Mitschrift
* unheimliche Musik *
Ich glaube, die Liebe zur Sprache ist
in erster Linie die Liebe zur Form.
Die Sprache ist konservativ,
die Wirklichkeit laeuft ihr davon,
wenn wir nicht in Form sind.
* treibende Musik *
Wenn ich jetzt von Romanen
ausgehen darf,
beginne ich Geschichten
so zu erzaehlen,
dass ich rote Hefte besitze,
die ich vollschreibe.
Das ist immer eine Mischform
aus Quellenforschung,
Recherche, Fantasie.
* treibende Musik *
Also, mich veraendern
vor allem Texte, die ich lese.
Mein eigenes Schreiben
veraendert mich nicht wirklich.
Ich hab schon als Kind
mit fiktiven Figuren gespielt.
Was ich immer bedaure,
dass ich Figuren,
die ich erschaffe,
zum Beispiel in Romanen,
nie in der Wirklichkeit treffen kann.
Ich hab immer versucht, den
Blickwinkel von Personen einzunehmen,
die selbst keine Sprache haben.
Wenn ich den Roman "Stillbach
oder Die Sehnsucht" nehme,
da hab ich versucht, einer Frau, die
aus einfachen Verhaeltnissen kommt,
aus einem Suedtiroler Bergdorf,
die Moeglichkeit zu geben,
ihre Geschichtserfahrungen
auszubreiten.
Ja, das kann ich sehr gut,
in den Tag hineinleben.
Weil ich glaube, dass das Schreiben
das sogar als Voraussetzung braucht.
Deswegen ziehe ich mich immer wieder
zurueck, gehe in Klausur,
um mich voellig den Texten
und der Literatur hinzugeben,
meiner Planlosigkeit.
Wobei ich Planlosigkeit in diesem
Sinne als etwas Produktives erachte.
Untertitel: AUDIO2
Archiv-Video vom 29.11.2019:
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Portrait Sabine Gruber - Preis der Stadt Wien für Literatur 2019
Geboren 1963 in Meran, aufgewachsen in Lana, Südtirol. Sie besuchte das Humanistische Gymnasium in Meran, studierte in Innsbruck und Wien Germanistik, Geschichte und Politikwissenschaft. Von 1988 bis 1992 war sie Lektorin an der Universität Ca‘ Foscari in Venedig, seit 1992 lebt Gruber in Wien.
Länge: 1 Min. 49 Sek.
Produktionsdatum: 2019
Copyright: Maximilian Brustbauer / Karl Anton Wolf-Stiftung