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Mario Böck, wien.at-Ausstellung im Karl-Marx-Hof in Döbling. Bei der Eröffnung mit dabei waren nicht nur wir, sondern passenderweise auch der Wiener Beschwerdechor, den Sie jetzt gleich zu Beginn hören."

Wiener Beschwerdechor: "Oh du lieber Arbeitsmarkt, Arbeitsmarkt, Arbeitsmarkt, oh du lieber Arbeitsmarkt - alles ist hin."

Wiener Beschwerdechor: "Arbeitslossein, ja in Wien ist das nichts Besonderes…."

Im Waschsalon im Karl-Marx-Hof ist bereits seit 2010 eine Dauerausstellung zum "Roten Wien" zu bewundern. Einmal im Jahr gibt es zusätzlich eine Sonderausstellung zu einem passenden Thema oder zu einem Jahrestag. Da sich heuer zum 80. Mal das Erscheinen der Studie ""Die Arbeitslosen von Marienthal" wiederholt, lag die Idee nahe, ihr - der Studie - eine Ausstellung zu widmen.

Werner T. Bauer, Waschsalon Nr. 2, Karl-Marx-Hof: "Das war eben - oder ist - sozusagen eine der ganz wichtigen, frühen wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der empirischen Sozialforschung, wenn nicht überhaupt die Begründung der empirischen Sozialforschung. Und wir haben uns eben bemüht, das darzustellen, auf der einen Seite, was dieses Marienthal, von dem man ja immer nur weiß, dass es dort sehr viele Arbeitslose gab, was dieses Marienthal vor der Arbeitslosigkeit war, nämlich das 'Rote Wien' im Kleinen. Ja, es gab dort sämtliche Vereine, sämtliche Institutionen sozialer Art, im Bildungsbereich und so weiter, die es auch im 'Roten Wien' gab."

Wiener Beschwerdechor: "Wir wollen alles, wir warten auch nicht gern. Wir wollen echte Jobs, echtes Glück, echte Perspektiven, echte Liebe, echte Treuepunkte, Sammelkarten an den Kassen dieser Welt, wo wir Werte liegen lassen."

Gramatneusiedl, ein Ort rund 20 Kilometer südlich von Wien. Eine Baumwollspinnerei in den ausgehenden 1920er-Jahren.
Durch die Errichtung einer Eisenbahnlinie zwischen Wien und Bruck an der Leitha, erlebt der Ort rund um die Textilindustrie einen gewaltigen Aufschwung. Hunderte Textilarbeiter ziehen mit ihren Familien in die Nähe der Fabriken. Marienthal entwickelt sich zu einer Hochburg der regionalen Arbeiterbewegung.

Doch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise Ende 1929 treffen die Arbeiter mit voller Wucht.

Die Fabriken müssen schließen - praktisch der gesamte Ort wird mit einem Schlag arbeitslos. Aus 1.300 Arbeiter werden 1.300 Arbeitslose.

Zwar gab es in dieser Zeit bereits die Arbeitslosenunterstützung, diese war aber mit 1 bis 3,50 Schilling pro Tag lächerlich gering. Und diese Unterstützung gab es nur ein paar Monate. Danach gehörte man zu dem immer größer werdenden Heer der so genannten "Ausgesteuerten".

Im Marienthal ging es plötzlich ums nackte Überleben. Wie und woher man etwas zum Beißen bekommen konnte, wurde zur zentralen Frage.

In der Marienthal-Studie wird beschrieben, dass die Menschen sogar Katzen und Hunde verzehrten, um ihren Hunger zu stillen. Kaninchenzucht und die Schrebergärten wurden damals erfunden.

Wiener Beschwerdechor: "Wenn die Welt eine Bank wäre, hätten wir sie längst gerettet."

Wiener Beschwerdechor: "Mehr, mehr, mehr, mehr, mehr… mehr ist nie genug, ist nie genug."

Das Marienthal wurde zu einer Art Labor. Ein Labor, in dem sich die Auswirkungen lange anhaltender Arbeitslosigkeit studieren ließen.

Im November 1931 machte sich die junge Sozialforscherin Lotte Schenk-Danzinger auf den Weg nach Gramatneusiedl, um mit ihrer Arbeit für eine bahnbrechende Studie zu beginnen - die Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal". Später entwickelte sich ein ganzes Forscherteam rund um Marie Jahoda, Paul Felix Lazarsfeld und Hans Zeisel, die mit ihrer Studie Wissenschaftsgeschichte schreiben sollten.

Ihnen ist die Ausstellung gewidmet. Die Ausstellung im Waschsalon Nr. 2 in der Halteraugasse 7 ist jeden Donnerstag von 13 bis 18 Uhr und jeden Sonntag von 12 bis 16 Uhr geöffnet.

Werner T. Bauer, Waschsalon Nr. 2, Karl-Marx-Hof: "Also zu sehen gibt es wunderbares historisches Fotomaterial, vor allem aus dieser Blütezeit eben im Marienthal. Die Fotos mit den ganzen Vereinen und Institutionen. Vom Verfall gibt es ja fast keine Fotos. Nur Hans Zeisel, der Mitarbeiter der Marienthal-Studie war und auch später ein berühmter Soziologieprofessor in den USA geworden ist, der hat dort ein paar Fotos gemacht. Ansonsten gibt es von dem Verfall 'nur' die Studie. Und diese Studie ist wirklich sehr empfehlenswert. Es ist ein dünnes Taschenbuch und ein wunderbares Stück Literatur. Und unsere Texte sind wie immer einfach und klar formuliert. Es soll auch ein Stück Aufklärung sein, aber natürlich auch ein Stück Bekanntmachung eines Ereignisses, auf das wir eigentlich zu Recht stolz sein könnten hier in Österreich."

Wiener Beschwerdechor: "Den Letzten beißen die Hunde."

Archiv-Video vom 20.09.2013:
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Die Arbeitslosen von Marienthal

Im Waschsalon im Karl-Marx-Hof in Döbling läuft seit Kurzem im Rahmen des "Roten Wien" eine Sonderausstellung über die berühmte Sozialstudie "Die Arbeitslosen von Marienthal, die vor 80 Jahren erschienen ist und erstmals die Folgen von Langzeitsarbeitslosigkeit erforschte.

Länge: 6 Min. 36 Sek.
Produktionsdatum: 2013
Erstausstrahlung: 20.09.2013
Copyright: Stadt Wien

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