Gemeinderat,
45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 93
Die Menschen sind entrechtet, die Menschen haben
weniger Mitsprache- und Selbstbestimmungsmöglichkeiten als Häftlinge in
Strafanstalten. Die Heimordnung, die StR Rieder erlassen hat, entrechtet sie,
gibt ihnen Pflichten und keine Möglichkeiten. (GR Godwin Schuster: Ungeheuer
ist das, so was von ungeheuer!)
Das
Personal leidet unter zynischer Abwertung, es gilt als Strafversetzung, wenn
man in die Geriatrie muss. (GR Dr Kurt
Stürzenbecher: Dümmlicher geht es gar nicht mehr!) Und der Abwertung des
Personals entspricht die Abwertung der Menschen, die dort leben. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das ist eine
Endstation!)
Lainz ist
eine Endstation für 300 Menschen, die dort, weil sie nicht alt sind und
weil sie nicht gebrechlich sind, nichts verloren haben. Sozialfälle, von denen
die Stadtverwaltung ihre politische Verantwortung abwendet und sagt, wenn sie
in Lainz sind, dann wird man wohl nichts mehr hören.
Zu Beginn
der Untersuchungskommission war ich der Ansicht, offensichtlich muss die SPÖ
erst durch einen tragischen Fall, durch einen Todesfall, aufgerüttelt werden.
Und schlimm genug, am Ende unserer Untersuchungskommission gab es diesen
Todesfall. Auf einem versperrten Dachboden ist in Lainz ein Mensch elendiglich
zugrunde gegangen. (GR Rudolf
Hundstorfer: Wissen Sie, wie das zustande gekommen ist!) Sollten wir jetzt
meinen, dass die SPÖ daraus lernt, und dass daraus irgendeine Art von
Erkenntnis erwächst? Mitnichten!
Um nicht weitere Erhebungen machen zu müssen, hat man
uns mitgeteilt: “Wissen Sie, es ist so, wenn jemand abgängig ist in Lainz, dann
wird er nach drei Tagen als entlassen geführt.“ Stellen Sie sich vor, da kämpft
ein Mensch auf dem Dachboden im Geriatriezentrum Am Wienerwald um sein Leben
und inzwischen entlässt ihn die Hausverwaltung als entwichen.
Entwichen, meine Damen und Herren! Diese Fakten
motivieren die SPÖ nicht etwa hinzuschauen. Nichts gesehen, nichts gehört und
schon gar nichts kapiert, das ist die Devise. (GR Rudolf Hundstorfer: Sagen Sie der Staatsanwaltschaft, dass sie
nichts arbeitet!) Das ist ein demokratiepolitisches Lehrstück. Man hat es
nicht für nötig gehalten, weitere Fragen zu stellen. Man hat abgedreht, man hat
abgewunken, man hat nichts wissen wollen und einen Persilschein ausgestellt. (GR Godwin Schuster: Das ist widerlich,
widerlich ist das!) Und während wir hier debattieren, diskutiert die
Aktionsplattform für die Sozialdienste auf dem Rathausplatz, weil Sie Ihre
soziale Kälte auf alle Organisationen ausdehnen, weil es für das Personal in
den Sozialen Diensten und die Betroffenen nicht mehr möglich ist, sich zu
verlassen, dass die SPÖ in Wien für ordentliche Lebens- und Arbeitsbedingungen
der Menschen in den sozialen Berufen sorgt. Ein Abgesang an Demokratie, es
öffnet sich der Eiskasten des sozialen Bewusstseins der SPÖ. Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als
nächster Redner ist Herr Dr Serles gemeldet.
GR Dr Wilfried Serles (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Der sympathische Herr Deutsch hat es fast erreicht,
dass der SPÖ-Fraktion in der Untersuchungskommission so was wie ein
Etikettenschwindel gelungen wäre.
Vordergründig konstruktiv, verbindlich, pragmatisch,
der sympathische Herr Deutsch. Der sympathische Herr Deutsch konnte aber nicht
verhindern, dass die SPÖ in dieser Untersuchungskommission zweimal ihr wahres
Gesicht gezeigt hat; das erste Mal gleich zu Beginn der
Untersuchungskommission. Da hat die SPÖ-Fraktion keinen geringeren als den
mächtigsten Personalvertreter und Gewerkschafter in das Team nominiert, den
Herrn Kollegen Hundstorfer. Der Herr Kollege Hundstorfer hat es geschafft, dass
uns viele Zeugen ganz einfach abgesagt haben.
Sie haben uns abgesagt, weil sie sich nicht getraut
haben, die Wahrheit auszusagen, weil sie Angst davor hatten, in Lainz ins
letzte Kammerl abgeschoben zu werden, weil sie vor dem langen Arm der
Personalvertretung und der Gewerkschaft Angst hatten und weil sie sich vor
beruflichen und persönlichen Repressionen gefürchtet haben. Das war das erste
Mal. (Beifall bei der FPÖ und der ÖVP. – GR Kurt Wagner: Das glauben Sie
doch selber nicht!) Das war das erste Mal, wo die SPÖ-Fraktion ihr wahres
Gesicht gezeigt hat.
Und es gab ein zweites Mal, das war kurz vor Schluss
der Verhandlungen, als die SPÖ einfach und grundlos Zeugen ablehnte, die
Untersuchungen nicht zu Ende führte, sich nicht darum gekümmert hat, was in
Baumgarten und Liesing passiert ist, sich nicht darum gekümmert hat, welche
Zeugen da überhaupt noch genannt worden sind, vom Rechnungshofpräsidenten
abwärts, und weitere Sitzungen einfach nicht mehr zugelassen hat und darüber
hinaus mit einem ganz üblen Trick versucht hat, auch einen Minderheitenbericht
umzubringen. Nämlich dadurch, dass innerhalb von 24 Stunden völlig
überraschend und überfallsartig die nächste und letzte Sitzung der
Untersuchungskommission vom Vorsitzenden, der mit der SPÖ bis an die Grenze der
Befangenheit kooperiert hat, einberufen wurde. (GR Godwin Schuster: Das war öffentlich!)
Meine Damen und Herren von der SPÖ, ich bin glücklich
darüber, dass es Ihnen trotz dieses üblen Tricks nicht gelungen ist, den Minderheitenbericht
zu verhindern und dass es Ihnen nicht gelungen ist, dass die Wahrheit über
Lainz geschrieben wurde und nachzulesen ist, Herr Kollege Schuster. (Beifall bei der FPÖ und der ÖVP. - GR
Godwin Schuster: Ihr hättet ja sechs Wochen Zeit gehabt!) Herr Kollege
Schuster, Sie und Ihre Fraktion haben leider Ihre Lektion nicht gelernt, Sie
und Ihre Fraktion haben leider die Lektion aus Lainz nicht gelernt. Sie gehen
mit der Opposition in diesem Haus genauso fahrlässig und sorglos um, wie mit
den alten Menschen in Lainz, selbstherrlich, diktatorisch und unsensibel. (Beifall bei der FPÖ und der ÖVP. – GR Kurt
Wagner: Ist das die Beschreibung des Lebensraumes!)
Und ich liefere Ihnen dazu drei
Beweise: Selbstherrlich deswegen, weil sich der langjährige Gesundheitsstadtrat
Sepp Rieder bisher für die Opfer von Lainz noch
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