Mitschrift
Meine Erinnerung an das Nachkriegs- Wien ist dadurch bestimmt, dass sich bei mir alles in Wien abgespielt hat. Ich bin in Wien geboren, in Wien in die Schule gegangen. Ich habe die Schule hier beendet, habe hier mit der Arbeit begonnen und war auch politisch und gewerkschaftlich in Wien tätig. Was für mich bestimmend war, als ich ein Kind war, dass wir auf der Straße gespielt haben. Ich bin in der Haberlgasse aufgewachsen. Wir haben dort Völkerball gespielt. Undenkbar heute, wo dort Durchzugsverkehr ist. Ich bin mit meiner Großmutter mit der Rodel in die Schule gefahren. In die Kreitnergasse. Die Großmutter hat mich gezogen. Undenkbar heute, dass man heute in der Herbststraße im Winter auf Schneebahnen fährt. Und im Garten z.B. hat der Briefträger uns immer die Post mit den Skiern gebracht. Also, hier doch ein ganz anderer Eindruck von Wien als heute.
Dass Wien geteilt war nach dem Krieg, habe ich nicht sehr bewusst mitbekommen. Aber richtig erlebt hab ich es, als mein Cousin aus Amerika, der ein kleiner Bub gewesen ist, nach Wien gekommen ist. Der war Amerikaner und wir waren in der russischen Zone. Er wollte unbedingt zum Semmering fahren, weil er von seiner Mutter, die eine Wienerin gewesen ist, vom Semmering gehört hat. Da ist mein Onkel mit mir mit der Bahn durch die russische Zone zum Semmering gefahren. Das war ein Abenteuer, weil er uns eingeschärft hat, wir dürfen nicht reden, er darf gar kein Wort Englisch sagen, und wir es geschafft haben, gut hin und zurück zu kommen. Das war einer dieser Eindrücke, die ich noch vom geteilten Wien und auch geteilten Österreich habe. Selbst in Wien hab ich es nicht so erlebt, weil sich alles im Umfeld des 16. Bezirks abgespielt hat, und daher ich als Kind die politischen Wirren nicht so bewusst mitgekriegt hab.
Die Lebensverhältnisse damals nach dem Krieg waren ganz anders, als wir sie, Gott sei Dank, heute erleben können. Meine Mutti, meine Großmutter und ich haben in einer Zimmer-Küche-Wohnung gelebt in der Haberlgasse. Mein Vater ist im Krieg gefallen. Er hat mich nicht mehr gesehen. Er ist '45 gefallen und ich bin '44 geboren. Er ist von Frankreich nicht zurückgekommen. Wir haben auch noch manchmal den Onkel gehabt in der Wohnung, weil dessen Wohnung ausgebombt war. Ich muss aber sagen, obwohl Wasser draußen war, das WC draußen war, wir nur kaltes Wasser gehabt haben und einen kleinen Ofen in der Küche für Heizung und das Kochen, es war eine schöne Kindheit. Es war eine Kindheit, eingebunden in einen familiären Zusammenhalt. Was mir sicher abgegangen ist, ist, dass ich im Gegensatz zu anderen Kindern keinen Vater hatte. Aber das war eben einfach so und ich war nicht die Einzige, die in dieser traurigen Situation gewesen ist. Es war eine schöne Kindheit, eine ein bisschen doch entbehrungsharte Zeit. Was wir so an Gewand gehabt haben, das war, würden wir heute sage, secondhand. Und die Großmama hat sehr viel gestrickt. Da hatte ich Pullover und Jackerln und Unterwäsche ist immer zusammen- geflickt worden aus manchen Dingen. Aber es war eine schöne Kindheit.
Es war interessant, dass meine Großmutter immer versucht hat, alle Wolle, die verfügbar war, wiederzuverwerten. Es wurde wieder was aufgetrennt, und ich kann mich erinnern, wie ich meine Finger gehalten habe, dass sie die aufgetrennte Wolle wieder aufgewickelt hat. Das sind so Erinnerungen an die Kindheit. Und ich kann mich erinnern, dass ich selbst versucht hab zu stricken. Und hab Norweger-Fäustlinge gestrickt. Mit dem Ergebnis, dass ein Handschuh zweimal das gleiche Muster hatte und dadurch doppelt so lang war wie der andere. Meine Schulzeit war so, dass ich in der Kreitnergasse in die Volksschule gegangen bin. Das war in der gleichen Zone. Ich bin nach der Volksschule dann in die Albertgasse in ein Gymnasium gegangen. Bezeichnend war, dass ich in die Albertgasse zu Fuß gegangen bin, weil es zu teuer war, einen Fahrschein zu lösen, auch wenn es ein Kinderfahrschein war. Aber das war gesund und hat mir sicher nicht schlecht getan, immer zu Fuß zu gehen. Es war natürlich manchmal beschwerlich, weil die Schulbücher ein großes Gewicht hatten. Besonders, wenn wir Geographie hatten. Da war der Atlas ein ziemlich schweres Trumm. Ich bin nach dem Gymnasium in der Albertgasse auf die Handelsakademie gekommen, bin dort am Hamerlingplatz gewesen. Auch alles praktisch doch in einer unmittelbaren Umgebung. Auch dort bin ich immer zu Fuß gegangen. Da hab ich es besonders in Erinnerung, dass es