Gemeinderat,
45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 93
Pflegegeldstufe ich habe. In Zukunft wird das der
Fonds Soziales Wien betreuen, wobei ich mir da noch nicht sicher bin, wie das
wirklich ausschauen kann und ob ich das mir dann auch noch leisten kann. (GRin Erika Stubenvoll: Es ändert sich ja
nichts!) Ich glaube aber auch nicht so euphorisch daran, dass man die
Menschen in ganz großem Ausmaß zu Hause behalten kann. Ich habe damit Probleme,
denn das gibt auch Probleme. Von 24 Stunden, da gehe ich mit den
Sozialdiensten d'accord, kann ich vielleicht drei Stunden Betreuung bekommen, 21 Stunden
bin ich allein. (GRin Martina LUDWIG: Tageszentrum!)
Tageszentrum: Habe ich mir angeschaut. Ich sage Ihnen
ehrlich, ich hasse Basteln. Ich will dort nicht basteln. (GRin Martina LUDWIG: Das müssen Sie ja auch nicht! Es zwingt Sie ja
niemand!) Ich meine, ich will vielleicht, wenn ich noch kann, Ausflüge
machen. Ich habe auch gefragt, ob es noch irgendeine Mitsprache oder eine
Mitgestaltung gibt. Nein! Ich war ganz erstaunt. Damit habe ich schon ein
Problem.
Die Vereinsamung ist sicher ein Problem. Ich würde
sagen, auch die Sicherheit im hohen Alter, denn auch da wissen wir, dass das
ein Problem werden kann. Es sind aber auch die Wohnungen für die mobilen
Betreuungsdienste ein Problem, denn diese Wohnungen sind oft nicht
ausgestattet, dass sie die Bedürfnisse einer mobilen Pflege wirklich decken
können. Hier sind wirklich die finanzielle Hilfe und ausreichende Information
über Adaptierungsmöglichkeiten einer Wohnung gefordert, und zwar nicht erst,
wenn man alt und gebrechlich ist, weil dann fange ich sicher nicht an
umzubauen.
Vielleicht kann ich in eine betreute Wohngemeinschaft
ziehen. Davon gibt es, glaube ich, noch nicht genug. Leider hat man das
Programm abgebrochen. Es werden zwar sukzessive welche eingerichtet, aber immer
noch nicht genug. Man hat auch da einen Antrag an Wiener Wohnen gestellt. Dort
hat es geheißen: "Das ist nicht unser Problem. Das ist das Problem der
MA 15A." Ich meine auch hier, man sollte sich vielleicht einmal
ressortübergreifend zusammensetzen, weil sonst schiebt das eine Abteilung auf
die andere.
Ich kann weiters in ein Geriatriezentrum gehen, wenn
ich schon sehr pflegebedürftig bin. Die Umfragewerte dazu sind, 72 Prozent
sind nicht zufrieden und 57 Prozent sehen sogar einen großen
Verbesserungsbedarf. Seit Monaten verfolgen wir dieses Thema. Im Pflegebereich
bedarf es dringend einer politischen Entscheidung. Das ist ganz klar. Wir haben
auch daran gearbeitet. Darüber will ich dann noch an anderer Stelle sprechen.
Dringend notwendig sind die Umsetzung neuer Pflegekonzepte, neue Raumkonzepte,
mehr Pflegepersonal, mehr Kontrolle, mehr Medizin, weniger Medizin und mehr
Pflege, ein einheitliches Pflegeheimgesetz und die Pflegemilliarde vom
Bürgermeister.
Ich gehe zum Beispiel d'accord mit meiner Kollegin,
Frau Dr Pilz, wenn sie sagt, so wie das GZW ist, möchte dort niemand mehr hin
und das ist keine Pflegeheimstelle für die Zukunft. Ich habe eine andere Idee.
Machen Sie Schwerpunktstationen. Es ist am Rande des Wienerwalds. Dort wäre ein
Pflegekonzept mit Tiertherapie oder mit Gartentherapie möglich. Das wäre doch
eine Möglichkeit. Das umzusetzen, ist in Wien übrigens dringend notwendig.
Was wünschen sich die SeniorInnen von morgen? -
Finanzielle Unterstützung, wenn sich im Haus ältere Menschen zusammenschließen
und gemeinsame Betreuung einstellen wollen. Eine Wohnbörse ebenso für Menschen
mit Eigeninitiative …
Vorsitzender GR Günther Reiter
(unterbrechend): Frau Kollegin Cordon, ich muss Sie jetzt leider
unterbrechen. Sie haben selbstverständlich nachher noch die 10 Minuten.
Aber es ist jetzt 16 Uhr, meine sehr geehrten Damen und Herren ... (GRin Waltraud Cécile Cordon: Ich habe
nachher noch die Redezeit?) Wie gesagt, nachher haben Sie noch Ihre
10 Minuten, das ist völlig klar.
Es gelangen nunmehr die Postnummern 93 und 94 der
Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betreffen den Bericht der gemeinderätlichen
Untersuchungskommission bezüglich "Gravierende Missstände bei der Pflege
von alten Personen und Personen mit Behinderung im Verantwortungsbereich der
Gemeinde Wien" und den Minderheitsbericht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem
Zusammenhang ist es mir eine Ehre, den Vorsitzenden der
Untersuchungskommission, Herrn Hofrat Dr Körber, in unserer Mitte zu sehen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Ich bitte den
Berichterstatter, Herrn GR Deutsch, die Verhandlungen einzuleiten. Seine
Redezeit ist mit 45 Minuten begrenzt.
Berichterstatter GR Christian Deutsch:
Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Gemäß § 59a der Verfassung der Bundeshauptstadt
Wien kann der Gemeinderat zur Überprüfung der Verwaltungsführung der einer
politischen Verantwortlichkeit unterliegenden Organe der Gemeinde im eigenen
Wirkungsbereich eine Untersuchungskommission einsetzen. Diese Untersuchungskommission
hat die Aufgabe, in einem behördlichen Verfahren den Sachverhalt zu ermitteln
und dem Gemeinderat Bericht zu erstatten. Sie wissen, die Einsetzung einer
Untersuchungskommission stellt ein Minderheitenrecht dar, wie es auf Bundesebene
nicht existiert.
In der Sitzung des Gemeinderates vom 24. September
2003 wurde die Untersuchungskommission betreffend "Gravierende Missstände
bei der Pflege von alten Personen und Personen mit Behinderung im
Verantwortungsbereich der Gemeinde Wien" eingesetzt. Anlässlich der
Konstituierung, die am 23. Oktober 2003 stattgefunden hat, stellte der
Vorsitzende klar, dass es nicht die Aufgabe der Untersuchungskommission ist,
zivil-, disziplinar- oder strafrechtliche Verantwortung einzelner Personen festzustellen.
Es geht auch nicht darum, aus einzelnen Missständen abzuleiten, dass der sicher
verantwortungsvolle und sehr schwierige Beruf des Pflegepersonals insgesamt
versagt hätte. Es ist aber die Aufgabe der Untersuchungskommission, angeführte
oder behauptete Missstände zu verifizieren und festzustellen, ob für all das
eine politische Verantwortung gegeben sei.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular