Mitschrift
Ja, ich bin Italiener. Mein Name ist Wander Bertoni. Ich bin 1943 nach Wien verschleppt worden. Zwangsarbeiter. Und ich habe 50 Jahre als Bildhauer in Wien gearbeitet. Und ... Ja, und ich lebe noch. Ich bin '25 geboren. Mein Vater war Baumeister. Und er hat in der ganzen Welt gearbeitet. Wir waren sieben Kinder und haben jeweils fünf Jahre Unterschied. Weil mein Vater ist alle fünf Jahre nach Italien zurückgefahren und hat ein Kind gezeugt. Und so haben wir alle wirklich fünf Jahre Unterschied. Meine Schwester ist 1900 geboren, und mein letzter Bruder im Jahr 1929. Mein Vater war zeitweise Musiker, der hat auch davon gelebt. Und jedes Wochenende haben sich die Musiker vom Dorf getroffen und haben musiziert. Und ich habe als Kind, schon als Junge, angefangen zu malen. In meinem Dorf gab es zwei gute Maler, die Freunde von mir waren. Und ich war sehr beeindruckt und habe selber angefangen zu malen. Die Familie war sehr musikalisch und künstlerisch interessiert. * Er atmet schwer aus. * Nach dem sogenannten Malen habe ich dann später einen Beruf gelernt. Eben Eisendreher. Und ich glaube, dieser Begriff kommt von dieser Situation. Ich war ein Sonntagmaler. Ich habe nur am Sonntag Zeit gehabt. Und so war ich wirklich ... Ich habe am Sonntag immer gemalt. Bis ich verschleppt wurde. In Italien hab ich mich geweigert, zum Militär zu gehen. Weil mehrere Brüder schon vermisst waren. Und mein Vater hat gesagt: "Unsere Familie hat für den Krieg schon genug geleistet." "Bitte verschwinde." Ich hab mich dann in Mailand versteckt. Aber nach 15 Tagen bin ich von den Italienern verhaftet worden. Von der italienischen Geheimpolizei. Und sie haben es mir freigestellt, in den Krieg zu ziehen. Oder sonst schicken sie mich als Zwangsarbeiter nach Deutschland. Und ich hab gesagt: Bitte schicken Sie mich dann nach Deutschland. Wie gesagt, mein Vater hat gesagt, meine Familie hat genug geleistet für den Krieg. Und so wurde ich an die deutsche Kommandantur übergeben. Und dort haben sie mich eigentlich ganz friedlich aufgenommen. Ich habe keine Vorwürfe gemacht. Und sie haben mich dann nach Deutschland geschickt. Und zufällig bin ich ... zufällig, weiß ich nicht. Auf jeden Fall bin ich in Wien gelandet. Und da ich ein Facharbeiter war, ich war Eisendreher, sehr gesuchter Beruf, bin ich natürlich sofort in einem Betrieb in Wien untergekommen. Während des Krieges waren die Bombenangriffe natürlich ein großes Problem. Weil man hatte keine Bunker. Oder überhaupt, man wusste nicht, wohin man gehen sollte. Und ich bin prinzipiell bei jedem Bombenangriff ... Beziehungsweise, früher war ein Alarm, man ist geflüchtet, und ich bin jedes Mal in ein anderes Haus. Wo ... "Bunker" stand. Beziehungsweise ... Äh ... es hat geheißen ... gegen die Bombenangriffe. Ja ... ein Bunker. Bunker, ja. Bei einem der letzten Angriffe war ich bei der Albertina. Neben der Albertina war ein Keller. Und ... mit einer tiefen Stiege. Und ich bin hinunter, aber sie haben gesagt: "Nein, nein, kein Platz." Beziehungsweise hab ich gewusst, sie wollen keine Ausländer. Es war für eine ... nicht für eine politische Gruppe, aber es war eben ein geschütztes Publikum drinnen. Ich bin dann auf der Stiege geblieben, und da wurde gerade die Oper getroffen und ist verbrannt. Und dann bin ich raus, und ich war ganz schockiert. Da waren alle Pferde vor der Oper tot. Und da waren Leute, die ihnen die Haare abgeschnitten haben. Und ich frage mich bis heute, warum ... Ja, dann hat man mir vor ein paar Tagen gesagt, die haben wahrscheinlich Polster gemacht mit den Haaren der Pferde. Ja, das kann schon sein. Aber sie haben nicht das Fleisch der Pferde, sondern die Haare genommen. Alles wurde bombardiert. Vis-à-vis von der Oper der Heinrichshof wurde auch bombardiert. Und die Albertina teilweise. Ja, das waren die schwersten Angriffe. Dann ... Wie ich versteckt war, wie mein Betrieb bombardiert wurde und man dort nicht mehr arbeiten konnte, habe ich mich bei der Maria Bilger in der Karlsgasse in ihrem Atelier im letzten Stock versteckt. Während der Bombenangriffe durfte ich nicht weg, weil das ganze Haus war voller Nazis. Deutsche. Es war ein neues Haus, in der Karlsgasse Nummer 3. Es war von Deutschen bewohnt, und die waren lauter Nazis. Sie haben immer zu der Hausmeisterin über die Maria Bilger gesagt: "Da oben bei der Künstlerin sind immer fremde Leute." Und die Hausmeisterin, die wir Tante Anni genannt haben, hat gesagt: "Nein, ich kenne sie." "Es ist alles in Ordnung." Und ich war oben versteckt. Bei den Bombenangriffen sind einige Bomben beim Karlsplatz in den Park gefallen. Und die Fenster vom Atelier sind weggeflogen. Und ich musste oben bleiben. Ich konnte das Atelier nicht verlassen. Das waren ängstliche Stunden, würde ich sagen. Das Ärgste war ... Das Haus selber ist nicht getroffen worden. Aber in der Nähe sind viele Bomben gefallen. Am Kriegsende sind die Alliierten nach Wien gekommen, und wir sind geflüchtet. Wir sind mit dem letzten Zug nach Oberösterreich, die Maria Bilger und ich. Zu bekannten Künstlern in Oberösterreich. Wir haben einfach Angst gehabt, und das war nicht unbegründet. Äh ... Wir haben dort bis Kriegsende gelebt. Nein, bis ... Bis Kriegsende, ja. Und dann sind wir zurück nach Wien. Und inzwischen ist der Maler und Professor Herbert Boeckl Rektor von der Akademie geworden. Und der hat mir freigestellt, in der Akademie zu inskribieren. Ich glaube, ich war der erste inskribierte Künstler in der Akademie. Einige Monate später ist der Bildhauer Wotruba aus der Schweiz zurückgekommen. Auch berufen von Boeckl. Der hat die Bildhauerklasse übernommen. Und ich war der erste Schüler. Und so habe ich den ganzen Sommer lang, bevor die Akademie im Herbst aufgemacht hat, gelernt, wie man mit Stein arbeitet. Ich war eigentlich ein Maler. Ich habe gemalt und gleichzeitig, durch den Einfluss von Wotruba und Maria Bilger, mit der Bildhauerei angefangen. Während des Krieges war in der Böcklinstraße im 2. Bezirk das Atelier von Heinz Leinfellner, ein Bildhauer und Freund. Und dort haben sich alle getroffen, die im Widerstand waren, gegen Hitler und die Nazis also. Darunter war auch der Boeckl. Boeckl und viele andere Künstler, Schriftsteller, Musiker und Maler haben sich da getroffen, und wir haben Freundschaft geschlossen. Man hat sich gegenseitig beeinflusst. Nach dem Krieg dann ... Es wurde der Art Club gegründet. Äh ... Aus dieser Freundschaft zwischen den Künstlern ist ein künstlerischer Art Club entstanden. Er wurde gegründet von einem österreichischen Maler, der in Rom gelebt hat. Er kam aus Rom mit der Idee, einen österreichischen Art Club zu gründen. Der Art Club wurde dann international bekannt. Alle Künstler, die eine Erneuerung, eine neue Kunst in Wien gesucht haben, haben sie dort gefunden. Der Art Club hat in ganz Europa Ausstellungen gemacht. Und die Künstler kamen langsam nach Italien, in der Schweiz und in Frankreich waren wir. Und ... Man nannte ihn den internationalen Art Club. Zu dieser Zeit hat natürlich die Jugend angefangen, in der Akademie zu studieren. Und darunter war eben der ... Ernst Fuchs, der Lehmden, Hutter ... Und die Maria Bilger, die Älteste von uns allen. Sie hat alle Jungen im Art Club vorgeschlagen. Sie wurden Mitglieder im Art Club und haben dann später selber eigene Gruppen gegründet. Eine wurde "Hundsgruppe" genannt. Verschiedene Gruppen, die die Maler gegründet haben. Aber sie waren alle im Art Club. Ja, wir haben, ich habe jeden einzelnen ... Drei Bildhauer: Maria Bilger, Lein- fellner und ich waren eine Gruppe. Wir waren innerhalb des Art Clubs eine selbstständige Gruppe. Die anderen Maler waren befreundet. Lehmden hat bei Fuchs gewohnt. Und dort entstand wieder eine andere Gruppe. Und so haben wir alle miteinander, äh ... Wir haben alle beigetragen, oder versucht, beizutragen zu einer Erneuerung, oder nicht Erneuerung, sondern Anschluss an die internationale Kunst zu finden. Wir haben damals natürlich die Begriffe gekannt, Kubismus und so weiter. Aber es war keiner hier, der in diesem Sinne gearbeitet hat. Natürlich waren alle Künstler arbeitslos. Beziehungsweise haben sie von ihrer Kunst nicht leben können, weil damals keiner Kunst gekauft oder gefördert hat. Private Förderung gab es nicht. Aber die Gemeinde Wien hat damals eine historische, kulturelle und künstlerische Leistung gebracht. Sie haben von den Bausummen der Wiener Bauten einige Prozente für die bildende Kunst gestiftet. So konnten alle Künstler in Wien Fuß fassen. Ich wäre selber sicher weggegangen, wenn ich diese Möglichkeit zu leben nicht bekommen hätte. Denn gehungert hätte ich damals lieber in Paris als in Wien. Das war eine tolle Leistung von der Gemeinde Wien. Die Förderung der Gemeinde Wien hat dann "Kunst am Bau" geheißen. Ein Teil der Bausumme war für die bildende Kunst. Da haben die Maler auf die Häuser gemalt. Die Bildhauer haben gebildhauert. Sie haben Reliefs gemacht, und Rundplastiken natürlich auch. Aber gleichzeitig hatte das Wiener Denkmalamt großen Bedarf, weil Wien sehr bombardiert worden war. Und fast alle historischen Bauten waren irgendwann getroffen worden. Die ersten Jahre haben wir vom Restaurieren gelebt. Ich habe mit Leinfellner zusammen Aufträge bekommen von der Gemeinde Wien, vom Denkmalamt. Und wir haben restauriert. Und erst später hat die Gemeinde Wien diese Aktion "Kunst am Bau" gestartet. Aber die ersten Arbeiten waren Restaurierungen. Es war zum Verzweifeln, es war alles betroffen. Die Oper war total zerstört, verbrannt. Vis-à-vis die Gebäude, die Albertina teilweise, die historischen Gebäude. Am Graben sind auch viele Bauten beschädigt. Als Erstes wurde die Pestsäule restauriert. Das Kind, der Engel war kaputt, war weg. Und ich habe es neu gemacht. Es steht noch heute. Und dann war natürlich das Burgtheater teilweise von Bomben getroffen worden. Im Foyer war eine Gruppe von 20 Plastiken. Total zerstört. Nur eine stand als Original noch da. Und ich sie den ganzen Winter lang neu ge ... Neu, sie sind nicht restauriert. Die Figuren sind neu gestaltet und gemacht. Ich hab bis im Frühling im Burgtheater gearbeitet. Am Abend, weil bei Tag hab ich restauriert und anderes gemacht. Beziehungsweise war ich in der Schule als Student. Ich hab auch meine Arbeit gemacht in der Schule. Und am Abend hab ich restauriert. Einige Anekdoten sind ganz lustig. Vom Denkmalamt ist der Direktor gekommen. Der hat kontrolliert am Ende. Der hat mir gesagt: "Herr Bertoni, die Figuren sind alle sehr gut." "Nur die eine dort ist ein bisschen langweilig." Ich sagte: Ja, das ist das einzige Original. Das einzige Original. Alle anderen sind neu gebaut. Das war sehr erfreulich und lustig, ne. Die Restaurierung ist eine schwierige, sehr verantwortungsvolle Arbeit. Da kann man nicht ... Da muss man, so gut es geht ... Ich habe auch im Belvedere ... Ich erinnere mich. Ich hab im Belvedere oben zwei, drei Figuren restauriert. Beziehungsweise ganze Teile neu gemacht. Zum Beispiel einen fehlenden Arm oder einen fehlenden Kopf. Das war auch eine große Arbeit im Belvedere. Später dann haben wir angefangen, Aufträge zu bekommen. In gewissen neuen Gebäuden. Und damals kam der Professor Roland Rainer, der später Stadtplaner war, äh, von Deutschland zurück nach Wien. Er hatte den großen Auftrag, die Stadthalle zu bauen. Das war eine Sporthalle. Sie wollten für alle Sportarten die Halle bauen. Und ... Rainer kannte mich von meiner Ausstellung in der Secession und hat mich gefragt, ob ich eine symbolische Figur für die Halle machen könnte. Ich sagte: Ja, hochinteressant, werd ich probieren! Ich habe mir gedacht: Alle Sportarten kann man nicht darstellen. Das hat man in der Antike gemacht. Aber in unserer Zeit ist das das Historische und Klassizistische nicht das Richtige. Und ich habe mir gesagt, alle Sportarten werden durch die Bewegung eigentlich lebendig. Ich habe eine Plastik, die heißt "Bewegung". Aber sie ist ganz abstrakt. Es ist eine abstrakte Lösung für das Thema Bewegung. Es war interessant, weil die war architektonisch gut. Das Problem war nur das Material. Weil die Plastik ist sehr hoch, fünf Meter hoch. Und statisch war die Bewegung in vielen Materialien nicht möglich. Ich bin auf rostfreien Stahl gekommen. Der ist sehr hart und hat eine gute Oberfläche. Aber es gab ein Problem. Der rostfreie Stahl war zum Schweißen problematisch. Weil man hat die Schweißstellen gesehen. Ich bin dann zu den Böhlerwerken. In, äh, in ... In die Fabrik. Und der Ingenieur hat mir gesagt, sie haben gerade eine Elektrode entwickelt, die diese Schweißstellen unsichtbar macht. Ich war ganz begeistert. Sie haben mir auch empfohlen, mit einem kleinen Betrieb in Wien zusammenzuarbeiten, weil sie selber zu teuer waren. Ich bin wirklich zu einem kleinen Betrieb in Wien gegangen. Ingenieur Vanas Betrieb. Ich habe viele Modelle für eine große Stahlplastik gemacht. Und nach diesen Modellen hab ich dann mit der Fabrik zusammen die große Plastik gemacht. Das war die erste Stahlplastik in Wien. Aber auch die erste abstrakte Plastik. Und das hat bis heute ... Anerkennung gefunden. Natürlich ist die Stadthalle heute ... Sie wird für viele ... Für viele ... Sie wird für Theater, für Vorträge und Musik genutzt. Nicht mehr nur Sport, sondern für alle ... Viele ... wie sagt man? Viele, viele ... Vielfältig, ne. Diese Aufträge haben weiter gedauert. Ich habe viele Aufträge auch im Ausland bekommen. Ich habe für die Weltausstellung in New York die große Sonnenanbeterin gemacht. Dann hab ich für Stuttgart, für die neue Oper, auch eine Bewegung gemacht. Das war interessant. Der Architekt, der diese Musikhalle oder Oper in Stuttgart gebaut hat, war Schweizer. Er ist nach