Gemeinderat,
20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 106
vergisst immer den gelaufenen Teil betreffend Donaustadt -
drinnen sein, und ich muss sagen, sehr geschätzte Damen und Herren von der
Österreichischen Volkspartei, das ist für mich unvorstellbar: Dezentralisierung
von Pensionistenwohnhäusern, Dezentralisierung des Verbands Wiener
Volksbildung, Dezentralisierung von Bibliotheken - also offenbar nach dem
Motto: Sag mir, wo du wohnst, und ich sage dir, welches Buch du in der
Bibliothek bekommst! - Ich könnte diese Liste jetzt noch fortsetzen.
Sie wollten das Wiener Wohnen dezentralisieren, die
Wiener Linien dezentralisieren - ich will das Ganze nicht mehr weiter ausbreiten,
ich muss damit aufhören, denn das würde dann bedeuten: Radweg -
19. Bezirk: keiner. Aber bei den Wiener Linien wäre es dann gefährlich: Wo
fahren sie und wo nicht?! - Entschuldigen Sie, das nehme ich, bitte, jetzt
zurück. Ich möchte nicht polemisch werden.
Das sind Dinge, meine Damen und Herren, die nicht im
Sinne einer Dezentralisierung sind. Das ist Zerschlagung von Grundwerten einer
sozialdemokratisch geführten Stadt. Für das stehe ich nicht! Sonst bin ich,
wenn ich von meinem Klub dazu beauftragt werde, sehr gerne bereit,
Verhandlungen über Dezentralisierung in jeder Form wieder aufzunehmen. Man muss
den Gedanken dazu nur einen entsprechend großen Spielraum einräumen -
vielleicht gibt es etwas! Nur: Da steht auch nichts! Da steht nur: "Im Sinne
des ... ", und das ist ein bisschen zu wenig, hier einfach nach dem Motto
vorgehen zu wollen: Macht irgendwer etwas, wenn ihr irgendwie wollt!
Zum Thema Radwegenetz habe ich mir bereits erlaubt,
Herr Berichterstatter, etwas zu sagen, und ich darf dazu nur noch anmerken,
dass der damalige VBgm Dr Görg die Brigittenau als Musterbezirk für Radwege
genannt hat. Ich möchte das noch zu meinen Ausführungen hinzufügen.
Meine Damen und Herren! Aus meiner Sicht liegen die
Dinge so, dass man sich sehr genau ansehen muss, ob es Aufgabenübertragungen an
die Bezirke gibt, die im ersten oder zweiten Dezentralisierungsschritt
eigentlich nicht vorgesehen waren und die Geld kosten! Hier ist sehr sorgsam
aufzupassen. Natürlich war dieser Brief von der MA 42 etwas, was mir auch
nicht gefallen hat. Das werde ich aber grundsätzlich einmal nur zur Kenntnis
nehmen, es begründet für mich noch keinen Handlungsbedarf. Ich werde hiezu,
zumindest von meiner Warte aus, sicherlich keine Zustimmung geben können.
Mir ist es jedoch lieber, wenn ich Informationen
schon lange im Voraus bekomme und nicht erst dann, wenn die Dinge unmittelbar
bevorstehen. Erst vor einer Woche haben Kollege Karl Homole und ich einen Brief
an die Magistratsdirektion geschrieben und ganz einfach auch Protest erhoben
über Dinge, die bisher nicht bekannt waren, nämlich die Übernahme von
Flugblattkosten. Das ist doch überhaupt keine Frage!
Ich sage nochmals ein grundsätzliches Danke für die
Dinge, auch - in der schwierigen finanziellen Position, in der sich die Stadt
Wien derzeit befindet - ein Danke für die 3 Millionen EUR. Für mich wird
aber grundsätzlich der Verhandlungsspielraum mit dem sehr geschätzten Herrn
Finanzstadtrat ab 1. Jänner 2003 beginnen - im Sinne einer gut verwalteten
Stadt und im Sinne einer guten Dezentralisierung, die den Bezirken, die
verstehen, damit umzugehen, viel gebracht hat. Die Brigittenau kann's und viele
andere natürlich auch. - Entschuldigen Sie, dass ich hier sage, die Brigittenau
kann's! - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als
Nächste ist Frau GRin Jerusalem zum Wort gemeldet. - Bitte.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub
im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich spreche jetzt nicht über Dezentralisierung,
sondern knüpfe ein bisschen auch an die Aktuelle Stunde an. Da man in der
Aktuellen Stunde ja keine Anträge einbringen kann, benütze ich den jetzigen
Tagesordnungspunkt, der sich ja auch mit dem Thema Schule befasst, dazu, diese
Anträge einzubringen.
Ich habe Ihnen heute in der Früh gesagt, dass ich
eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie habe. Über die schlechte habe
ich schon gesprochen; jetzt sage ich etwas zur guten Nachricht, zu der ich bei
meinem Debattenbeitrag am Vormittag - bei einer Redezeit von kargen 5 Minuten
- gar nicht mehr gekommen bin.
Die gute Nachricht lautet: Wir können der Leseunlust
und dem Analphabetismus durchaus etwas entgegensetzen. Die Politik kann etwas
tun und die Politik muss etwas tun! Um die Zeit nicht über Gebühr in Anspruch
zu nehmen, möchte ich gleich zur Sache kommen und Ihnen zwei Vorschläge machen,
indem ich zwei Anträge einbringe, wobei ich sehr hoffe, dass diesen Anträgen
dann auch alle zustimmen können.
Mein erster, gemeinsam mit Christoph Chorherr und
Claudia Sommer-Smolik eingebrachter Antrag lautet:
"1. Wien macht eine umfassende Lesekampagne, die
von Fachleuten erarbeitet und den GemeinderätInnen zur Ansicht vorgelegt werden
soll.
2. Die Daten der PISA-Studie werden als Grundlage für
Innovationen verwendet. Es wird daher abgeklärt, welche Maßnahmen anderer
Länder erfolgreich und nachahmenswert sind.
3. Die Kampagne soll alle relevanten
gesellschaftlichen Bereiche wie Familie, Kindergarten, Schule,
Jugendeinrichtungen, Erwachsenenbildung und Volkshochschulen umfassen.
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung dieses Antrags."
Mein zweiter Antrag befasst sich mit der doch sehr
betrüblichen Nachricht, dass unter den 15- bis 16-Jährigen - und es ist unter
den Erwachsenen überhaupt nicht anders! - ungefähr - das ist jetzt ein bisschen
aufgerundet - 18 bis 20 Prozent der Menschen in Wien beziehungsweise in
Österreich entweder nicht oder ganz schlecht lesen können oder aber nicht dazu
in der Lage sind, dem Gelesenen die notwendigen und richtigen Informationen zu
entnehmen, und schon gar nicht in der Lage sind, das Gelesene auch zu
interpretieren. Ich denke, damit kann sich Wien nicht zufrieden geben, und ich
denke, alle, die das genau studiert haben oder auch
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