Gemeinderat,
47. Sitzung vom 22.10.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 82
Es ist schon unerträglich genug, wenn ich mir dieses
Schönreden von Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ hier anhören muss, die
sich dem Problem überhaupt nicht stellen und von Phantasiezahlen reden, die
einfach eine glatte Lüge sind. Es ist aber fast noch unerträglicher, wenn der
Herr Strache hier dieses wichtige Thema “Schutz von Frauen vor Gewalt“ dazu
benützt, in diesem Gemeinderat wieder einmal Hetze gegen Asylwerberinnen, in
dem Fall gegen Sexarbeiterinnen und Prostituierte, zu machen. (Beifall bei
den GRÜNEN. – GR Heinz-Christan Strache: Ich werfe der Stadt vor, dass sie
selbst nicht tut, dass sie keine demokratische Kultur hat!) Ich rede mit Ihnen nicht, Herr
Strache.
Tatsache ist, dass die Mittel für die Interventionsstellen gegen Gewalt österreichweit heuer um 5 Prozent gekürzt wurden, dass der Verein “Autonome Österreichische Frauenhäuser“ heuer um 40 000 EUR weniger bekommt, was dazu führt, dass in beiden Stellen Kündigungen vorgenommen werden mussten und wahrscheinlich leider weiter Arbeitsplatzabbau betrieben werden muss beziehungsweise die Arbeitsbedingungen auch immer schlechter werden. Das hat dazu geführt, dass zum Beispiel die 24°Stunden-Hotline, die Schutz für Frauen vor Gewalt 24 Stunden rund um die Uhr bereitstellen soll, keine so genannten Doppelbesetzungen mehr machen kann, weshalb die Telefonleitungen ständig besetzt sind. Was das für Auswirkungen hat, brauche ich Ihnen hoffentlich nicht zu erzählen. Das führt dazu, dass eben ganze Bezirke – die Bezirke 1 bis 15 – nicht mehr betreut werden können. Da haben die Frauen keinen Schutz vor Gewalt. Das wird leider dazu führen – wir fürchten es –, dass vielleicht die Zahl der Wegweisungen durch die Polizei zurückgehen wird, dass der Schutz hier nicht mehr gewährleistet ist, weil man ja weiß, dass die Betreuungseinrichtungen nicht mehr so funktionieren, wie sie gerne funktionieren würden und funktionieren sollten.
Sie haben ein Ziel, werte Kolleginnen und Kollegen – es
fällt mir manchmal schwer, das zu sagen – von den Bundesregierungsparteien, Sie
haben ein Ziel, nämlich die autonomen Vereine, die aufmüpfigen Vereine und die
Vereine, die gut funktionieren, aber nicht unter Ihrer Kuratel stehen, die
nicht so funktionieren, wie Sie es gerne hätten, auszuhungern, ganz einfach
auszuhungern. Gleichzeitig bauen Sie auf Bundesebene Parallelstrukturen auf,
wofür Sie nicht einmal den Bedarf erheben, wo Sie die Wiener Vereine nicht
einmal kontaktieren, sodass die dann wirklich den Bach hinuntergehen, so wie
die so genannte Hotline, die noch Justizminister Böhmdorfer eingerichtet hat,
wo wirklich kein effektiver Schutz für Frauen vor Gewalt gegeben ist.
Aber ich möchte die Aktuelle Stunde hier auch dazu
nützen, um auf ein Thema zu kommen, wo Wien Handlungsspielräume hat, wo es um
Schutz von Frauen vor Gewalt in Wien geht, und das ist der Psychoterror, der
sich – mittlerweile seit Jahren, muss man sagen – vor den Abtreibungskliniken
abspielt, ein Psychoterror, den man auch so benennen kann. Es hat hier schon
eine Reihe von Klagen gegeben, ob das Psychoterror ist oder nicht. Ja, es ist
Psychoterror. Frauen werden systematisch von radikalen Abtreibungsgegnern und
leider auch -gegnerinnen vor Abtreibungskliniken angehalten, sie werden
bedroht, sie werden zum Teil sogar physisch bedroht. Zum Teil hat es schon
entführungsähnliche Fälle gegeben, wo man die Frauen aufgefordert hat, in so
genannte Beratungseinrichtungen zu kommen und eben nicht den
Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, weil angeblich vorher eine Beratung nötig
wäre. Diese Frauen wurden dann drangsaliert, indoktriniert, hatten auch schwere
psychische Schäden.
Seit Jahren passiert hier leider sehr wenig. Es
stimmt schon, dass die Hauptverantwortung oder die Hauptmöglichkeiten in diesem
Bereich wieder einmal beim Bund liegen würden, zum Beispiel mit einer Änderung
des Sicherheitspolizeigesetzes oder auch des Strafgesetzes, aber auch Wien hat
hier Handlungsmöglichkeiten. In anderen Ländern und Städten zum Beispiel wird
so etwas schon gemacht. Frankreich und Kanada haben Möglichkeiten ergriffen,
weil ja diese Abtreibungsgegner und -gegnerinnen weltweit sehr, sehr gut
vernetzt sind und auch finanziell relativ potent sind, weil sie international
finanziell starke Geldgeber haben. Das heißt, es ist nicht sehr leicht, mit
herkömmlichen Mitteln gegen die Abtreibungsgegner und -gegnerinnen vorzugehen.
Andere Länder machen das. Sie haben eine so genannte Schutzzone, besser bekannt
vielleicht unter dem Namen "Bannmeile", vor Abtreibungskliniken
eingerichtet.
Wir denken – und wir sehen das auch am Beispiel in
anderen Ländern –, dass so eine Schutzzone dringend notwendig wäre, um den
freien Zugang für Frauen zu medizinischen Leistungen und auch den Schutz für
Frauen in Krisensituationen zu gewährleisten. (GR Heinz-Christian Strache: Bei Prostitution wollen Sie das nicht!)
Ich denke, dass Wien hier Handlungsspielräume hat. Ich freue mich, dass StRin
Wehsely auch medial schon grundsätzlich Unterstützung für diesen Vorschlag
geäußert hat. Der Verein österreichischer Juristinnen hat bereits einen
Textvorschlag vorgelegt. Wir finden, dass es im Handlungsspielraum der Gemeinde
Wien liegt.
Wir haben heute auch einen entsprechenden
schriftlichen Antrag gestellt, der dem Ausschuss zugewiesen wird, und wir
hoffen, dass auch in diesem Bereich der Schutz von Frauen vor Gewalt in Wien in
nächster Zeit verstärkt wird. – Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN und bei Gemeinderäten der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Lakatha
gemeldet.
GRin Ingrid Lakatha
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Damen und Herren!
Frau GRin Vana, auch wenn ich
nichts schönreden oder alles gutreden werde, hoffe ich, dass Sie mir trotzdem
zuhören, wenn Sie es auch nicht sehr gerne tun. Ich bewundere an und für sich
den Mut der SPÖ, dass sie immer die Bundesregierung angreift und dass sie auch
den Mut hat, dieses Thema für diese Aktuelle Stunde zu nehmen. Haben Sie bitte
vergessen, dass jahrzehntelang sozialdemokratische Finanzminister für das
Budget zuständig waren und das Geld mit vollen Händen
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