Istanbul geflogen und hat bei dem Flug die Stadthalle und die Plastik gesehen. Und bei der Rückfahrt ist er in Wien ausgestiegen und hat sich erkundigt, wer das gemacht hat. Dann kam er zu mir und hat mich gefragt, ob ich für Stuttgart eine ähnliche Plastik machen könnte. Ich sagte, ich hätte viele Modelle, er könne sich eins aussuchen. Also haben wir zusammen eins ausgesucht. Viel größer als bei der Stadthalle steht heute eine große Stahlplatte neben der Oper in Stuttgart. Dann habe ich noch eine große Plastik für Siemens in Deutschland gemacht. Siemens hat in Wien einen Betrieb neu gebaut. Und ich auch habe so eine Bewegung für die Siemenswerke gemacht. Auch in Wien. Das waren drei wichtige Aufträge, und immer dieselbe Quelle, dieselbe Ursache, dasselbe Thema. Die Bewegung. Dann hab ich für ... .. für Stuttgart auch, für die Universität ... Ich habe in der Vortragshalle zwei großes Reliefs gemacht. Die Naturwissenschaft und die Kunstwissenschaft, zwei großes Reliefs. Das waren die großen Aufträge. Diese Aktivität der Gemeinde Wien, "Kunst am Bau", wurde im Ausland, vor allem in Deutschland und in der Schweiz übernommen. In Deutschland wird noch heute ein Teil der Bausummen für die Künstler zur Verfügung gestellt. Das war wirklich eine internationale Idee. Es hat sich entwickelt zu einer internationalen Tätigkeit. Aber wir Künstler haben alle natürlich auch weiter für selbstständige Auftraggeber gearbeitet. Ich habe zum Beispiel für den Professor Spalt gearbeitet. Er hatte eine große Ausstellung, ich weiß nicht mehr, welcher Maler es war, in der Piaristenkirche. Der Piaristenplatz war in der Gotik mit sechs Säulen von der Straße getrennt. Diese Situation wollte Spalt wieder machen. Die gotischen Figuren waren nicht mehr zu finden, und er hat mich dann gebeten, ob ich sechs Säulen machen kann. Und ich habe das gemacht. Aber ein Lehrer in der Schule der Piaristen hat protestiert, dass die Säulen phallische Symbole sind. Er fand das für den Platz unwürdig. Gut, wir haben diesen Lehrer angehört. Die haben protestiert und wollten die Säulen entfernen. Aber die Gemeinde Wien hat sofort reagiert und alle sechs Säulen gekauft. Dann haben sie mir 22 Plätze in Wien angeboten, wo ich die Säulen hätte aufstellen können. Nach meinem freien Willen. Ich habe mir eine Stelle am Ring, neben dem Marriott Hotel gesucht. Dahinter ist ein altes, restauriertes Schloss. Deswegen hab ich die Säulen dort ... Und auf dem Platz stehen noch heute die sechs Säulen. Ich glaube, sehr gut. Ich habe daraufhin auch Aufträge in anderen Städten bekommen. Ich habe in Salzburg für das Festspielhaus auch zwei große Marmorplastiken gemacht. Sie symbolisieren die Musik und das Theater. Die Architektur ist von Holzmeister. In Salzburg steht auch eine große ... Im Museum stand eine große Figur. "Der Zentaur". Der ist jetzt in der Universität. Und ... Für die Verbund hab ich auch einen Auftrag ausgeführt. Der sogenannte Energiebrunnen. Das sind drei Figuren auf einer Granithalbkugel. Und sie symbolisieren ... Eine steht für den Wind. Eine andere für die Sonne. Und ... Und das Wasser. Das sind die Energieelemente. Das ist das Wasser. Dort ist der Wind, aber da fehlt ein Teil. Und das ist das Symbol für die Sonne. Das sind die Energiequellen. Und dieser Brunnen hat eben Energiebrunnen geheißen. Und das ist am Rudolfplatz 13. Das weiß ich zufällig. * Er lacht. * In Wien waren die Künstler damals