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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 106

 

wiederum deutliche Einsparungen, Nichteinhaltungen von Zusagen bei wichtigen in Wien liegenden Institutionen, was zum Beispiel dazu geführt hat, dass wir auch beim Filmmuseum eingesprungen sind, weil sonst das Filmmuseum im allgemeinen Bauschutt der Albertina-Umbauten einfach zugeschüttet worden wäre.

 

Lassen Sie mich noch einige Beispiele kleinerer kritischer Kulturinstitutionen anführen. Etwas ganz Aktuelles ist zum Beispiel das Depot. Diese Einrichtung war ursprünglich auch ein Bundesprojekt, und obwohl das der Fall war, musste die Stadt Wien im heurigen Jahr mit rund 72 000 EUR einspringen, weil die Jahressubvention des Bundes im Mai noch immer nicht beschlossen war. Und nun stellt sich auch noch heraus, dass in der Folge die Kunstsektion des Bundeskanzleramts ihre Subvention um eben diesen von uns geleisteten Betrag gekürzt hat. Also wir springen deshalb ein, weil der Bund nichts zahlt, und daraufhin zahlt der Bund erst recht nichts. (StRin Karin Landauer: Sie springen überhaupt nicht ein!) Einmal mehr ... (StRin Karin Landauer: Das ist Steuergeld!) - Na wir, die Wienerinnen und Wiener, springen dafür ein, dass der Bund für Wiener Institutionen nichts zahlt oder sich heraushält. (StRin Karin Landauer: Sie springen nicht ein, das ist Steuergeld! - StR Dr Peter Marboe: Das ist hinausgeworfenes Geld!)

 

Herr StR Marboe, habe ich gehört, das ist hinausgeworfenes Geld für das Depot? (StR Dr Peter Marboe: Ja, denn der Bund hätte gezahlt!) Der Bund hat gekürzt, hat nichts gezahlt (StR Dr Peter Marboe: Das stimmt ja nicht!) und wir springen daraufhin ein. (StRin Karin Landauer: Das ist alles Steuergeld!) Einmal mehr erwarten wir vom Herrn Staatssekretär Morak, dem großen Schweiger - aber das hat er von seinem Chef gelernt -, eine Antwort, Aufklärung.

 

Neben dem Depot sind an dieser Stelle auch andere Institutionen wie basis wien, Public Netbase, kosmos.frauenraum, das Künstlerhaus, das Filmmuseum und und und zu nennen. Alles Kulturinstitutionen, meine Damen und Herren, die für Wien wichtig sind und die in ihrer Existenz durch das Austrocknen von Fördermitteln gefährdet sind.

 

Die Kürzungen machen jedoch auch vor anderen größeren, wichtigen Institutionen nicht Halt. (GR Dr Matthias Tschirf: Herr Vorsitzender! Ist das noch eine Anfragebeantwortung?) Jüngstes Beispiel, meine Damen und Herren, ist das Jüdische Museum. Das Jüdische Museum Wien, seit Jahr und Tag zwar hauptsächlich von der Stadt Wien unterstützt und gefördert, aber auch vom Bund mit einem Betrag von immerhin 5 Millionen S, wartet bis heute auf den Betrag, den es über die Jahre immer gegeben hat. (GR Dr Matthias Tschirf: Was ist die Beantwortung?) Ich würde gerne Ihre Aufregung hören, wenn es um diese Institution des Jüdischen Museums geht und man tut so, als ginge einen das nichts an (GR Walter Strobl: Denk an den Kopietz! Der will sich schon niedersetzen!), denn von den 5 Millionen S, die bisher als Bundesbeitrag üblich waren, sind heuer erst 1,5 Millionen S geflossen. (GR Walter Strobl: Der Kopietz kriegt schon einen Krampf in den Füßen! Du kriegst auch einen Krampf!) Diese Energie, die Sie hier für Zwischenrufe aufwenden, wäre ganz gut und wohl angebracht für Anfragen an die Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ. - StRin Karin Landauer: Gott sei Dank, dass von der SPÖ einmal applaudiert wird!)

 

Die Frage, meine Damen und Herren, die ich von Ihnen gerne beantwortet hätte: Steht diese Bundesregierung zum Jüdischen Museum oder nicht? - Und wenn das so ist, dann soll sie eben auch den Mut haben, klar zu sagen, dass sie das nicht tut.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beispiele für den systematischen Rückzug dieser Bundesregierung aus der Kulturförderung ließen sich lange und beliebig fortsetzen. Die Zahlen, Daten und Fakten sprechen leider für sich. Was als Konsequenz all dessen für die Stadt jedoch noch hinzukommt, ist das damit verschlechterte Kulturklima. Auffallend ist ganz allgemein, dass von den Kürzungen besonders Institutionen betroffen waren und sind, die sich gegenüber der Regierung kritisch verhalten, und hinzuweisen ist wohl auch noch darauf, dass die Resignation der Künstlerinnen und Künstler angesichts verschlossener Polstertüren und einfach der Gesprächsverweigerung kaum mehr zu überbieten ist. Dieses Klima der Unsicherheit und der Angst lässt viele Künstler, die eigentlich über lange Jahre auch in der Bundesregierung einen Dialogpartner hatten, so sie nicht resignieren, in Wien den Dialogpartner suchen und finden.

 

Kürzungen, wohin man schaut (StR Dr Peter Marboe: Wo denn?), Gesprächsverweigerung, wohin man schaut. Das Schlimmste aber, meine Damen und Herren, ist die völlige Perspektivenlosigkeit. (GR Dr Matthias Tschirf: Sie haben keine Perspektive!) Die Kulturpolitik dieser Bundesregierung stellt sich nicht einmal die Frage, wohin es gehen soll. Sie trägt damit etwas zu Grabe, was über Jahrzehnte aufgebaut wurde: dass Politik Kunst ermöglichen und nicht behindern soll. (Beifall bei der SPÖ. - GR Walter Strobl: Sie sollten die Frage kurz beantworten, aber keine Wahlkampfrede halten! Die Container sind nicht da!)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Meine Damen und Herren! Ob eine Anfrage kurz zu beantworten ist oder die Beantwortung etwas länger dauert, ist immer auch eine Frage der Interpretation. (Beifall bei der SPÖ.) Ich gehe davon aus, dass der amtsführende Stadtrat auf Grund der Fundiertheit der Frage eine längere Beantwortung für notwendig erachtet hat. (Beifall bei der SPÖ. - Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

 

Ich darf Folgendes bitten: Wissend, dass wir einige Tage vor unserer Nationalratswahl stehen, wissend, dass natürlich jeder der hier Anwesenden versucht, gewisse Botschaften zu transportieren (StR Dr Peter Marboe: Aber nicht nur Parteipolitik!), darf ich alle Anwesenden auch um einen gewissen Stil bitten. (StR Dr Peter Marboe: Das war nur Parteipolitik! Nur Parteipolitik!) Ich glaube, die Kulturpolitik hat sich kein Sammelsurium an Zwischenrufen verdient, sondern die Kulturpolitik hat sich verdient, dass man zuhört. (StR Dr Peter Marboe: Und eine Beantwortung! Das war nur Parteipolitik!

 

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