für meine Mutti sehr schwer war, als Alleinverdienerin das Schulgeld aufzubringen, die Kosten für die Schulbücher aufzubringen und dafür zu sorgen, dass ich einigermaßen vernünftige Lehrbehelfe zur Verfügung habe. Ich betrachte es als einen der ganz großen Erfolge der Politik, insbesondere der Wiener Politik, dass sich hier die freien Schulbücher, die kostenlosen, sich entwickelt haben. Das gilt es zu behalten und zu kämpfen, dass es keine Barrieren bei der Bildung gibt. Meine Sozialisierung hat, glaube ich, schon begonnen, wie ich auf der Straße mit anderen Kindern gespielt habe. Da hat es oft Streitereien unter uns Kindern und Jugendlichen gegeben. Und immer wenn gestritten wurde, bin ich herbeigerufen worden und hab versucht, wieder auszugleichen und Frieden herzustellen. Scheinbar ist es mir meistens gelungen. Und weiter ist die Sozialisierung dann entstanden, als ich in die BAWAG eingetreten bin. Ich bin noch in die Arbeiterbank eingetreten 1962. Die ist ja '63 Bank für Arbeit und Wirtschaft geworden. Ich bin im Fachbereich Ausland gewesen, hab dort eine kleine Abteilung nach kurzer Zeit übernommen. Und da hab ich schon gesehen, wie wichtig es ist, zu versuchen, Teams ... Teams zu fordern. Also, Teams zu bilden. Zu erreichen, das jeder respektiert wird, dass Konflikte in einer vernünftigen Form, in einer Gesprächsform, gelöst werden. Und wie wichtig es ist, dass hier Gleichberechtigung besteht. Nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen den Interessen in einem Unternehmen, einer Gesellschaft. Klassenkämpferisch gesagt: zwischen Kapital und Arbeit. Das Mobbing war uns vom Begriff her nicht bewusst. Genauso wenig wie uns der Begriff Stress bewusst gewesen ist. Aber trotzdem hat es das gegeben. Und es hat sich gezeigt, dass hier mit unfairen Mitteln manchmal gearbeitet wurde. Ich kann's jetzt auf die Betriebsebene beziehen. Das war für mich immer eine Aufforderung, sofort einzuschreiten, wenn ich so was erkannt hab. Das war sicher auch eine der Hauptmotivationen, dass ich neben der Banktätigkeit auch Betriebsrätin in der BAWAG geworden bin. Weil ich da mehr Möglichkeiten gesehen habe, diesen Tendenzen entgegen zu wirken. Für mich war entscheidend, dass jeder und jede, die in diesem Betrieb arbeitet, zufrieden sein kann, Erfüllung in der Arbeit findet, stolz darauf ist, in der BAWAG arbeiten zu können. Dass man gerne ins Büro kommt, aber auch gerne nach Hause geht, aber nicht mit Konflikten beladen nach Hause geht, sondern entspannt in die Freizeit geht. Es ist recht interessant, wie ich in den Betriebsrat gekommen bin. Ich hatte ja vorher weder gewerkschaftliche noch politische Funktionen. Ich war in keiner Parteisektion oder in einem anderen Verein tätig. Aber wir hatten in den 60er Jahren eine Kollegin als Betriebsratsvorsitzende. Und da waren Betriebsratswahlen angesetzt. Sie kam zu mir und wollte, dass ich auch in den Betriebsrat komme. Ich hab sie groß angeschaut und hab gesagt: "Hm, und was soll ich dort tun?" Worauf sie sagte: "Du wirst das schon sehen, verlass dich auf mich." Weil ich die Kollegin sehr geschätzt habe, dachte ich, wenn sie glaubt, dass ich was dazu beitragen kann, dann tu ich es auch. So bin ich hineingerutscht in die Betriebsratstätigkeit. Und hab als Erstes doch gesehen, wie wichtig es ist, dass jeder, der in dem Unternehmen beschäftigt ist, den Zugang zu guter Ausbildung und richtigen Informationen bekommt, sich weiter entwickelt und Perspektiven für sich sieht. Und hab mich daher sehr stark in der innerbetrieblichen Weiterbildung engagiert. Ich habe mich auch später, als es um das Arbeitsverfassungsgesetz ging und wir neue Betriebsvereinbarungen gemacht haben, massiv dafür eingesetzt, dass Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und -nehmer abgesichert werden. Nicht nur den Inhalt der Schulungen betreffend, sondern auch praktisch was die Lehrenden betrifft. Weil ich schon erkannt habe, dass nicht jeder gleich gut Themen vermitteln kann. Und oft auch sehr subjektive Überlegungen einfließen können in die Bildung. Daher war es mir sehr wichtig, Trainer und Vortragende zu haben, die sich mit der Idee der BAWAG, mit dem Haus, mit unserer Kultur identifizieren haben. Das erschien mir wichtig. Ich bin 1987 in den Wiener Gemeinderat gekommen. Dass es überhaupt dazu gekommen ist, ist wieder an Personen gelegen. Es war Helmut Braun, der damals Zentralsekretär in der Gewerkschaft der Privatangestellten gewesen ist, aber gleichzeitig auch Parteiobmann