sehr befreundet. Es gab keine Spannungen. Ich war abstrakt, dann waren die Surrealisten. Aber war keine ... keine Rivalität. Wir waren wirklich alle sehr gut befreundet. Unser Treffpunkt war die Loos-Bar. Dort haben die Mitglieder des Art Club sich getroffen. Und auch alle möglichen anderen. Der Gulda hat jede Woche ein Konzert gegeben, Musik gemacht. Und die Schriftsteller haben vorgelesen. Es war ein künstlerischer Treffpunkt. Nicht nur der Art Club, alle bedeutenden Künstler in Wien haben sich in der Loos-Bar getroffen. Und ... Alle, auch Schriftsteller natürlich. Und Schauspieler. Wir waren natürlich auch mit allen berühmten Schauspielern befreundet. Die Holzmeister, Judith Holzmeister. Und alle anderen, Konradi und ... Alle haben mit den bildenden Künstlern verkehrt. Auch die Schauspieler. Die Situation in Wien war eigentlich einmalig. Das war einmalig, heute wäre das unmöglich. Es gibt Rivalitäten zwischen den Gruppen und zwischen den einzelnen Künstlern. Aber damals waren die Künstler wirklich miteinander, äh, ver ... verbunden, ja. Wir haben die Inge Konradi eben nicht nur von Art Club gekannt. Wir kannten sie vom Volkstheater. Denn wir haben immer die neuesten Stücke dort besucht. Dann ist die Inge Konradi alleine geblieben. Ihr Freund, ein Schauspieler, ist nach Deutschland zurückgegangen. Und ... meine damalige Frau ist gestorben. Und so waren wir beide alleine. Sie war von ihrer Liebe enttäuscht. Und ich war vom Tod enttäuscht. So kamen wir zusammen und haben sehr lange zusammen gelebt. Bis wir dann freiwillig auseinandergegangen sind. In der Loos-Bar ist ein Keller. Und in dem Keller war natürlich ... Man ist runtergegangen, und es war trostlos, weil es eben ein Keller war. Ich habe damals vom Burgenland Stroh, äh, Schilf gebracht. Und ich habe den ganzen Strohkoffer gemacht. Der Strohkoffer ... Ich habe den ganzen Keller mit Schilf verkleidet. Einmal ist der Wotruba zu uns gekommen und hat gesagt, dass der Art Club aussieht wie ein Strohkoffer. Deswegen hat er seitdem "Strohkoffer" geheißen. Und da hat sich alles abgespielt. Die künstlerische Tätigkeit vieler Künstler. Es gab Personalausstellungen. Die Maria Bilger auf jeden Fall, dann der Lehmden, der Hutter, sie haben alle im Strohkoffer ausgestellt. Sie hatten dort ihre ersten Ausstellungen. Der Fuchs natürlich auch. Dann gab es einen gewissen Jansker, der lebt noch heute, in Philadelphia. Er war auch ein Surrealist, ein sehr guter Maler. Ja, jeder Künstler hat sich selber wirklich geäußert und selber realisiert. Jeder auf eine andere Art. Das sind lauter Individualitäten. Der Lehmden hat später ein Schloss im Burgenland gekauft. Das hat er wunderbar restauriert. Das ist ein sehr wichtiges und gutes Museum heute. Damals waren sie alle sehr arm. Lehmden hat bei Fuchs gelebt. Der Hundertwasser war auch sehr arm. Wir waren alle sehr, sehr, sehr arm. Wie gesagt, wenn die Gemeinde Wien nicht die Möglichkeit geboten hätte, Aufträge auszuführen, wären wir ganz arm gewesen. Das war eine historische Leistung. Das kann man nie genug hervorheben. Die jeweilige Kulturreferentin in der Gemeinde ... Ich erinnere mich an einen Matejka. Ich glaube, er war Kommunist. Aber er war in der Gemeinde sehr akzeptiert. Und er hat uns Künstler alle sehr gerne gemocht. Auch alle anderen Kulturreferenten ... Der Maler Gärtner war Kunstreferent für die Gemeinde. Dann der Dr. Weiß ... Sie sind jetzt alle