Mitschrift
So beginnt ein Arbeitstag für Julia, Barbara und Yannick. Die MitarbeiterInnen der Wiener Stadtgärten pflegen den historischen Türkenschanzpark Tag für Tag. Im Frühling gibt es nicht nur für sie besonders viel zu tun, denn dann wird das unverblümte Winter-Wien in ein Blumenmeer getaucht.
Vor 150 Jahren nahmen die Stadtgärten, damals als Stadtgartenamt, ihren Ursprung. Sie feiern heuer gemeinsam mit dem Stadtpark dieses runde Jubiläum.
Gerhard Pledl, Wiener Stadtgärten: "1862 war in der Parkgeschichte, vor allem in der Wiener Parkgeschichte, ein richtiger Einschnitt, denn da wurde der Wiener Stadtpark der Wiener Bevölkerung übergeben, durch Kaiser Franz Joseph."
Rainer Weisgram, Stadtgartendirektor: "Das war bis dato ja nicht der Fall. Man hatte die Gartenanlagen nur im Bereich von Adeligen. Und auf einmal kam die Entscheidung, dass auch für die Bürgerinnen und für die Bürger dieser Stadt Parkanlagen errichtet werden sollen."
Gerhard Pledl, Wiener Stadtgärten: "Ganz einfach um auch eine Bühne für die Wiener Bevölkerung zu errichten, wo man flanieren kann, wo man sehen kann, wo man gesehen werden kann - ganz einfach noch eine der Parkanlagen, die zur Wiener Ringstraße gehören."
Seit dieser Zeit sind in Wien 850 Parkanlagen entstanden.
Bereits jetzt wissen die MitarbeiterInnen der Stadtgärten wie die Frühlingsbeete im kommenden Jahr aussehen werden, aber das wird jetzt nicht verraten. Eines ist jedenfalls klar: Die Blumen in Wien folgen einem einheitlichen Konzept.
Parkbesucherin: "Voriges Jahr waren nur Tulpen. Heuer ist es mit den Primeln kombiniert. Das ist der Unterschied. Und dass die Felder teilweise nicht mehr ganz ausgefüllt werden, sondern nur so bunte Muster drinnen sind."
Rainer Weisgram, Stadtgartendirektor: "Ja, das Thema der Blumenausgestaltung ist eines, das sehr viele Menschen bewegt - auch die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Wir haben uns angewöhnt, unsere 600 Blumenbeete, die wir in Wien betreiben, als Art Visitenkarte zu betreiben."
Parkbesucherin: "Wirklich, der Park ist immer gepflegt. Ganz egal wann man her kommt, er ist immer gepflegt. Man sieht sie immer irgendwo arbeiten."
Rainer Weisgram, Stadtgartendirektor: "So haben wir letztes Jahr zum Beispiel eine Salbeiart in Wien verwendet, die gleichzeitig auch als Bienenweide gedient hat, die ein kräftiges Rot entwickelt hat und eigentlich eine Wildpflanze ist. Das hat Diskussionen ausgelöst, sehr spannende Diskussionen. Aber wir zeigen in diesen Beeten auch immer verschiedene Variationen: Es kann einmal naturnah sein, dann fahren wir wieder Varianten mit mehrjährigen Pflanzen, wo beispielsweise Gräser auch die Vorherrschaft übernehmen."
Barbara, Wiener Stadtgärten: "Wir haben uns voriges Jahr im Sommer eigentlich schon Gedanken gemacht, wie wir es heuer setzen wollen. Und dann gibt es auch einige Pläne dazu, nicht detailgetreu, aber Skizzen haben wir schon gemacht."
Mitarbeiter: "Wie ist denn die Farbauswahl heuer?"
Barbara, Wiener Stadtgärten: "Das sind gelbe Coreopsis, blaue Salvien und Gaura oder Verbenen."
Die Lieblingsblume dieser Parkbesucherin ist heuer nicht dabei, sie liebt nämlich Orchideen.
wien.at-Türkenschanzpark als eines der Juwelen unter den Parks hat auch schon ein gewisses Alter erreicht. Er wurde 1888 aufgrund einer Bürgerinitiative errichtet. In jedem Winkel kann hier einem Stück Österreichischer Geschichte nachempfunden werden. So haben sich hier bei der Türkenbelagerung 1683 die Türken gegen das herannahende Einsatzheer verschanzt.
