Landtag, 34. Sitzung vom 19.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 79
Strukturelle Probleme sieht man an Beispielen, die in dem Bericht stehen, wie zum Beispiel die eine Patientin, die für eine Dauerkatheteranlage in ein falsches Spital gebracht und dann wieder woanders hingebracht worden ist. Das sind Probleme, die hausgemacht sind. In Wien werden gut funktionierende Abteilungen geschlossen, zum Beispiel urologische Abteilungen, unter dem Vorsatz, dass man sie zusammenlegt und dort durch vermehrte Fallzahlen oder OP-Tätigkeit eine verbesserte Versorgung vorfinden kann. Auf der anderen Seite bauen wir Abteilungen zentralisiert auf, aber stellen dort nicht genug Ressourcen zur Verfügung, damit das auch funktioniert. Das sind klare strukturelle Probleme, die man benennen und die man auch beheben muss. Nur der Herr Stadtrat schaut eigentlich regelmäßig weg. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie können das übrigens heute nachlesen, da gibt es eine Doppelseite in der „Kronen Zeitung“, auf Seite 16, glaube ich, über die HNO-Abteilungen, die nicht funktionieren, oder die Misere in der Unfallchirurgie in ganz Wien, die sicher im Sommer gravierend wird. Übrigens: Orthopädie, Unfallchirurgie, auf diesem Fachgebiet sind die meisten Anliegen 2023 vorgebracht worden. Ich fürchte, der 2024-Bericht wird dort eine deutliche Steigerung sein, denn durch die Schließung des Lorenz Böhlers jetzt im Sommer wird das Krankenhaus Meidling Sommersperre haben, das AKH sperrt ebenfalls zu. Also wir haben jetzt schon, das sehen wir ja schon seit Wochen, einen Engpass bei der Versorgung von orthopädischen und traumatologischen Patienten. Und die Frau Dr. Laschan hat immer gesagt, wir haben eine Zweiklassenmedizin. Ja, wir haben eine Zweiklassenmedizin und die wird auch immer stärker werden, denn, wenn wir im öffentlichen Bereich immer mehr eine Verknappung anbieten, was bleibt einem dann über? Wenn Sie auf eine Hüftoperation acht bis zehn Monate warten, dann werden Sie schauen, was das kostet, wenn Sie im Privatspital operiert werden möchten, da geht es natürlich ein bisschen schneller. Aber wenn wir eine Verknappung im öffentlichen Bereich anbieten, na, dann wird das ganze System in den privaten Sektor abwandern. Und das kann nicht das Interesse der Stadtregierung und von uns allen sein.
Zu einem wesentlichen Punkt möchte ich noch kommen, auf den wir von der Volkspartei seit vielen Jahren hinweisen, dass wir die Long-Covid-Patienten, die Langzeitfolgen der Covid-19-Infektion nicht ausreichend versorgen und behandeln können. Auch das haben Sie in Ihrem Bericht sehr genau beschrieben, dass wir einen dringenden Bedarf an mehr Long-Covid-Ambulanzen und an der Verbreitung von Forschungsergebnissen in diesem Bereich haben.
Ich möchte auf die Empfehlungen des Wiener Pflege- und Patientinnen- und Patientenanwalts eingehen. Hier wird ein höherer Personalstand bei Ärzten, Assistenten und Pflegekräften gefordert, eine Erfüllung von Teilzeitwünschen und verlässliche Dienstpläne. Eine Erfüllung von Teilzeitwünschen finde ich jetzt besonders lustig. Sie haben heute, glaube ich, ein Statement im ORF abgegeben, der Herr Stadtrat ist schon lange mit dieser Idee schwanger, dass man teilzeitbeschäftigten Ärzten ein Nebenbeschäftigungsverbot ausspricht, das heißt, dass sie nebenher keine Wahlarztordination führen dürfen. Das betrifft ja nicht einmal 1 oder 2 Prozent aller Spitalsärztinnen und -ärzte, die zwischen 10 und 20 Stunden beschäftigt sind. Das wird das Problem nicht beheben und ist an sich eine Nebelgranate, die hier zu Lasten der Wertschätzung aller Ärztinnen und Ärzte in Wien abgeworfen wird. Bezüglich eines effizienteren Ressourceneinsatzes habe ich schon Stellung bezogen, man kann Abteilungen nur zusammenlegen, wenn man gleichzeitig auf der anderen Seite ausreichend Ressourcen schafft. Wir von der Wiener Volkspartei sind gegen Verbote und Zwänge, wie sie der Herr Landesrat, Stadtrat vorhat, wir sind eher für Anreize und Flexibilität für das Personal, dann werden wir das Personal halten und auch weiter motivieren.
Ein Punkt fehlt mir ein bisschen in Ihrem Bericht, der war nämlich 2022 ein Schwerpunkt, die Gefährdungsanzeigen. Ich möchte das kurz deswegen ansprechen, weil der Herr StR Hacker vor Kurzem gesagt hat, die Gefährdungsanzeigen sind in Wien zurückgegangen, deswegen geht es dem Personal ja deutlich besser. Das ist sicher der falsche Parameter, um die Zufriedenheit des Personals hier zu reflektieren. Dazu haben Sie leider keine Stellung mehr bezogen, obwohl die Gefährdungsanzeigen auch die Spitze des Eisberges an Problemen im Wiener Gesundheitsverbund sind. Das Problem ist, dass sie oft nicht weiterbehandelt werden oder sogar am Schreibtisch landen.
Zuletzt muss man noch den Patientenentschädigungsfonds ansprechen. 0,73 EUR pro Tag werden hier für maximal 28 Tage abgezogen. Die Kollegin Korosec hat schon gesagt, seit über 20 Jahren wurde das nicht angehoben, und wie wir sehen, wie ich eingangs berichtet habe, steigt ja die Notwendigkeit des Finanzbedarfs im Patientenentschädigungsfonds. Das ist auch gescheit. Deswegen stellen wir einen entsprechenden Beschlussantrag, diesen Betrag auf 1 EUR pro Tag zu erhöhen.
Zuletzt noch ein Dank auch an den Beirat des Patientenentschädigungsfonds. Der macht das nämlich ehrenamtlich. Sowas gibt’s in Wien auch, ehrenamtliche Beiräte, das ist ein bisschen anders als im Kulturbereich. - Und nochmals ein Danke an Herrn Dr. Jelinek und sein Team, ich wünsche Ihnen alles Gute. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Ernst Woller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Konrad. Ich erteile es ihm.
Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Pflege- und Patientenanwalt!
Ich darf heute unseren Gesundheitssprecher Stefan Gara vertreten und natürlich Ihnen auch im Namen der NEOS-Fraktion ganz herzlich für die vorzügliche Arbeit des vergangenen Jahres danken. Denn mit Ihren umfassenden Berichten schafft die Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft eine fundierte Grundlage für Entscheidungen für die verschiedenen Akteure in der Gesundheitspolitik und im Gesundheitsbereich. Sie stellt ein wichtiges Bindeglied zwischen der Bevölkerung und den politischen Entscheidungsträgern dar und sorgt dafür, dass die Anliegen der Menschen im Gesundheitssystem Gehör finden. Sie vermittelt bei Konflikten, klärt zu Fragen bei
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