Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 145
damaligen Zeit. (GR
Johannes Prochaska: Was wollen Sie damit sagen?) Ich denke auch, dass die
Wortwahl zu überlegen ist. Ich habe es mit meinem guten Ohr gehört, also ich
glaube, beim Frauenthema "vermummt" zu sagen, ist nicht am Platz. (GR Johannes Prochaska: Mit Demo war die
Donnerstag-Demo gemeint!) Das "vermummt" ziehen Sie hoffentlich,
nehme ich an, mit einem Ausdruck des Bedauerns zurück.
Zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Ulm.
GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Stadtrat!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die heutige Rechnungsabschlussdebatte ist geprägt von
ungerechtfertigter Kritik an der Bundesregierung. Besonders ungerechtfertigt
ist diese Kritik im Bereich der Integrationspolitik, und ich darf an den Anfang
meiner Ausführungen ein Zitat stellen. Ich zitiere: "Das von Innenminister
Strasser geschnürte Integrationspaket bewertet Küberl grundsätzlich positiv.
Diese Regierung ist die Erste, die das Wort Integration überhaupt in den Mund
nimmt."
Sehr geehrte Damen und Herren! "Die
Presse", 21.2.2002. Und mit Recht sagt Küberl das, denn selbstverständlich
haben wir einen Beitrag zur Integration der Fremden in Österreich zu leisten
und selbstverständlich haben wir so ein Hilfsangebot in Form des Integrationsvertrags
an die Zuwanderer anzubieten.
Das Beherrschen der
Landessprache ist Voraussetzung für jede Integration, und die Sprachkurse sind
eine wichtige Chance für sie.
Aber es geht nicht nur um
das Angebot von Sprachkursen, es gibt auch noch andere Verbesserungen in diesem
Integrationsvertrag für die Fremden, und zwar insbesondere für die
ausländischen Studenten, für Angehörige von Ausländern sowie für Jugendliche,
die in Österreich die Schule absolviert haben. Es wird erstens für ausländische
Studenten möglich sein, in den Ferien zu arbeiten, es wird zweitens so sein,
dass Studenten, die ihr Studium in Österreich abgeschlossen haben, nicht in die
Niederlassungsquote fallen, und drittens wird es so sein, dass nach fünf Jahren
legalem Aufenthalt im Inland Angehörige von Ausländern einer Arbeit nachgehen
können, ebenso wie - vierte Verbesserung - Jugendliche, die das letzte volle
Pflichtschuljahr in Österreich absolviert haben, freien Zugang zum Arbeitsmarkt
erhalten.
Dazu kommt, dass wir uns in der Familienzusammenführung
besonders bemüht haben und eine hohe Familiennachzugsquote haben, wie das unter
sozialistischen Innenministern nie der Fall war, nämlich um rund 1 000
mehr. Wir haben im Jahr 2001 und im Jahr 2002 5 490 Plätze für
Familienzusammenführung. 1998 ist diese Quote noch bei 4 550 Plätzen
gelegen.
Wie macht es nun Wien? - Am Anfang des heutigen Tages
haben die meisten Gemeinderäte der SPÖ - jetzt haben sich da die Reihen schon
ein bisschen gelichtet - so einen Button getragen mit "Wien macht’s besser
- SPÖ". Die SPÖ in Wien macht’s in vielen Bereichen nicht besser.
Sie macht’s insbesondere in der Integrationspolitik
nicht besser. Dort ist es nicht gelungen - ich frage mich, wo das soziale
Gewissen der Sozialdemokratie ist -, für die Fremden menschenwürdiges Wohnen zu
gewährleisten. Ich frage mich, wie es mit einer funktionierenden
Integrationspolitik zusammenpasst, dass der Integrationsfonds von seinen sieben
Außenstellen zwei schließt. Wir haben damit nur noch fünf Außenstellen des
Integrationsfonds und eine erhebliche Einschränkung des Angebots damit, und wir
haben ein skurriles Wahlrecht, das uns die SPÖ in Wien beschert hat.
Zu den Wohnungen. An erster Stelle in der Prioritätenliste
der Fremden in Österreich steht der Wunsch nach einem Dach über dem Kopf, nach
menschenwürdigem Wohnen. Und da stellt sich schon die Frage, warum sich die SPÖ
nach wie vor unserer Forderung verschließt, Gemeindewohnungen für Fremde
zugänglich zu machen. Auf Grund unserer Intervention in der vergangenen
Legislaturperiode ist es zumindest möglich gemacht worden, über
Notfallswohnungen einige Fremde in den Genuss einer Sozialwohnung kommen zu
lassen. Tatsache ist, dass wir viel zu wenig Notfallswohnungen haben, dass der
Bedarf nicht annähernd gedeckt werden kann, dass es sehr kompliziert ist, zu so
einer Notfallswohnung zu kommen.
Es gibt verschiedene Indikatoren, um zu so einer
Wohnung zu kommen. Eine davon ist, wenn man einem Spekulanten zum Opfer fällt,
was verlangt man dann von so einem geschädigten Zuwanderer? - Man verlangt von
ihm ein rechtskräftiges Urteil, auf welches er möglicherweise jahrelang warten
muss. Darüber hinaus ist es so, dass eine gesundheitsgefährliche Unterkunft
verlangt wird, um ihn in eine solche Notfallswohnung einweisen zu können. Die
Gesundheitsgefährdung an sich reicht bei der Vollziehung dieses Gesetzes nicht
aus, dieser Vorschrift nicht aus, man will bereits ein Attest haben darüber,
dass bereits eine Erkrankung eingetreten ist.
Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! Diese
Politik in der Frage Wohnung und Wohnen, soziales Gewissen, ein Dach über dem
Kopf - hier ist es eine herzlose Integrationspolitik, die Sie an den Tag legen!
(Beifall bei der ÖVP.)
Lassen Sie mich jetzt zum Integrationsfonds kommen.
Dort, wo die eigentliche Arbeit passieren sollte in den Außenstellen, in den
Anlaufstellen für Rat suchende Fremde, dort wird gespart, dort wird reduziert,
dort verlieren wir zwei Außenstellen und müssen in Hinkunft mit fünf auskommen.
Es gibt eine ungeheure Aufblähung in der Verwaltung. Wir haben ein Verhältnis
von 4:3 zu Gunsten der Zentralstelle und zu Lasten der Außenstellen und es hat
auch der Betriebsrat im Integrationsfonds diese geplante Veränderung strikt
kritisiert.
Besonders das Zentrum Nordost ist ein solch diskriminiertes
Zentrum. Dort wird es der Fall sein, dass pro Mitarbeiter eine doppelt so große
Bevölkerungsanzahl betreut werden muss, wie beispielsweise im Zentrum West. In
den beiden Zentren Nordost und Südost werden in Hinkunft weniger Bedienstete
für Fremde zur Verfügung stehen, als das noch im Vorjahr oder bis dato der Fall
war.
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