in Favoriten. Und obwohl ich keine Favoritnerin gewesen bin, wurde ich als Ottakringerin aufgenommen. Was für Wien eine Besonderheit ist, weil die Spezifika der Bezirke sehr beachtet werden. Aber Helmut Braun meinte, ich solle mich mehr mit der Kommunalpolitik auseinandersetzen und hat mich in die Obhut Favoritens genommen. Aus diesen Erfahrungen, die ich auf Bezirksebene gesammelt habe, hat sich die Chance ergeben, auf zwei Jahre in den Wiener Gemeinderat einzuziehen. Und da war es sehr interessant, dass ich nach relativ kurzer Zeit zur Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr und Energie bestimmt wurde. Erstmals eine Frau, was natürlich für alle wohl nicht ein Kulturschock war, aber doch eine andere Kultur. Bezeichnend für Wien hab ich damals erlebt, dass Wien in vielem anders ist als andere Bundesländer. Hier war eine größere Bereitschaft, Frauen Chancen zu eröffnen. Und wo der Kampf um die Gleichberechtigung nicht in dem Sinn gesehen wurde, dass das sehr aggressiv sein muss. Sondern zu versuchen, miteinander Lösungen zu finden. Stadtrat Hatzl war damals der zuständige Stadtrat. Ich verdanke ihm sehr viel an Erfahrungen, wie ... in Wien was funktioniert. Und dass Wien so gut funktioniert in den Grundlagen Elektrizität, Gasversorgung, Wasserversorgung, Verkehrswesen, da ist damals schon sehr viel an Basis gelegt worden. Der U-Bahn-Bau konnte fortgesetzt, doch intensiviert werden. Stephansplatz, Westbahnhof, Längenfeldgasse. Hier sind so Meilensteine im U-Bahn-Bau weiterentwickelt worden. Wir haben in der Energieversorgung Heizbetriebe, die Fernwärme weiterentwickelt. Es wurde versucht, umweltschonende Anlagen nach den neuesten technischen Erkenntnissen zu schaffen. Und was ich sehr gelernt hab damals, war, dass die Administration, der Magistrat von der Politik klare Vorgaben braucht. Klare politische Wünsche formuliert, und dann wird mit ungeheurem Engagement, mit Loyalität von allen versucht, diese auch umzusetzen. Dass Wien so gut funktioniert, glaub ich, da ist der Grund, dass zwischen Politik und Verwaltung, dem Magistrat, doch eine große Harmonie besteht und die Bereitschaft, für Wien sich einzusetzen. Auf Wien können wir stolz sein! Zur Rolle der Frau in der Gewerkschaft kann ich authentisch sagen, dass ich einen großen Wandel miterlebt habe und mitgestaltet habe. Meine ersten Schritte in die Gewerkschaft waren Mitte der 60er Jahre, als ich Betriebsrätin wurde. Dann habe ich auch im Rahmen der Gewerkschaft der Privatangestellten Funktionen übernommen. Ich habe geglaubt, die Welt besteht nur aus Bankangestellten. Dann bin ich draufgekommen, es gibt viele Beschäftigte im Handel, in der Industrie ... Und dass die Probleme der Beschäftigten in manchem gleich sind, in vielem aber doch branchenspezifische Situationen herrschen. Und dass auch die Situation der Frauen unterschiedlich ist. In der Industrie, wo sie extrem in geringer Zahl beschäftigt sind im Vergleich zu den Banken oder Versicherungen. Im Handel, wo überwiegend Frauen beschäftigt sind, aber Männer die Betriebsratsvorsitzenden waren, was für mich nicht leicht verständlich war. Trotzdem hab ich mit den Kollegen gut zusammen gearbeitet. Ein weiterer Schritt in der Frauenentwicklung in der Gewerkschaftsbewegung war, als ich näher an den ÖGB herangekommen bin und gemerkt habe, die Welt besteht nicht nur aus Angestellten. Sondern es gibt auch viele andere Berufsgruppen, die Hervorragendes leisten und dafür sorgen, dass wir ein erfolgreiches Land sind. Da hab ich auch gesehen, dass da mit Frauen sehr unterschiedlich umgegangen wird: Im Beamtenbereich eine größere Gleichheit, eine größere Bereitschaft zu akzeptieren, dass Männer und Frauen gleich sind, auch von den Dienstrechten her. Im Arbeiterbereich aber waren stärkere Diskriminierungen für mich erkennbar, als ich es im Angestelltenbereich erlebt habe. Da war es ein gemeinsames Anliegen, hier Dinge voranzutreiben. Wir hatten aber unter uns Frauen nicht immer die gleichen Ansichten. Das möchte ich nicht verhehlen. Z.B. beim wahlweisen Karenzurlaub, den wir sehr vorangetrieben haben. Da waren die Arbeiterinnen nicht begeistert, weil sie im Karenzurlaub ein Recht für sich selbst gesehen haben und eine Befreiung von der Arbeitsbelastung für eine gewisse Zeit. Sie meinten, die Männer würden zu Hause bleiben und sie hätten die doppelte Arbeit, weil die Männer ihnen nicht helfen. Diese gesellschaftspolitischen Veränderungen zu erleben, daran zu arbeiten, dass wir zu einer