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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 93 von 145

 

zum Verzicht auf Wohlstand auf und sagt so quasi: Gebäre statt Karriere!

 

Was Sie jetzt vorhaben, was Sie jetzt machen, das ist überhaupt der Gipfel. Das ist der Grund, warum wir heute hier stehen und sagen, es ist akuter Handlungsbedarf, es ist Zeit, wirklich zu handeln, auch von Wien aus, denn auch Wien ist jetzt ganz massiv betroffen von dem, was Sie uns seit einigen Monaten in der Bundespolitik vorführen, nämlich das inquisitorische Vorgehen gegen unabhängige Frauenvereine und Frauenorganisationen in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Da sind auch sehr viele Wiener Vereine und Organisationen betroffen. (GR Johannes Prochaska: Das ist Sache des Untersuchungsausschusses!) Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein: Einen Ausschuss, der eigentlich zu "Euroteam" eingesetzt wurde, missbrauchen Sie dazu, 44 Frauenvereine zu kriminalisieren, zu diskreditieren, zu diffamieren. Das ist ungeheuerlich. (GR Johannes Prochaska: Einfach zu fragen, was sie mit dem Geld des Steuerzahlers gemacht haben!) Sie führen Frauenvereine vor und unterstellen ihnen pauschal mit den unglaublichsten Fragen ... (GR Johannes Prochaska: Sie müssen sich auch rechtfertigen, auch wenn es Frauenvereine sind!) Ich kann Ihnen alle Protokolle vorlesen. (GR Johannes Prochaska: Sie wollen die Frauen unter einen Quargelsturz stellen, und die anderen sollen sich rechtfertigen!) Dann erkundigen Sie sich bei Ihren Kollegen im Untersuchungsausschuss! (GR Johannes Prochaska: Wir diskutieren hier den Rechnungsabschluss!) Mit den unglaublichsten Fragen werfen Sie den Frauenvereinen Subventionsbetrug vor.

 

Ich brauche an dieser Stelle nicht zu erwähnen, dass bisher alle Ihre Vorwürfe haltlos waren. Alle! (GR Johannes Prochaska: Zur Sache! Zur Sache!) Ja! Ja! Sie werfen Frauen und Frauenvereinen sogar vor, sich für sozial Schwache einzusetzen, nur weil sie nicht überprüfen, ob diese sozial Schwachen jetzt legal oder illegal im Land sind. (GR Johannes Prochaska: Sie sind hier nicht im Parlament! Und Sie werden auch nie hinkommen!)

 

Sie missbrauchen auch noch den Gleichheitsgrundsatz, indem Sie, wie beim Verein "CheckART" zum Beispiel, den Vereinen vorwerfen, sie dürften Frauen nicht mehr aufnehmen oder nicht mehr bevorzugt Frauen aufnehmen, denn das würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, weil sie keine Männer aufnehmen. (GR Johannes Prochaska: Und vice versa!) Das ist ein sehr, sehr gefährliches Spiel.

 

Wir werden und wir leisten dagegen Widerstand, nicht nur hier, sondern wir werden ihn auch weiterhin, auch mit den Frauenvereinen gemeinsam, auf der Straße leisten. Wir werden weiter gegen diese Bundesregierung demonstrieren. (GR Johannes Prochaska: Ja, bei den Demos!) Wir werden weiterhin sagen: Diese blau-schwarze Koalition ist ein Desaster für die Frauenpolitik in diesem Land, und ich hoffe, ihre Tage sind gezählt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Traurig ist aber, dass ich bei der Demonstration der Frauenvereine letzte Woche vor dem Parlament von meinen Kolleginnen oder Kollegen von der Sozialdemokratie niemanden gesehen habe, aber vielleicht habe ich Sie nur nicht bemerkt, es war nämlich eine große Demonstration. (GR Johann Driemer: Sie haben nicht genau geschaut!)

 

Sie machen Politik gegen Frauen, gegen die Eigenständigkeit und gegen die Unabhängig. Wir machen Politik für ökonomische Unabhängigkeit von Frauen und für die Unabhängigkeit von Frauenvereinen. Und das lassen wir uns auch von Ihnen nicht nehmen. Und das ist keine Themenverfehlung, das ist akuter Handlungsbedarf. (GR Johannes Prochaska: Das ist jetzt nicht das Thema! - GR Dipl Ing Martin Margulies: Halten Sie sich einmal zurück! Ihr könnt euch nicht benehmen!)

 

Nun zu Ihnen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! "Wien macht's besser". In der Frauenpolitik - mein Kollege Margulies hat das heute schon angesprochen - ist das nicht schwer. Ja, ich gestehe Ihnen zu, Sie machen es besser in der Frauenpolitik. Wie gesagt, von null und von Rückschritt an ist es auch nicht besonders schwer, Sie machen es aber nicht gut. Sie machen es nicht gut.

 

Schauen wir einmal Wien an, schauen wir uns das letzte Jahr in Wien an. Ja, wir haben eine Frauenstadträtin. Ja, wir haben eine eigene MA 57, zwar krass unterdotiert mit 7 Millionen EUR im Jahr, was wohl nicht gerade wirklich reicht, um offensive Frauenpolitik zu machen, aber zumindest gibt es das, im Gegensatz zur Bundesebene. Aber damit hat es sich schon.

 

Dann haben wir zum Beispiel die Arbeitsmarktpolitik. Bei der Arbeitsmarktpolitik streichen Sie, so wie die blau-schwarze Bundesregierung, einfach die Gelder. Sie halbieren die Gelder für Frauenförderung im WAFF. Ich habe Ihnen das schon öfter vorgeworfen, ich mache diesen Vorwurf nicht das erste Mal - Frau Kollegin Frauenberger nickt; wir haben schon öfter darüber diskutiert -, ich habe aber noch nie eine Stellungnahme von Ihnen dazu gehört, wo denn das verschwundene Geld hingekommen ist. Herr StR Rieder hat heute von den verschwundenen Mitteln für Arbeitsmarktpolitik auf der Bundesebene gesprochen, aber es gibt auch die verschwundenen Mittel für Arbeitsmarktpolitik in Wien, nämlich die verschwundenen Mittel für die Arbeitsmarktpolitik für Frauen.

 

Sie haben bisher - auch das sage ich hier nicht zum ersten Mal - keinesfalls und in keiner Form auf die Rekordarbeitslosigkeit von Frauen reagiert. Wir haben 29 000 arbeitslose Frauen in Wien, wir haben einen Rekordanstieg gemessen an allen Bundesländern - ich brauche das nicht zu wiederholen, auch das haben meine Kollegen und Kolleginnen heute schon des Öfteren erwähnt, dass Wien nicht gerade so rosig dasteht bei den Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten -, wir haben eine zunehmende Segregation am Arbeitsmarkt für Frauen, ein zunehmendes Abschieben von Frauen in atypische, nicht mehr existenzsichernde Arbeitsverhältnisse, wir haben zum Beispiel bei der Jugendbeschäftigung, bei den jungen Frauen, bei den 19- bis 25-Jährigen einen Anstieg der Arbeitslosigkeit von 57 Prozent - 57 Prozent! - und bei den Migrantinnen 31 Prozent.

 

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