Gerhard Pledl, Wiener Stadtgärten: "Und die zweite Bedeutung hatte der Türkenschanzpark oder die Türkenschanze: Dort wurde Sand abgebaut und dieser Sand wurde bei den Bauten der Wiener Ringstraße, bei den Prachtbauten, weiterverarbeitet, also vielleicht auch diesbezüglich historisch von Bedeutung. Eine dritte Bedeutung ist auch, dass der Türkenschanzpark diesen Idealtypus der Wiener Sommerfrische, des Semmering-Gebietes au miniature nachstellen sollte."
Julia, Wiener Stadtgärten: "Die Sissi hat ja die Rax so geliebt, die richtige Rax, die es gibt. Und weil sie da krankheitsbedingt nicht immer hinfahren konnte, hat der Franz ihr das gebaut."
Gerhard Pledl, Wiener Stadtgärten: "Bahnlinie, Aussichtswarte, Schluchten und natürlich auch diese Blickpunkte, Tal, Wiesen, Mulden."
Julia, Wiener Stadtgärten: "Es ist absichtlich so gemacht, dass man ein bisschen den Unterschied sieht, wie es in der Natur auch wäre. Und auch die Latschen schneiden wir so, wie sie in der Natur eigentlich wären, dass sie eigentlich durch vier Meter Schnee erdrückt werden."
Die Weltkriege brachten den Wiener Parks eine neue Bedeutung und Relevanz. Vieles wurde zerstört und der Sinn für die schönen Seiten des Lebens ist in den Hintergrund gerückt. Damals stand das Überleben im Vordergrund.
Gerhard Pledl, Wiener Stadtgärten: "Es konnte sich jeder glücklich schätzen, der zu Hause ein kleines Stück Land besaß und das beackern konnte und dann dort für die Selbstversorgung Obst und Gemüse anbauen konnte. Besonders dann im Zweiten Weltkrieg war es natürlich so, dass in sehr vielen dieser Parkanlagen Scholle umgebrochen wurde und dann eben auch dort in öffentlichen Parkanlagen Obst und Gemüse angebaut wurde."
Doch der Schrecken hat ein Ende genommen, den die Wiener Stadtgärten als Institution glücklicherweise überlebt haben. Heute arbeiten insgesamt 1.700 Menschen für die Gartenstadt Wien. Viele von ihnen haben ihr Handwerk in der Berufsschule für Gartenbau und Floristik gelernt.
Angelika, Berufsschülerin: "Wir tun hier das Handwerk machen für Sträuße oder Gestecke oder Kränze, dass wir das lernen."
Rainer Weisgram, Stadtgartendirektor: "In den Wiener Stadtgärten sind derzeit 80 Lehrlinge in Ausbildung."
Bettina, Berufsschülerin: "Ich muss meistens in der Früh mit dem Bus fahren. Dann fange ich um 8 Uhr zu arbeiten an, den ganzen Tag bis um 7 Uhr am Abend. So ist das halt jeden Tag."
wien.at-Kurpark Oberlaa genommen. Aus dem verwahrlosten Areal hat die WIG 74 einen bleibenden Erholungsraum geschaffen.
Gerhard Pledl, Wiener Stadtgärten: "Wenn wir denken, WIG 74 - Kurpark Oberlaa - wird in zwei Jahren 40 und ist ein wunderschöner Naherholungsraum. Sehr vielgestaltig, sehr groß und natürlich dadurch auch sehr hohe Ansprüche an die Gärtnerinnen und Gärtner der Wiener Stadtgärten."
Julia, Wiener Stadtgärten: "Diese Ente hat auch einen Mann und die brüten jedes Jahr nur da beim Wasserfall. Es ist eben ein Pärchen und die kriegen immer ihre Babies und dann gehen sie da runter, weil sie da geschützt sind. Das ist da super, weil da können keine Hunde rein. Obwohl die kleinen Hunde trotzdem rein kommen, aber da haben sie schöne Verstecke bei den Steinen. Da kriegen sie ihre Jungen, da passiert den Jungen nichts. Und eigentlich bekommen sie nur in den eingezäunten Bereichen die Jungen."