moderneren Gesellschaft werden, war für mich ein ganz großes Anliegen zusammen mit anderen. Und wir haben in der GPA sehr, sehr engagierte Kollegen gehabt, die uns Frauen dabei unterstützt haben. Ich möchte Kollegen Dallinger als einen der Wichtigsten nennen. Daher war es vielleicht in der GPA nicht so überraschend, obwohl es schon für viele überraschend war, dass eine Frau nach seinem schrecklichen Tod zur Vorsitzenden bestimmt wurde. Ich glaube, es war damals auch die Entscheidung, dass Dallinger als ganz starke Persönlichkeit nicht leicht durch jemand anderen zu ersetzen ist. Und auch die Überlegung, wenn eine Frau, die sich schon in der Gewerkschaft behauptet hat, diese Rolle übernimmt, dass es leichter möglich ist, diesen starken Abgang aus der Gewerkschaft durch eine große Persönlichkeit zu verkraften. Es war für uns damals ein Drama, wenn ich das kurz erzählen kann. Wir hatten eine Sitzung in der BAWAG mit Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertretern zur Vorbereitung des Beitritts zur Europäischen Gemeinschaft. Heinz Zurek hat erzählt, wie die Konsequenzen für Österreich wären. Und während der Sitzung hab ich die Mitteilung bekommen, dass das Flugzeug, in dem Kollege Dallinger und Kollege Wonka von unserer Gewerkschaft saßen, nicht in Altenrhein gelandet ist. Wir sind alle wie erstarrt gesessen und haben auf weitere Nachrichten gewartet. Und da ist dann am Nachmittag die Nachricht gewesen, dass keine Chance besteht, ihn wieder lebend zu sehen. Und da waren wir so betroffen, so große Betroffenheit hab ich selten von Kolleginnen und Kollegen erlebt. Und für mich auch. Als ich zur Vorsitzenden der Gewerkschaft der Privatangestellten gewählt wurde, war für mich die Frage: Wie geh ich damit um? Und obwohl ich ja schon viele Jahre vorher mit ihm zusammenarbeiten durfte im Präsidium und von ihm auch viel gelernt habe, hab ich versucht, alle seine Reden noch einmal nachzulesen, die Programme, die er geschaffen hatte, noch einmal durchzustudieren. Und bin aber draufgekommen, es hat keinen Sinn, jemand kopieren zu wollen. Jeder ist eine eigene Persönlichkeit. Auch wenn ich das Gleiche sagen würde wie er, würde es nicht authentisch sein. Meine Schlussfolgerung war, ich muss authentisch bleiben. Ich muss die Person bleiben, die ich bisher war. Wo ich nach eigener Überzeugung und mit anderen gemeinsam versucht habe, Themen zu besetzen. Und ich hab mich entschlossen, nicht irgendwas zu kopieren, sondern nach meinen Schwerpunkten die Gewerkschaftspolitik mit allen anderen Kolleginnen und Kollegen zu bestimmen. Schwerpunkte waren für mich die Frage der Chancengleichheit. Es war die Frage auch der Arbeitszeit. Und jetzt sag ich nicht nur Arbeitszeitverkürzung, sondern überhaupt die Frage der Lage der Arbeitszeit, ihre Flexibilisierung, was Arbeitszeit für Menschen bedeutet. Weil gerade aus der Sicht der Frauen die Dauer und die Lage der Arbeitszeit einen ganz entscheidenden Einfluss auf ihre Lebensqualität hat. Und das dritte Standbein meiner Schwerpunkte war immer die Frage der Mitbestimmung. Die Mitbestimmung für Arbeitnehmerinnen und -nehmer zu sichern, weiter auszubauen und ihnen die Chance zu geben, auf Augenhöhe mit der Arbeitgeberseite zu verhandeln. Und auch Dinge umzusetzen. Das war für mich immer wieder der Grund zu versuchen, auf der fachlichen Seite mich so weiterzubilden, dass ich auf der gewerkschaftlichen Kampfebene mit der Arbeitgeberseite bestehen kann. Was mir später als Sozialpartnerin bei Verhandlungen geholfen hat. Als ich 1991 als Vizepräsidentin in den ÖGB eingezogen bin, war es für mich eigentlich eine logische Konsequenz, als Vorsitzende der größten Einzelgewerkschaft Mitglied des Präsidiums zu werden. Ich war ja vorher schon im Bundesvorstand, was eine gewisse Vorinformation war, was sich im ÖGB abspielt. Es war sicherlich überraschend für viele, eine Frau als Gewerkschaftsvorsitzende zu haben. Aber besonders Kollege Verzetnitsch hat mich sehr unterstützt und ist mir mit Informationen und Rat zur Seite gestanden, wenn ich mich in der Struktur unserer Gewerkschaftsbewegung noch nicht ganz zurechtgefunden habe. Er hat es sicher getan aus tiefer innerer Überzeugung, weil er ein Unterstützer der Gewerkschaftsfrauen gewesen ist. Damit hat er dazu beigetragen, dass wir manches vorangebracht haben. 