlich richtig, vom Kindergarten letztlich - das war der
Ausdruck - als einem Bildungsgarten zu sprechen und hier zu schauen, wie weit
man, über die Betreuungsfrage hinausgehend, auch pädagogische,
bildungspolitische Anliegen formulieren muss.
Aber wie sieht es in Wien tatsächlich aus, überhaupt
mit Fragen der Innovation und der Schulreform? Ich denke an die vorzeitige
Schuleinschreibung, ein Thema, das wir voriges Jahr im Herbst erstmals
aufgebracht haben. Die SPÖ hat das sowohl im Kollegium als auch hier immer
abgelehnt, und zwar mit fadenscheinigsten Erklärungen. Da hat man uns erklärt,
man kann ein Jahr vorher nicht die Schulreife feststellen. Das ist richtig, es
geht ja auch nicht darum, mit fünf Jahren die Schulreife festzustellen.
Aber es dürfte sich hoffentlich auch bis zur SPÖ
herumgesprochen haben, dass es eine Entwicklungspsychologie gibt, die gemäß dem
Alter entsprechende Entwicklungen sehr genau feststellen kann und Defizite,
falls solche vorhanden sind, durch Fördermaßnahmen bis zum Schuleintritt
hervorragend kompensieren kann. Das zeigen uns sämtliche ausländische
Beispiele. Die SPÖ sagt bis heute Nein. Aber die Bundesregierung hat gestern im
Unterrichtsausschuss einen Beschluss gefasst, dass diese Maßnahme nun
österreichweit empfohlen wird und kommen soll. Damit darf die SPÖ sozusagen im
Nachziehverfahren auch das noch tun, was wir schon voriges Jahr vorgeschlagen
haben.
Das letzte Kindergartenjahr gratis, das passt in
diesem Zusammenhang gut dazu. Warum das letzte Kindergartenjahr? Weil es als
vorschulische Maßnahme eine Einrichtung sein kann, um für jene Defizite, die
hier festgestellt werden - durchaus auch Sprachdefizite, also für jene Kinder,
die eben nicht Deutsch können -, ein Jahr lang die Vorbereitung
sicherzustellen, dass dann beim Schuleintritt die Sprache so weit beherrscht
wird, dass der Unterricht auch mitgestaltet werden kann. (Beifall bei der
ÖVP.)
All
diese Forderungen haben Sie in den letzten Monaten - wir haben das zum ersten
Mal bereits im Juni 2001 hier in diesem Haus zur Diskussion gestellt - immer
kategorisch abgelehnt. Jetzt diskutieren Sie es ja
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