Gemeinderat,
3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll
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dem Budget- und
Rechnungsabschluss dann auch nicht mehr zustimmen. Das ist eine Frage, die sich
sowieso nicht stellen wird, dass Sie da zustimmen werden. Sie haben in den
letzten fünf Jahren fleißig mitgespielt in der politischen Entscheidung in
dieser Stadt und haben eigentlich alle Chancen gehabt, es besser zu machen. (GR Walter Strobl: Haben wir auch!) Die
positiven Punkte haben Sie heute aufgezählt. Die waren wirklich an zwei Fingern
aufzuzählen, mehr war da leider nicht drinnen. Ein sehr dünnes positives
Papier.
Ich bin
gespannt, wie eure Fundamentalopposition, die ihr angekündigt habt, in den
nächsten fünf Jahren dann aussehen wird. Ihr hättet in den letzten fünf Jahren
entsprechend mehr Gelegenheit gehabt, da realpolitisch etwas umzusetzen.
Ich möchte
aber zum Thema kommen und den Behindertenbereich ansprechen und hier auch
festhalten, dass Frau Landtagspräsidentin Stubenvoll in der
Behindertenkommission immer eine sehr, sehr sachliche Zusammenarbeit gesucht
hat. Diese hat auch stattgefunden in den letzten Jahren und dafür bin ich sehr
dankbar. Es wird uns hier mit Sicherheit der Gemeinderatskollege von der ÖVP,
der ausgeschiedene GR Karl, sehr
fehlen, weil er wirklich eine Bereicherung in dieser Behindertenkommission war.
Es ist aber auch
festzustellen, dass natürlich vieles passiert ist in den letzten Jahren und wir
haben das das letzte Mal auch in der Behindertenkommission besprochen. Auf der
einen Seite hat zum Glück jetzt die Bundesregierung den Maulkorberlass für
Hunde für Blinde im Bereich der ÖBB mit 1. Jänner aufgelassen. Die WIENER
LINIEN haben ja dann am 1. Mai nachgezogen, was sehr schön ist, dass man
endlich diese Führ-Hunde jetzt auch dementsprechend in den öffentlichen Verkehrsmitteln
ermöglicht hat, weil das für die Blinden wirklich etwas ganz Wesentliches
darstellt. Und da ist es ja immer wieder zu diversen Skandalen gekommen, wo
Blinde mit ihren Hunden hinausgeschmissen worden sind, wenn sie die
Verkehrsmittel benützen wollten. Und das war ein Zustand, der längst fällig
war, aufgehoben zu werden.
Wir haben aber
auch immer wieder Diskussionen, wo man festhalten muss, dass wir zwar einer
Meinung sind, aber letztlich Entscheidungen auf die längere Bank geschoben
werden. Und hier gibt es sicherlich mehrere Punkte, die anzuführen sind.
Es hat einmal
vor längerer Zeit im Wiener Rathaus den Tag des barrierefreien Lebens gegeben,
und da haben wir alle, alle Fraktionsvertreter, damals den
Behindertenorganisationen, speziell jetzt den Blinden, zugesagt, dass wir uns
einsetzen werden, gemeinsam endlich auch den Führ-Hund für Blinde als
medizinisches Hilfsmittel gesetzlich anzuerkennen beziehungsweise das
durchzusetzen. Und das ist sicherlich etwas, was natürlich auch überschneidend
mit Bundeskompetenzen zu betrachten ist, aber wo wir wirklich etwas unternehmen
müssen. Denn da hat sich gerade in den letzten Jahren ja sehr, sehr vieles zum
Nachteil der Blinden verändert. Wir haben bis zu 400 000 sehbehinderte
Menschen in Österreich. Wir haben in ganz Österreich 14 000 - unter
Anführungszeichen - "vollblinde" Menschen. Wir haben in Wien
umgerechnet in etwa 3 500 vollblinde Menschen. Davon wären in etwa
1 000 blinde Menschen geeignet für einen Führ-Hund und die können sich den
oftmals nicht leisten, denn der hat bis vor fünf Jahren noch zwischen
150 000 und 180 000 S gekostet. Seitdem aber hier die
Ausbildungskriterien geändert worden sind, haben die schon Cabrio-Preise
erreicht. Der Preis liegt heute bei 380 000 S und es gibt kaum einen
Blinden, der sich das wirklich leisten kann. Wir geben so viele
Subventionsmittel aus, wir geben diversen Vereinen so viele Subventionen. Da
sollten wir uns doch einmal überlegen, einen Behindertenhilfstopf in Wien
anzulegen, aus dem wir jene Behinderten unterstützen könnten, die Mobilität
wirklich nötig haben, weil das Integration bedeutet für diese Menschen und weil
sie darauf angewiesen sind, denn ohne Mobilität kommt man nicht in die
Gesellschaft hinaus, gibt es keine Integration, ist man halt nach wie vor ein
Ausgegrenzter in der Gesellschaft. Und da wäre es sehr, sehr wichtig, dass wir
uns überlegen, über so einen Subventionstopf gerade jenen Gruppen, nämlich auch
den Rollstuhlfahrern, die sich einen elektrischen Rollstuhl nicht leisten
können, weil er genauso in dieser Cabrio-Dimension liegt, also den sozial
Schwächeren ganz zielgerichtet, zweckgebunden eine Unterstützung zu gewähren,
damit sie sich wirklich einen Führ-Hund oder einen elektrischen Rollstuhl
leisten können, damit sie mobil sind. Da müssen wir uns etwas überlegen. (Beifall bei der FPÖ.) Und ich glaube,
dass es hier Möglichkeiten gäbe, zielgerichtet und zweckgebunden etwas zu tun. (GR Erika Stubenvoll: Man kann nicht kürzen
bei den Ländern und dann Forderungen stellen!) Also, wir haben ja gerade im
Finanzierungsbereich - und das haben wir am gestrigen Tag auch schön behandelt
- der Stadt Wien ordentlich aus der Patsche geholfen.
Aber wir haben
natürlich auf dem Gebiet der Behinderten viele Bereiche, wo wir im
innerösterreichischen Vergleich auch etwas nachhinken. Die akustischen
Ampelanlagen sollten wir selbstverständlich auch ausbauen, genauso das taktile
Leitsystem. In Innsbruck ist das sicherlich besser. Und bei den Ampelanlagen
gibt es ja heute schon die Möglichkeit, entsprechend dem Lärmpegel der Umgebung
die Lautstärke anzuheben oder zu senken.
Wir haben einmal in
Los Angeles, wo wir gemeinsam waren, das Navigationssystem für Blinde kennen
gelernt, wo Los Angeles wirklich eine Vorreiterrolle einnimmt. Damals waren wir
alle begeistert. Bis dato ist eigentlich nichts mehr von dieser Begeisterung
spürbar. Man hat leider bis dato verabsäumt, in Europa auch dieses tolle System
endlich umzusetzen und in dieser Stadt eine Vorreiterrolle für Blinde möglich
zu machen, dass sie sich nämlich wirklich frei bewegen können und im Sinne der
Mobilität hier etwas sehr
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