1997 wurde ich zur AK-Präsidentin und zur Präsidentin der AK Wien und dann auch zur Präsidentin der Bundesarbeiterkammer gewählt. Die Hintergründe waren für mich ziemlich belastend insofern, als ich Kollegen Heinz Vogler, der nicht zur Wiederkandidatur zur Verfügung stand, persönlich sehr geschätzt habe. Er war unter dem Druck des Wahlergebnisses der vorangegangenen AK-Wahl und auch dem Druck der öffentlichen Meinung, dass hier ein sehr schlechtes Wahlergebnis auch durch ihn entstanden ist, zurückgetreten. Und ich musste seine Nachfolge antreten. Wenn man jemanden schätzt aufgrund seiner menschlichen und fachlichen Qualifikationen, nimmt man nicht leicht auf seinem Sessel Platz. Trotzdem hat mich Heinz Vogler unterstützt in der Entscheidung. Das war für mich der Grund, Ja zu sagen. Ein zweiter Grund war natürlich, zu sagen: Wenn einer Frau eine Chance geboten wird, eine derart wichtige Funktion für das gesamte Land Österreich, für Wien als AK-Präsidentin in Wien zu übernehmen, dann muss ich mir selbst treu bleiben. Wo ich immer darum gekämpft habe, Frauen die gleichen Chancen einzuräumen und die gleichen Chancen zu geben, und hab Ja gesagt. Mit Hilfe auch der Unterstützung von Kollegen Verzetnitsch, der mich bestärkt hat dabei, die Funktion zu übernehmen. Ohne Unterstützung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Gewerkschaften wäre die Kandidatur nicht sinnvoll gewesen. Ich hatte das Gefühl, dass die Gewerkschaft hinter mir steht und bin in das Kammerhaus in der Prinz-Eugen-Straße eingezogen. Was ich damals unterschätzt habe, war die tiefe Verzweiflung, auch der hauptamtlich Beschäftigten, in der Arbeiterkammer. Die den Eindruck hatten aufgrund der öffentlichen Diskussion, dass die Kammer nicht gewünscht ist, ihre Arbeit nicht geschätzt wird. Dass eigentlich hier das Ende der Kammerpolitik, das Ende der Kammern eingeleitet werden soll. Es war ja die Situation mit Haider und den 'Taferln', die damals im Fernsehen gezeigt wurden von ihm. Auch dieses Ausrufen der 'Dritten Republik', also weg vom Kammerstaat, von der Sozialpartnerschaft. Da ist mir erst dann bewusst geworden, auf welchem Prüfstein wir sind. Wie sehr es darum geht, um die Zweite Republik zu kämpfen, dafür Sorge zu tragen, dass wir gesetzliche Interessensvertretungen haben neben den freiwilligen Interessensvertretungen. Und wie wichtig für den sozialen Frieden in Österreich, aber auch für die Wettbewerbsfähigkeit, für die Zukunft die Sozialpartnerschaft ist. Ein friedlicher Interessensausgleich durch Dialog und Verhandlung und den Respekt voreinander bei Verhandlungen auf Augenhöhe. Und das war eine tolle Aufgabe, eine gigantische. Ich liebe meine Kammer heute noch, fühle mich immer noch verbunden mit den Kolleginnen und Kollegen. Wir haben damals einen Schritt für die Aufrechterhaltung unseres Demokratieverständnisses geleistet, mit Hilfe aller, die sich dafür eingesetzt haben. Als ich Kammerpräsidentin wurde, war ich eine der Präsidenten der Österreichischen Sozialpartnerschaft. Wo die Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer ist. Auch die Industriellenvereinigung, die zwar keine Kammer ist, aber ein wichtiger Verhandlungspartner auf Sozialpartnerebene war. Und ich hab bei den ersten Begegnungen mit den Kollegen Präsidenten gemerkt, dass sie ein bissel hilflos sind, wie sie mit mir umgehen sollen. Es sind doch Herren gewesen, oder zum Teil sind sie ja noch, die gewohnt waren, Frauen mehr ... in den Mantel zu helfen, Frauen zur Seite zu stehen oder sie als Begleitperson zu sehen, als Partnerin. Und auf einmal war ich da und hab gesagt: "Ich bin eine von euch." Und hab mir gedacht, die sind hilflos. Die wissen nicht, wie sie mit mir umgehen sollen. Da hab ich mir gedacht, ich verhalt mich ganz normal, unaufgeregt, unspektakulär, fachlich kompetent. Das war für mich immer sehr wichtig, gut argumentieren zu können, guten Argumenten gute Gegenargumente gegenüberzustellen. Und sonst sie schlicht und einfach als Menschen zu behandeln. Als männliche Menschen zwar, aber als Menschen. Das hat sich bewährt. In einer sehr kritischen Situation zum Beispiel: Wir haben ein Konsolidierungspaket verhandelt innerhalb der Sozialpartnerschaft. Da ist es um 30 Milliarden Schilling gegangen. Das waren sehr heikle Verhandlungen wegen des Umgangs damit durch die Politik. Schaffen wir einen Konsens? Wenn nicht, was heißt das? Neuwahlen? Bricht die Regierung? Wir haben uns zurückgezogen an einen Ort, wo niemand wusste, wo wir sind, und waren stundenlang beisammen. Und es war heikel. Die Auseinandersetzungen waren doch sehr hart. Da ist der Präsident Maderthaner aufgesprungen und gesagt hat: "Ich habe