Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 95 von 145
Frauenvereine in Wien werden von der Bundesregierung
ausgehungert, kaputtgespart und sollen nach dem Willen der Bundesregierung
überhaupt vom Markt verschwinden, denn man braucht sie ja nicht. Das ist ein
systematisches Vorgehen gegen jahrzehntelange Aufbauarbeit von Frauen, von
Frauenvereinen, die wertvollste Arbeit auch in dieser Stadt leisten.
Lassen Sie uns daher heute ein Zeichen setzen, dass
Wien es anders macht, dass Wien auf der Seite dieser Frauenvereine steht! Lassen
Sie uns in Wien endlich den Wunsch der Frauenvereine nach mehrjährigen
Finanzverträgen, nach mehrjähriger Absicherung erfüllen, um das Bestehen und
die Qualitätssicherung zu gewährleisten. Ich weiß, dass Sie vorhaben - ich habe
wiederholt Anfragen gestellt -, 2003 eine solche Mehrjährigkeit der
Finanzverträge vorzusehen. Ich denke, es ist Zeit, das jetzt schon zu machen.
Lassen Sie uns jetzt schon ein Zeichen für die Frauenvereine setzen: Wir lassen
euch nicht hängen. Wien ist anders. Ihr bekommt von uns endlich die
mehrjährigen Zusagen, die ihr euch seit Jahren wünscht. (Beifall bei den GRÜNEN. - GRin Martina LUDWIG: Das ist aber die
Rechnungsabschlussdebatte!)
Unser Antrag lautet: "Die Stadt Wien möge Wiener
Frauenvereinen und Frauenprojekten, die sich durch ihre Tätigkeit bereits
ausgezeichnet haben, mehrjährige Finanzierungen zusichern, sofern sie dies
wünschen."
Ich darf einmal die ersten beiden Anträge an die Frau
Stadträtin übergeben, die, glaube ich, nicht sehr begeistert ist. Sie sagt: Na,
geh bitte! - Bitte schön.
Der dritte Antrag betrifft das Gender Mainstreaming.
Wir haben uns dazu bekannt. Auf Antrag der Grünen
hat es der Integrationsausschuss am 5.12. beschlossen, dass Wien Gender
Mainstreaming macht. Allein, da ist noch nicht sehr viel passiert. Lassen Sie
uns einen ersten Schritt zur Umsetzung setzen! Lassen Sie uns finanzielle
Mittel für den Gender-Mainstreaming-Prozess in allen Ressorts bereitstellen!
Lassen Sie uns die Mittelvergabe aller Ressorts - das wäre einmal eine spannende
Geschichte; das steht auch in Ihrem Leitfaden; übrigens ein sehr guter
Leitfaden von der MA 57; also wenn Sie nicht wissen sollten, wie man das
macht, lesen Sie in Ihrem Leitfaden nach, Sie brauchen das nur umzusetzen -
nach geschlechtsspezifischen Kriterien evaluieren.
Es wäre doch einmal ganz spannend, zu schauen, wo
denn die Mittel der Gemeinde Wien so hinfließen in der Wirtschaftsförderung, in
der Kulturförderung, in der Bauwirtschaft. Ich glaube, da werden wir dann
sehen, dass die Frauen nicht allzu viel von diesen Mitteln bekommen, aber doch
ein paar Peanuts für die Frauen in dieser Stadt bei der Mittelvergabe abfallen.
Da wird es einige Überraschungen geben. Lassen Sie uns das tun. Andere Städte
haben das auch gemacht. Es spricht nichts dagegen. Stimmen Sie zu!
Der Beschlussantrag lautet: "Die Stadt Wien möge
in allen Ressorts finanzielle Mittel für den Gender-Mainstreaming-Prozess bereitstellen
und die Mittelvergabe aller Ressorts nach geschlechtsspezifischen Kriterien
evaluieren." - Darf ich Ihnen das übergeben.
Zeigen Sie uns, dass Sie es wirklich ernst meinen mit
der Frauenpolitik, indem Sie unseren drei Anträgen heute zustimmen.
Ich habe noch eine letzte kurze Bemerkung zur
Frauenförderung im öffentlichen Dienst, die Sie vielleicht auch nicht ganz
ernst meinen. Oder vielleicht doch. Vielleicht können Sie mir das dann erklären.
Sie machen wunderbare Frauenförderpläne und sagen, dass Sie Frauen im
öffentlichen Dienst bei ihrer Karriere fördern wollen und dann lese ich hier im
"wien.at, Wien Aktuell, Journal für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter"
vom 23. Mai 2002 eine Anzeige, unterzeichnet von MagDior Ernst Theimer,
über ein Pilotprojekt der Gemeinde Wien: "Karrierechancen für Engagierte"
- das klingt zumindest ganz gut -, "ein Pilotprojekt für
30 TeilnehmerInnen". Das ist wenigstens gesplittet. "Der
Magistrat bietet qualifizierten und engagierten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des Kanzleidienstes, Verwendungsgruppe C, D1 und D, einen
dreisemestrigen Aufstiegslehrgang an, um in die Verwendungsgruppe B
aufzusteigen."
Sie wenden sich hier nicht bevorzugt an Frauen,
Frauenförderung ist hier nicht erwähnt in diesem Inserat, sondern Sie
schreiben: "Der umfassende und intensive Kurs findet ausschließlich
außerhalb der Dienstzeit (Abendstunden, Samstage und Urlaub) statt. Die Kosten
trägt zur Gänze die Stadt." Wenigstens das.
Ich frage mich jetzt wirklich: Wie laden Sie mit solchen
Inseraten Frauen ein, sich da zu bewerben? Warum fehlt da jeder Hinweis auf die
bevorzugte Teilnahme von Frauen? Warum fehlt da überhaupt jeder Hinweis auf die
Einladung von Frauen, endlich die Karrierechancen, die Sie ihnen angeblich
bieten, zu nützen?
Ich finde, dieses Inserat ist ein ziemlicher Skandal.
Am 14. Juni war der Einsendeschluss der Bewerbungen. Ich möchte Sie heute
fragen, wie viele Frauen sich beworben haben. Sie können mich ja Lügen strafen
oder meine Befürchtungen ausräumen, wenn Sie mir jetzt sagen, dass zumindest
mehr als die Hälfte der BewerberInnen, die sich bis 14. Juni - das ist ja
vorbei - gemeldet haben, Frauen sind. Dann ziehe ich meine Kritik gerne zurück
und sage: Okay, so ein Inserat richtet sich anscheinend wirklich auch an
Frauen. (GRin Josefa Tomsik: Sie tun ja
in Ihrer Wortmeldung so, als ob Frauen zu dumm wären, das zu erkennen!) Ich
glaube das nur nicht. Ich glaube, so ein Inserat ist stark verbesserungswürdig.
Ich möchte so etwas eigentlich im "wien.at" nicht mehr lesen.
Damit möchte ich schließen. Sie haben genügend
Gelegenheit, darauf zu antworten, und ich hoffe, Sie stimmen unseren
Forderungen heute wenigstens zu. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Meine Damen und Herren!
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich
nur eine kurze Bemerkung machen. Ich verstehe schon, dass Zwischenrufe das Salz
jeder Debatte sind, das ist überhaupt keine Frage. Ich möchte aber den
ehemaligen Klubobmann Prochaska schon daran erinnern, dass er eine gewisse
Vorbildfunktion hat aus der
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