Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 111 von 145
Und apropos Anträge, da bin ich beim Wolfgang Ulm und seinen
Ausführungen. Also lieber Wolfgang Ulm, du hast dich nach wie vor zur Öffnung
von Gemeindebauten bekannt. Ich freue mich darauf, dass die Wiener ÖVP
höchstwahrscheinlich unserem Antrag morgen dann auch zustimmen wird. Wir werden
sehen. Wir werden sehen, inwieweit nämlich von hier nicht die große Lippe
geschwungen wird und dann aber das Händchen unten bleibt oder ob es sich doch
erhebt und beweist, dass Sie es doch ernst meinen, wenn Sie herkommen und ganz,
ganz groß verlangen, der Gemeindebau möge geöffnet werden. Wie gesagt, wir
werden das morgen erleben.
Zweiter Punkt Wahlrecht: Lieber Wolfgang Ulm, du bist
Jurist und als Jurist weißt du ganz genau, dass die Frage der öffentlichen
Ämter auch eine Auslegungsfrage ist. Und genau darum und um nichts anderes
dreht sich die Debatte der Juristen derzeit, wenn es darum geht, ist jetzt das
passive Bezirkswahlrecht für MigrantInnen konform mit der Verfassung oder ist
es das nicht. Die Frage ist, selbstverständlich gibt es in der Verfassung eben
den Inländervorbehalt, der ja besagt, dass öffentliche Ämter nur von österreichischen
Staatsbürgern zu bekleiden sind. Aber erstens ist dieser Inländervorbehalt
längst dadurch relativiert, dass EU-Bürger auf der Bezirksebene bereits diese
Ämter bekleiden dürfen, denn es gibt keine Einschränkung, die besagt, EU-Bürger
dürfen nicht Bezirksvorsteher oder Bezirksvorsteherin werden, und es gibt keine
Einschränkung, die besagt, sie dürfen nicht in die Baukommission, in den Bauausschuss
des Bezirks nominiert werden. Wir haben übrigens schon eine EU-Bürgerin in
einem Bauausschuss im 16. Bezirk nominiert. Also wenn das schon für
EU-Bürger gilt, sagen mir die Juristen, ist der Inländervorbehalt bereits
relativiert, denn auch EU-Bürger sind erstens einmal Ausländer.
Zweitens einmal stellt sich hier die Frage, wie
gesagt, wie viel Kompetenzen braucht man, damit es tatsächlich ein Amt ist. Und
das wirst weder du entscheiden, noch ich entscheiden. Das entscheidet
vielleicht traurigerweise tatsächlich der Verfassungsgerichtshof, denn es wirkt
schon so, wie wenn ihr wirklich bitter entschlossen wäret, das dort auch
anzufechten.
Aber was mich schon sehr wundert und mich extrem
enttäuscht von der Wiener ÖVP, ist, dass Sie, Sie alle vor ein paar Jahren noch
die Ausländerbeiräte mit der Begründung abgelehnt haben: Sie wollen das Wahlrecht.
Sie haben sich hier hergestellt und haben gesagt: Ausländerbeiräte sind
Scheindemokratie, das lehnen Sie ab, Sie bekennen sich zum Wahlrechtsprinzip,
denn nur durch das Wahlrecht hat man echte Demokratie hergestellt. Und dann
können Sie herkommen und das richtig stellen, ja! Aber ich mache mir die Mühe,
ich habe mir nämlich die Protokolle aller Rechnungsabschlussdebatten und aller
Budgetdebatten der letzten Jahre, immer wenn sie gekommen sind, aufgehoben,
weil es mich immer sehr, sehr interessiert hat, auch zu sehen, was die verschiedenen
Leute wollen, wie sie stehen und wie sie sich weiterentwickeln.
Und ich stelle schon bei der Wiener ÖVP eine äußerst
bedauernswerte Entwicklung fest. Denn da, wo wirklich auch meinetwegen
indirekte Bekenntnisse zum Wahlrecht Ihrerseits waren, ist jetzt nichts mehr.
Nichts mehr! Beiräte wollen Sie nicht, weil die sind Scheindemokratie. Die
wahre Demokratie wollen Sie nicht, weil die nur für die Inländer ist. Und dann
vergießen Sie auch noch Krokodilstränen über die BezirksrätInnen zweiter
Klasse! Na wirklich, also das ist eine traurige Bilanz! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Nun zum Thema, wechseln wir das Thema. Wie gesagt,
der Herr Prochaska wird wahrscheinlich dann herauskommen, mich berichtigen und
für die Ewigkeit festhalten, dass die Wiener ÖVP sich niemals, niemals zum
kommunalen Wahlrecht für alle Menschen in dieser Stadt bekannt hat! Meinetwegen
stellen Sie es klar. Ist auch vielleicht eine Auszeichnung in Ihren Augen, in
meinen nicht! (GR Johannes Prochaska:
Sagen Sie mir, wer das war! - GR Walter Strobl: Wer war es?) Gut. (GR Johannes Prochaska: Wer war es? - GR
Walter Strobl: Wer war es? Sagen Sie es!)
Oh ja, ich werde es Ihnen sogar nachweisen, wie gesagt.
Jetzt ad hoc kann ich es nicht, aber ich kann mich ziemlich genau erinnern,
dass es doch der Herr Kollege KARL war. Er war ja in früheren Jahren
Integrationssprecher. Und ich werde das wirklich suchen und ich werde das
finden. Im September, ich habe eh über den Sommer Zeit, werde ich mich sozusagen
auf die Recherche begeben und wir werden schon sehen, ob es dann so war oder
nicht so war.
Aber selbst, wie gesagt, wenn es so nicht war und ich
irre, selbst wenn es so nicht war, Sie werden nicht leugnen, dass Sie immer die
Ausländerbeiräte mit dem Argument "Scheindemokratie" abgelehnt haben.
Dann frage ich Sie, was ist für Sie Demokratie? Was ist dann echte Demokratie?
Was ist für Sie echte Demokratie? Dann erklären Sie mir das! Weil wenn Sie das
Wahlrecht nicht wollen und die Beiräte nicht wollen, was ist Demokratie für
Sie? (GR Walter Strobl: Staatsbürgerrechte!)
Runden wir den Teil ab, denn angesprochen worden ist
auch die Reform vom Herrn Innenminister Strasser und dazu möchte ich auch zwei
bis drei Worte verlieren.
Also es ist wahrlich nicht das erste Mal, dass politische
Umfärbungen in einem Ministerium passieren. Und Herr Strasser hat gewiss weder
Umfärberei noch Parteibuchwirtschaft im Innenministerium erfunden. Aber derart
unverschämt, derart flächendeckend, derart brutal und derart ungeachtet aller
Verluste, das sucht seinesgleichen! (Heiterkeit
bei der ÖVP.) Und Sie stellen sich da her und erzählen uns, das soll ein
Mehr an Sicherheit bringen! Sie stellen sich da her und erzählen uns, das
bedeutet mehr Polizisten auf der Straße! Ja, woher sollen sie kommen? Glauben
Sie denn wirklich, dass Sie uns hier - es ist ja hier ein einigermaßen qualifiziertes
Publikum - verkaufen können, dass die Damen, die früher das Meldewesen
innehatten, sich jetzt die Uniform anziehen und ohne Ausbildung auf die Straße
gehen oder wie? (GR Godwin Schuster: Die
gibt es nicht mehr! Die gibt es nicht mehr! Die sind schon weg!)
Wenn man Verwaltungsposten einspart, dann hat
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