genug, ich verhandle nicht mehr weiter." "Die Verhandlungen sind abgebrochen. Aus!" Ich dachte mir, wenn er jetzt hinausgeht, ist es wirklich aus. Und wir können nicht abschätzen, was das für Konsequenzen hat. Dann habe ich etwas gemacht, was ein Mann nicht hätte tun können. Ich habe gesagt: "Leo, komm zurück, setz dich her!" "Wir verhandeln weiter und kommen zu einem Ergebnis!" Wir haben's geschafft. Wir haben ein Ergebnis erreicht. Ich war nie eine ... dezidiert erklärte Frauenpolitikerin. Ich hab nie praktisch direkt aus der Frauenorganisation heraus Funktionen übernommen. Es waren immer die Betriebsrats- oder Gesamtgewerkschaftsfunktionen. Trotzdem war für mich die Weiterentwicklung der Situation der Frauen in der Arbeitswelt ein ganz großer Schwerpunkt. Weil ich erkannt hatte, wo die großen Defizite sind. Und Wien ist das Maß aller Dinge. Auch in der Gewerkschaftspolitik. Das mögen die anderen Bundesländer mir verzeihen. Aber in Wien konzentriert sich praktisch der Fundus der Kreativität, und wo geht's weiter. Die Mischung in der Gesellschaft ist ganz wichtig, um zu erkennen, wo muss man ansetzen. Da war für mich z.B. einer der Ansätze aus der Sicht der Frauen, wie es in den Kollektivverträgen ausschaut, der ureigenen Heimat der Gewerkschaftsbewegung. Da dachten wir, dort können wir am meisten bewegen. Ich habe gemeinsam mit den Kolleginnen in der GPA alle Kollektivverträge, die es im Gewerkschaftsbund gegeben hat, auf offene Diskriminierungen untersucht. Was wir da erkannt haben, war schrecklich. Es war z.B. im Angestelltenbereich, also im Banken- und Versicherungsbereich, so, dass Frauen das Definitivum verloren haben, wenn sie geheiratet haben. Dass Frauen keine Familienbeihilfe bekommen haben, wenn sie verheiratet waren. Dass die Kinderbeihilfe nur den Männern zugeteilt wurde. Dass die Frauen nur dann die Kinderbeihilfe bekommen haben, wenn der Mann nachweislich kein Einkommen hatte. Also, heute unvorstellbar, aber das war damals gelebte Realität, und wurde mit Händen und Klauen und Füßen verteidigt von der Arbeitgeberseite. Und dann haben wir Arbeiterkollektivverträge untersucht und sind auf Frauenlohngruppen und Männerlohngruppen gekommen, wo Frauenlohngruppen natürlich niedriger waren. Oder Akkordlöhne von Frauen waren schlechter als die der Männer. Was skurril klingt, aber auch typisch ist: Es hat z.B. bei den Brauereien unterschiedliche Regelungen beim Haustrunk gegeben. Da haben die Männer die doppelte Menge Bier bekommen als die Frauen vom Haustrunk. Klingt skurril, aber es war ein Einkommensbestandteil und hat die Einkommenssituation der Frauen negativ beeinflusst. Das war einer der Marksteine, wo wir dann sukzessive herangegangen sind, in den Verträgen diese offenen Diskriminierungen zu beseitigen. Bei manchen mussten wir bis zur Gleichbehandlungskommission gehen, weil die Arbeitgeberseite nicht willens war, das sonst zu sanieren. Wir haben immer versucht, Gewerkschaftspolitik gesellschaftlich zu sehen. Wir haben zum Beispiel die Schulbücher untersucht. Welches Bild wird in Schulbüchern von Familien, von Frauen vermittelt? Und haben uns dann auch mit Schulbuchautoren zusammengesetzt. Es war interessant, wenn man dann jemandem gesagt hat: "Ihr schildert ein Familienbild, das nicht der Realität entspricht." "Die Frau daheim am Herd, kochend, waschend." "Der Mann am Pflug, arbeitend." Da haben sie uns groß angeschaut: "Na ja, das war immer so." Da haben wir mit Hilfe von Sinowatz, der Unterrichtsminister war, doch versucht in den Schulbehelfen ein Umdenken zu erzeugen und Dinge weiterzubewegen. Das sind so einzelne Beispiele. Aber auch in der Berufsausbildung bei den Lehrlingen war ein großer Ansatz von mir: Nicht nur Jugendarbeitslosigkeit mit allem, was geht, zu verhindern, sondern auch zu versuchen, dass Frauen und Mädchen sich in die technischen Berufe trauen. Dass sie wegkommen von dem Image: Kaufmännische Berufe, Friseurin. Dass das hier ein breiteres Spektrum bekommt, auch im Angebot von Lehrberufen. Das sind einige der Schwerpunkte, die sich durch mein ganzes Leben gezogen haben. Im Hintergrund war immer bei mir: Mitbestimmung auf allen Ebenen, Chancengleichheit durch Mitbestimmung, und zu versuchen, Chancengleichheit in der Weiterbildung, der Ausbildung und im Zugang zur Bildung beizubehalten. Als ich 1997 Ministerin wurde, ist es auch wieder interessant, wie es überhaupt dazu kommt. Es war so, dass Vranitzky, eigentlich für mich 'in der Nacht', Klima bekanntgegeben