Gemeinderat,
20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 106
der dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bürgermeister zum
Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Gemeinderat!
Der Herr Klubobmann der Österreichischen Volkspartei
hat heute am Vormittag schon mit einem Seufzer festgestellt, es ist Wahlkampf,
und ich kann den Seufzer nunmehr auch nachvollziehen. Abgesehen davon weiß ich
endlich, was der Herr Bundeskanzler gemeint hat, als er sich - in ähnlicher
Form übrigens wie ich - vor kurzem über Wahlkampfzeiten geäußert hat.
Und so gesehen erstaunt mich Ihre Anfrage auch nicht,
aber der Zeitpunkt jedenfalls dieser Anfrage sehr wohl. Wäre sie vor etwa einem
Jahr gekommen, so wie jene Anfrage der SPÖ im Nationalrat zum selben Thema,
hätte mich das weniger verwundert, denn schon damals, also zu einem Zeitpunkt,
als Herr Bundesminister Dr Bartenstein im Nationalrat erklärte, dass er nichts
von kurzfristigen Konjunkturprogrammen halte - Sie können dies im Protokoll der
81. Sitzung des Nationalrats vom 24. Oktober 2001 nachlesen -, hat
die Wiener Stadtregierung bereits intensive Analysen vorgenommen und über
treffsichere Maßnahmen beraten.
Während Herr Bundeskanzler Schüssel noch am
12.12.2001 in seiner Erklärung "Erfolgsmodell Österreich -
Standortverbesserung und Konjunkturbelebung" im Nationalrat sagte - ich
zitiere - : "Es ist völlig verfehlt zu glauben, als kleine Volkswirtschaft
die Konjunktur mit Milliardenausgaben allein bewegen zu können", hat die
Wiener Stadtregierung dies zumindest versucht, und ich denke, meine Damen und
Herren, dass es kein Versuch geblieben ist.
Am 14. Februar 2002 hat die Stadtregierung in ihrer
Klausurtagung ein Sonderinvestitionsprogramm für die Wiener Wirtschaft im Ausmaß
von 1 Milliarde S oder rund 72 Millionen EUR beschlossen.
Alleine der Wiener Krankenanstaltenverbund trägt dazu mit einem Bruttowert von
Investitionen und Instandhaltungsaufwendungen in der Höhe von zirka
40 Millionen EUR für wirtschaftsbelebende Maßnahmen bei - eine Maßnahme,
die übrigens hier in diesem Haus in der Sitzung des Gemeinderats am
27. Juni 2002 in Form einer Änderung des Wirtschaftsplans 2002 für den
Wiener Krankenanstaltenverbund einstimmig beschlossen wurde. Ein Großteil
dieser Beauftragungen, voraussichtlich im Ausmaß von mehr als 30 Millionen
EUR, wird dabei noch im Jahr 2002 zur Abrechnung gelangen.
Auch der restliche Magistrat, allen voran die Wiener
Schulverwaltung, der Bereich Umwelt und andere mehr, setzt mit zusätzlichen
Detailprojekten im Ausmaß von ebenfalls über 30 Millionen EUR alle Hebel
in Bewegung, um trotz einseitiger Rahmenbedingungen von Bundesseite wieder
einmal die "Quadratur des Kreises" zu ermöglichen.
Letztendlich ist es durch eine Summe geeigneter
Maßnahmen gerade in einer Zeit der wirtschaftlichen Stagnation gelungen, den
Investitionsmitteleinsatz der Stadt Wien entgegen den gegenläufigen Effekten
bei Bundesinvestitionen deutlich zu steigern und auf einen absoluten
Spitzenwert zu bringen. So wird nach derzeitiger Prognoserechnung die so
genannte Investitionsquote per Ultimo 2002 einen Wert von über
1 370 Millionen EUR, knapp 19 Milliarden S, erreichen. Dazu
kommen investive Ausgaben des Wiener Stadtwerkekonzerns von rund
580 Millionen EUR sowie der Unternehmung Wiener Wohnen von rund
130 Millionen EUR, in Summe mehr als 2 Milliarden EUR oder rund
29 Milliarden S.
Das bedeutet zusammengefasst eine Steigerung um
sensationelle 11,7 Prozent. Dabei sind weitere von der Stadt initiierte
und geförderte Projekte und Vorhaben, wie zum Beispiel St. Marx, Wiener Messe
und so weiter, noch nicht berücksichtigt.
Die Steigerung der Investitionsquote um
11,7 Prozent, meine Damen und Herren, ich denke, das spricht für sich und
das soll uns erst einmal jemand nachmachen.
So viel zu Ihrem Vorwurf der wirtschaftlichen Ignoranz
und Passivität.
Wenden wir uns nun der Arbeitslosigkeit am Bau zu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht,
ob ich Sie in der Tat beruhigen soll, aber die Arbeitslosenzahlen für Wien sind
seit dem letzten Sommer im Vergleich zum Vorjahr nicht angestiegen, wie Sie
wiederholt behaupten, sondern gesunken. Im Detail heißt dies, dass im August
dieses Jahres einer Steigerung der Arbeitslosigkeit auf Bundesebene von plus
8,9 Prozent eine Reduktion der Arbeitslosigkeit auf Wiener Ebene von
1,1 Prozent gegenüberstand und im September einer Erhöhung der
Arbeitslosigkeit auf Bundesebene um plus 7,6 Prozent eine Reduktion auf
Wiener Ebene von immerhin noch 0,1 Prozent.
Diese Fakten und Zahlen legen Beweis dafür ab, dass
die Wiener Strategie Erfolg hat.
Die Wiener Wirtschaft und der Wiener Arbeitsmarkt
zeigen Anzeichen einer beginnenden Erholung, und ich kann Ihnen versichern,
meine Damen und Herren, wir werden alles daransetzen, um diese sich anbahnende
Entwicklung noch zu verstärken.
Aber ich muss Ihnen eines auch sagen: Die Wirtschaftspolitik
der Bundesregierung oder eigentlich die Nichtwirtschaftspolitik, die
Nichtkonjunkturpolitik der Bundesregierung, machen unsere Bemühungen nicht
leicht. Selbst dort, wo man uns nicht schaden kann, versucht man unsere
sichtbaren Erfolge wegzureden, ganz gleichgültig, ob die sachliche Grundlage
dafür fehlt oder nicht.
Unsere klare Antwort auf alle Ihre Fragen lautet daher:
Die Wiener Stadtregierung hat bereits vor langer Zeit die Gewitterwolken am
Konjunkturhimmel aufziehen gesehen und sofort entschieden gehandelt. Sie wird
an dieser Linie unerschütterlich festhalten, sie wird mit der Wiener
Wirtschaft, mit den Wiener Arbeitnehmern und mit der Wiener Bevölkerung an
einem Strang ziehen, ganz gleichgültig, ob gemeinsam mit einer neuen Bundesregierung
oder gegen eine neue Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)
Erlauben Sie mir nun, zu den Detailfragen Folgendes
auszuführen:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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