gestorben. Aber sie haben uns viel geholfen. Auch individuell. Sie haben sich individuell um die Kunst gekümmert. Die Kunstabteilung hat man "Siebener" genannt. Heute auch noch, glaub ich. Die "Siebener" vertritt die Malerei und die Kunst in der Gemeinde Wien. Und sie haben sich persönlich für alle Künstler interessiert. Und sie haben ihnen geholfen. Im Jahre 1965 habe ich aus Raummangel im Burgenland die Gritsch-Mühle gekauft. Die hatte eine Scheune. Und dort konnte ich meine großen Arbeiten ausführen. Weil in Grinzing in meinem Atelier war es langsam nicht mehr möglich, Aufträge auszuführen. In diesem Jahr wurde ich an, äh, an die Akademie für angewandte Kunst berufen. Und man hat mir eine Professur angeboten. Die ich dann ... .. angenommen habe. Und dann bin ich ... 30 Jahre praktisch ... 29 Jahre Professor gewesen. Ja, meine Schüler ... Ich habe dann meine Erfahrungen als Bildhauer, formal und materialmäßig, äh, angewandt, angewendet. Und ich habe zeitweise, nein, ständig, 36 bis 38 Schüler gehabt. Sie waren nicht immer alle anwesend, aber 20 bis 25 waren immer da. Heute sind in der Angewandten am Schillerplatz noch immer acht Professoren, die Schüler von mir waren. Meine Klasse hat auch eine Schülerin von mir übernommen. Eine andere Bildhauerklasse, die neu gegründet wurde, leitet auch eine Schülerin von mir. Die anderen Schüler sind in allen Gebieten. In der Keramik ist einer Professor dort, zwei sogar. In der Kunstgeschichte. Auf jeden Fall sind acht Künstler dort, die Schüler von mir waren. Heute sind sie teilweise schon in Pension gegangen. Die Zeit geht vorüber, ne. Unglaublich. Bei dieser Mühle war eine Scheune, die ich inzwischen restauriert habe und wo wir jetzt sitzen. Und ich konnte in dieser Scheune später dann größere Arbeiten durchführen. Die Mühle selber habe ich auch restauriert. Ich muss sagen, 30 Jahre lang. Sie hatte ein Grundstück. Aber später sind viele Grundstücke dazugekommen. Weil der Wein hier in der Ebene nicht so gut gedeiht wie auf den Hügeln, haben mir die Bauern freiwillig 14 Grundstücke verkauft. Heute hat die Mühle sechs Hektar Grund. Und ich konnte dann in diesen Räumlichkeiten wirklich ideal meine großen Plastiken ausstellen. Es ist ein Freilichtmuseum daraus geworden. Das bedeutet, Plastiken im Freien. Natur und Kunst. Es ist ein sehenswürdiger Platz geworden. Er wird sehr viel besucht. Ich habe in der Gritsch-Mühle eine große Sammlung von Eiern. Ich habe sie seit meiner Jugend, seit meiner Studienzeit, immer gesammelt. Es sind 4000 Stück. Aus allen Ländern der Welt. Sie betreffen auch alle Kulturen der Welt. Das Ei hat eine kulturelle Bedeutung und eine religiöse Bedeutung in allen Kulturen. In China, in Indien, in Europa selbstverständlich. Das Ei spielt insofern für mich eine wichtige Rolle, weil in allen Kunstepochen und bei allen Künstlern kommt das Ei irgendwann vor. Vor allem bei den Surrealisten. Und für einen Bildhauer ist das Ei natürlich eine absolute Form. Es ist eine absolute Form, voller Geheimnisse, weil was den Inhalt betrifft weiß man nicht, ob ein männliches oder ein weibliches Wesen herauskommt. Als Form für die Bildhauerei ist es sehr wichtig. Auf jeden Fall für mich war es sehr wichtig. So hab ich automatisch überall, wo ich war in der Welt, Eier gekauft. Ich habe sie in meinem Atelier in Wien gesammelt und irgendwann keinen Platz mehr gehabt. Und dann hab ich vor ein paar Jahren beschlossen, in