hat, dass er nicht weiter den Bundeskanzler machen möchte. Ich werde es nie vergessen: Wir hatten damals Persson zu Besuch, den Ministerpräsidenten von Schweden, und waren beim Heurigen. Ich war auch eingeladen und bin neben Viktor Klima gesessen. Und Vranitzky hat angerufen, und Viktor Klima sagt: "Du, ich will, dass du dann in meiner Regierung dabei bist." Also, mein Schwerpunkt in dieser Zeit war in erster Linie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Ich bin immer noch ...in dem Klima, dass wir gesagt haben: Vollbeschäftigung ist das Ziel. Auch wenn wir immer wieder davon weggekommen sind, hab ich gedacht, man muss immer wieder sagen, um was es uns geht: Menschen brauchen bezahlte Beschäftigung. Sie brauchen es für ihr Leben, für ihren Unterhalt, für ihre Familien, aber auch für sich selbst. Arbeit gibt Selbstvertrauen. Es gibt demokratische Rechte, die man selbstbewusster so umsetzen kann, und das steigert praktisch das Selbstbewusstsein. Daher war die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, die Entwicklung immer wieder neuer Möglichkeiten, Beschäftigungen zu finden, ein Kernziel. Das Kernziel aus dem Ganzen war für mich der Schwerpunkt: Jugendbeschäftigung. Ich hab die Überzeugung, so dramatisch es ist für jemanden, der schon älter ist, arbeitslos zu werden, ist es noch leichter und, in Anführungszeichen, verträglicher, als wenn ein junger Mensch keine Perspektive hat. Wenn eine gute Ausbildung da ist und keine Chance besteht, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wenn man keine Lebensplanung beginnen kann, weil man nicht weiß, wie geht's am nächsten Tag. Daher war das einer der zentralen Punkte, wo ich versucht hab, hier alle zu fokussieren, dass etwas weitergeht. Mein zweiter Punkt war die Frage in der Gesundheitspolitik, die Ressourcen der Sozialversicherung mit der Volksgesundheit zusammenzubringen. Es ist vielleicht nur ein kleiner Erfolg gewesen, aber ein nachhaltiger. Es freut mich immer, wenn was nachhaltig funktioniert. Ich hab damals den ersten allgemeinen, gesetzlich definierten Impfplan für Kinder in die Welt schaffen können. Das funktioniert immer noch. Also, Null- bis Fünfzehnjährige unterliegen einem allgemeinen Impfplan. Und da war für mich so die Überlegung: Impfen heißt, jetzt Vorsorge zu treffen, dass wir vielleicht in 20, 30, 40 Jahren manche Krankheiten nicht mehr haben. Und dass manche Krankheiten bei jemandem nicht auftreten können und damit viel Leid erspart wird. Es war mir die Struktur der Sozialversicherung wichtig, dafür zu sorgen, dass die inneren Strukturen funktionieren. Auf die Bahn gebracht habe ich aus tiefer Überzeugung die E-Card. Wir haben sie Chip-Card genannt. Da war die ideologische Auseinandersetzung sehr, was soll auf der E-Card drauf sein. Ich habe mich vehement gegen Vorstellungen gewehrt, dass hier auf der Chip-Karte Gesundheitsdaten sind. Ich hab gesagt, diese Chip-Karte ist ein Schlüssel. Das ist ein Schlüssel, der demjenigen, der ihn besitzt, den Zugang eröffnet zu Informationen. Auf der Karte selbst darf, außer den persönlichen Daten, nichts sein, was praktisch eines Vertrauensschutzes bedarf. Ohne Unternehmern etwas unterstellen zu wollen: Es war schon die Sorge, wenn da auf der Karte verschiedene Daten sind, die Gesundheit betreffend, wie weit wird jemand dadurch in seiner Arbeit beeinträchtigt. Wenn er z.B. HIV-positiv wäre. Also, das sind wirklich nur Splitter. Ich denke, wir haben in diesen drei Jahren im Ministerium viel weitergebracht. Was mir leid getan hat, und das sind so die Wermutstropfen: Wir haben etwa zwei Jahre daran gearbeitet, ein Schwarzarbeitergesetz zustandezubringen. Da waren mehrere Ministerien dabei, alle Bundesländer, alle Sozialpartner. Wir haben einen Ministerienentwurf, eine Regierungsvorlage gehabt, die wurde in der Regierung, von Farnleitner und mir unterfertigt und einstimmig verabschiedet. Wir haben es dem Parlament zugeleitet und dort wurde es nicht mehr behandelt. Das tut weh, wenn man sehr, sehr viel Arbeit investiert, etwas doch sehr Wichtiges vorantreibt, und es nichts wird. Beruhigung und Befriedigung ist: Später sind Teile davon realisiert worden. Ich hab noch den Gemeinderat in Wien in Erinnerung, dass wir die Prognose hatten, wir werden schrumpfen und schrumpfen. Wir müssen den Wohnbau reduzieren, sonst haben wir zu viele Wohnungen. Innerhalb von zwei Jahren hat sich die Prognose der Demografen um 100 Prozent gedreht: Wien wird wachsen, wir brauchen Wohnungen. Sodass