Nichts bleibt den GärtnerInnen im Türkenschanzpark verborgen. Wie denn auch, sie arbeiten das ganze Jahr über. Das nächste Blumengeschenk bringt der Mai, dann werden die Sommerbeete in Angriff genommen.
Barbara, Wiener Stadtgärten: "Vor den Eismännern sind die Blumen schon alle verblüht, sprich die Narzissen und die Tulpen. Dann werden die rausgenommen. Und die Primeln sind schon ausgewachsen, die kann man dann auch herausnehmen. Dann kommen die Sommerblumen schon hinein."
Rainer Weisgram, Stadtgartendirektor: "Da kann man auch wieder zurück schauen auf die Entwicklung der Wiener Stadtgärten, auf den 150-jährigen Geburtstag, dass auch die Blumenauspflanzung sich vom Barocken in das Moderne bewegt."
wien.at-TV: "Ist man da eigentlich ein bisschen versucht, die zu pflücken?"
Parkbesucherinnen: "Nein. Die sind so schön zum Anschauen. Haben wir noch nie gemacht. Wir sind noch nie in Versuchung gekommen. Wir haben sogar schon Blumen gerettet. Wenn sie die Raben ausgraben, die Zwiebeln, dann setzen wir sie wieder dort rein."
War das Farb- und Blumenkonzept früher verspielt farbig und sortenreich, liegt jetzt der Schwerpunkt woanders.
Rainer Weisgram, Stadtgartendirektor: "Wir versuchen in der jetzigen Zeit eher einfache, klare Konzepte zu fahren. Es ist ein Sorten- und Farbkonzept, wo wir dem Prinzip folgen: Weniger ist mehr."
Die Wiener Parks sind aber nicht nur wandelnde Blumenausstellungen, sie dienen heute den unterschiedlichsten Nutzungsansprüchen.
Gerhard Pledl, Wiener Stadtgärten: "Wir haben Kinderspielplätze, wir haben Bereiche für Ältere, Senioren, für Pensionisten, die sich in Ruhe zurückziehen können und Kartenspielen; Skateboard-Anlagen, Familienplätze. Dann gibt es natürlich auch teilweise Plätze in Wien, die nur für Mädchen geschaffen wurden, damit sie auch unter sich sein können."
Gerhard Pledl, Wiener Stadtgärten: "Da sieht man, wie sich in 150 Jahren das Parkbild gewandelt hat. Aber Wien ist Gott sei Dank in der Lage oder in der glücklichen Situation, dass wir alle Parks, die die Geschichte hervor gebracht hat, mehr oder weniger in ursprünglicher Art und Weise noch erhalten haben."
850 Grünanlagen bedecken mehr als die Hälfte der Fläche in Wien. Jede hat ihren eigenen Charakter und ihre eigene Geschichte und doch folgen alle dem gleichen Konzept: Wien lebenswerter und grüner zu machen.
wien.at-TV: "Was sind denn deine Lieblingsblumen?"
Barbara, Wiener Stadtgärten: "Eigentlich die Gaura, die finde ich ganz nett."
Berufsschülerin: "Die Gerbera."
Berufsschülerin: "Die Rosen eigentlich."
Parkbesucherin: "Die Tulpe. Aber mir gefällt jede Blume."
Julia, Wiener Stadtgärten: "Packen wir zusammen. Fertig sind wir!"
Archiv-Video vom 05.04.2012:
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wien.at-TV - Reportage vom 6. April 2012 - 150 Jahre Wiener Stadtgärten
Das Jahr 2012 ist für den Stadtpark ein ganz besonderes. Er feiert seinen 150. Geburtstag gemeinsam mit den Wiener Stadtgärten. Neben einer Sonderschau laden auch zahlreiche Parks zum Verweilen und Flanieren ein.
Länge: 14 Min.
Produktionsdatum: 2012
Erstausstrahlung: 06.04.2012
Copyright: Stadt Wien