der Mühle ein Eier-Museum zu machen. Es wird sehr gut besucht, denn auch der Bau ist hochinteressant. Es ist eine Konstruktion aus Eisen und Beton, die sehr von den Architekten bewundert wird. Das Ganze steht auf zwei Säulen. Das ganze Museum. Es ist eine riesige Dachkonstruktion, die gigantisch ist. 4000 Tonnen oder ich weiß nicht, wie viel Eisen darin verarbeitet ist. Und es wird von den Architekten sehr, sehr ... Der Architekt hat den ersten Preis für Architektur im Burgenland bekommen. Ja, und das Freilichtmuseum wird sehr viel besucht. Auch wegen der Eier. Anlässlich der 70-jährigen Zugehörigkeit des Burgenlandes zu Österreich hat mich die Regierung gefragt, ob ich zur Erinnerung ein Denkmal bauen könnte. Ich habe eine Säule gemacht. Ich nenne sie Jubiläumssäule. In dieser Säule sind nicht nur die Ereignisse im Burgenland, sondern in ganz Europa vereint. Da sind die zwei Weltkriege, der Erste und der Zweite Weltkrieg. Da sind viele tote Bürger. Keine Soldaten, sondern Zivilisten. Frauen vor allem, die ich selber erlebt habe. Frauen und Kinder, die unschuldig draufgegangen sind. Bei verschiedenen Ereignissen. Die Säule ist also auch ein Symbol für ganz Europas Politik und Werdegang. Sie steht in Eisenstadt vor dem Landhaus. Auf dem Friedensplatz. Und ich würde sagen, sie ist ... Sie ist eigentlich sehr ernst zu nehmen. Und sie hat eine Bedeutung, die für alle Gültigkeit hat. Man sollte sich ihrer mehr bewusst werden. Heute bin ich stolz und froh, dass ich eine Wienerin als Frau habe. Sie hat größtes Verständnis für die Kunst, und vor allem für meine Arbeiten. Und sie ist mir eine große Hilfe. Sie organisiert alles. Die in letzter Zeit entstandenen Probleme. Meine Probleme. Und ich bin sehr dankbar. Denn wenn ich die Frau nicht hätte, würde ich zusperren. Eigentlich würde das ganze Freilichtmuseum zusperren. Selbstverständlich bin ich auch mit Wien sehr verbunden. Ich habe hier meine ersten und besten Freunde gehabt. Durch die Aufträge bin ich auch künstlerisch und geistig verbunden. Dann gefällt mir Wien insofern, als es eine kosmopolitische Stadt ist, wo so viele Völker verschiedenster Herkunft miteinander leben. Das hab ich in London erlebt, in New York war ich nicht, aber ich war in Paris und so weiter. Da leben die Gruppen von Ausländern immer in Ghettos zusammen, oder sagen wir, in Gruppen. In Wien sind sie vermischt, heiraten und leben zusammen. Wien ist eine wirklich kosmopolitische Stadt, die bewundernswert ist. Und das geht doch sehr gut. Wir sind noch heute sehr mir Wien verbunden. Und wir sind froh, dass wir Wien haben. Oder Wien uns.
Archiv-Video vom 12.08.2014:
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Wander Bertoni (Bildhauer)
Wander Bertoni zählt zu den bedeutendsten Bildhauern der Nachkriegszeit. Er habe den öffentlichen Raum in Wien "wie kein anderer geprägt" würdigte Kulturministerin Claudia Schmied 2009 den bedeutendsten Repräsentanten der Wotruba-Schule. 1943 wurde der damals zwanzigjährige Wander Bertoni aus seiner italienischen Heimat nach Wien verschleppt, wo er Zwangsarbeit leisten musste. Als er sich bei einem der vielen Bombenangriffe in einen Keller bei der Albertina flüchten wollte, wurde ihm der Zutritt versperrt: Ausländer nicht willkommen. Also harrte er auf der Treppe aus und erlebte, wie vor seinen Augen die Oper getroffen wurde ...
Länge: 42 Min. 35 Sek.
Produktionsdatum: 2013
Copyright: Stadt Wien