ich für mich die Schlussfolgerung gezogen habe: So wichtig Demografieforschung ist, da gibt es einige Konstanten, aber die Politik hat trotzdem die Verantwortung, ein umfassendes Bild zu geben. Die Konstanten sind das Wachsen der Gesellschaft im Alter, die Variablen sind die Beschäftigungssituation und die Frage der Migration. Daher muss man immer wieder versuchen, diese Variablen in die Politik mit einzubeziehen. Und ich glaube, wir sind jetzt auf einem besseren Weg, als wir vor Jahren noch gewesen sind. Menschen, die zu uns kommen, oder schon bei uns sind, die aber nicht in Österreich ihre Urheimat haben, als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger zu behandeln. Wien hat eine schwere Situation in diesem Zusammenhang, weil wir natürlich die größte Form der Zuwanderung haben. Und es hat, glaub ich doch, wenn man ehrlich ist, einige Jahre Probleme gehabt, wie händeln wir das. Wie händeln wir es und wie gehen wir damit um. Wenn man in Favoriten politisch tätig ist und in Ottakring wohnt, merkt man, wie schwierig das Zusammenleben ist. Wir sind aber auf dem besten Wege, diese Integration, dieses Zusammenleben in einer guten Form zusammenzubringen und zu lösen. Was ich immer wieder versuche zu betonen, ist: Migrationspolitik und Asylpolitik sind zwei grundverschiedene Dinge. Das darf nicht vermischt werden. Ich bin ein sehr friedfertiger Mensch, ich bin ein Mensch, der Toleranz übt und andere Meinungen akzeptiert und zuhört. Aber was von der rechten Seite hier gemacht wird, das ist bös. Das ist nicht nur populistisch, das ist zerstörerisch. Wo ich kann, werde ich mich dagegen wehren. Wenn man sich die Geschichte Österreichs, aber insbesondere von Wien ansieht, dann weiß man, dass Wien einmal der Mittelpunkt Europas gewesen ist, und von Wien aus eigentlich alles gesteuert wurde. Dass das Habsburger Reich Europa insgesamt erfasst hat. Und dass in Wien immer ein Konglomerat der verschiedensten Nationen gelebt und gearbeitet hat und miteinander die Gesellschaft bewegt hat. Und wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, dann weiß ich, dass der Großvater mütterlicherseits aus Böhmen gekommen ist und der Großvater väterlicherseits aus Mähren gekommen ist. Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, dass meine Großmutter mit einem Kopftuch herumging. Da hab ich nichts dran gefunden. Und mit einem langen Kittel und mit Schlafrock, und was sonst damals die Kleidung war. Einfach, zweckmäßig, aber ganz, ganz normal. Daher ist es für mich verwunderlich und schwieriger nachzuvollziehen, mit welcher Aggression oft, und nicht nur Emotion, man dieser ...nicht neuen Situation begegnet. Ich bin aber optimistisch. Wir sind auf einem guten Weg. In Wien zu leben, ist für mich das Schönste, was ich mir vorstellen kann. Ich bin schon sehr viel in der Welt herumgekommen. Auch dank meiner Arbeit in der Internationalen Gewerkschaftsbewegung hab ich viele Länder und Städte kennengelernt. Insbesondere als wir Mitglied der Europäischen Union geworden sind. Als Ministerin hab ich viele andere Länder kennengelernt. Was ich auch kennengelernt hab vor vielen Jahren, war Genf. Wo ich also Genf als eine UNO-Stadt erlebt habe. Und es war für mich fantastisch nachvollziehen zu können, miterleben zu können, wie sich Wien als Weltstadt entwickelt hat und praktisch zur dritten UNO-Stadt geworden ist. Wie die Diskussion um das UNO-Center, das Austria-Center war, hab ich gesagt: "Wieso denken wir so eng?" "Wien ist so eine tolle Stadt, wir können froh sein, wenn wir uns noch mehr öffnen dürfen." Wien als internationale Stadt zu erleben, ist was ganz Schönes. Wien als Kulturstadt zu erleben, ist ein täglicher Gewinn für jeden. Wien als Freizeitstadt zu erleben, Donauinsel: ein Erlebnis, wer es kennengelernt hat. Und Wien anderen Nicht-Wienern herzeigen zu dürfen, ist eine Auszeichnung und kann einen freuen.
Archiv-Video vom 12.08.2014:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.
Eleonora Hostasch (Politikerin)
Eleonora Hostasch (Politikerin) Als Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziale hat Lore Hostasch in den Jahren 1997 bis 2000 Weichen in die Zukunft gestellt. ihr mit den Sozialpartnern ausgehandelter " Nationaler Aktionsplan für Beschäftigung" hat maßgeblich dazu beigetragen, Österreichs europäischen Spitzenplatz in Sachen Vollbeschäftigung dauerhaft zu sichern und den sozialen Frieden zu erhalten.
Länge: 45 Min. 32 Sek.
Produktionsdatum: 2013
Copyright: Stadt Wien