Landtag, 28. Sitzung vom 23.01.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 19
Geschäftsmodell der Signa basiert im Wesentlichen genau auf solchen Aufwertungsgewinnen, mit denen InvestorInnen gelockt, neue Kredite besichert und wieder neue Immobilien gekauft wurden. Die Bewertung der Immobilien wurde durch die Erhöhung von Mieten nach oben manipuliert, obwohl die betroffenen Handelsgesellschaften diese erhöhten Mieten längst nicht mehr wirtschaftlich darstellen konnten. Menschen können im Gegensatz zu Handelsgesellschaften ihren Betrieb nicht einstellen, Menschen müssen wohnen. Deshalb haben viele Menschen keine andere Wahl, als einen immer höher werdenden Anteil ihres Einkommens für das Wohnen zu zahlen. Deshalb verschulden sie sich - sie verschulden sich teilweise über beide Ohren - für die Anschaffung von Eigentum bis ans Lebensende und so massiv, dass die Kredite bei steigenden Zinsen dann auch nicht mehr bedient werden können.
Die Finanzmarktkrise 2008 hat die Mechanismen am Immobilienmarkt grundlegend geändert. Wir müssen mit unserer Wohnungspolitik darauf reagieren, sehr geehrte Damen und Herren, nur dann können wir die Wohnkosten für die Menschen wieder senken. (Beifall bei den GRÜNEN.) Das heißt, wir müssen die Spekulation bekämpfen und dafür sorgen, dass Wohnen günstiger und grüner wird. Niemand sollte mehr als 25 Prozent fürs Wohnen ausgeben. Das scheint jetzt illusorisch, in den 90er Jahren war das noch ganz normal. Das war schon das Ziel der Arbeiterbewegung und das muss auch unser Ziel sein, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich komme nochmals darauf zurück, die Antispekulationspolitik der Stadtregierung ist halt im besten Falle halbherzig. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele dafür: Während Tirol, Salzburg, die Steiermark und Vorarlberg bereits eine Leerstandsabgabe eingeführt haben, betreibt diese Stadtregierung Arbeitsverweigerung. Wohnungen werden immer öfter zum Anlageobjekt, die BesitzerInnen spekulieren auf steigende Bewertungen, viel zu oft stehen diese Wohnungen dann auch noch leer - ein Geschäftsmodell, das Renditen für Private maximiert und Verluste auf die Allgemeinheit abwälzt, Verluste an wertvollem Boden, Verluste an fix eingeplanten Wohnungen, Verluste an Infrastrukturkosten. Jede Wohnung, die leersteht, treibt die Wohnkosten für alle anderen nach oben und verursacht sinnlose Bodenversiegelung. Zehntausende Wohnungen in Wien werden so dem Wohnungsmarkt entzogen. Wir finden, wer eine Wohnung aus reinem Profitinteresse leerstehen lässt, soll dafür der Allgemeinheit eine Entschädigung zahlen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Damit machen wir Spekulation auf die Wertsteigerung von Immobilien weniger attraktiv, und eine halbherzige Zweitwohnungsabgabe für Nicht-WienerInnen reicht dafür einfach nicht aus, sehr geehrte Damen und Herren.
Beispiel 2: Während andere Millionenstädte der Umwandlung von Wohnungen in kommerzielle Tourismusappartements den Kampf ansagen, bleibt diese Stadtregierung auf halbem Wege stehen. Die Zweckentfremdung von Wohnungen als Tourismusappartements widerspricht der Intention bei der Widmung von Wohnungen. Der Zweck dieser Wohnungen ist eben nicht, neue Hotels zu schaffen, sondern günstigen Wohnraum für die Bevölkerung. Touristische Zweckentfremdung ist in diesem Zusammenhang Spekulation auf höhere Renditen, in dem Fall höhere Einkünfte durch unzweckmäßige Verwendung von genau diesen Wohnungen. Wir finden, Wien muss den Wohnraub durch Touristifizierung endlich beenden und kommerzieller Umwandlung von Wohnungen in Tourismusappartements den Kampf ansagen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Beispiel 3: Auch die Abrissspekulation raubt günstige Wohnungen, ist klimaschädlich und negativ für das Stadtbild. Immobilienhaie lassen günstige, lebenswerte Altbauten verfallen, um sich an teureren Neubauten zu bereichern. Wir finden, der Abriss von Gebäuden muss zur absoluten Ausnahme werden, Sanierung muss die Regel werden. Das ist nicht nur wegen leistbarem Wohnraum, sondern auch wegen Klimaschutz dringend notwendig. Der Schutz vor Abrissspekulation ist aber weiter unzureichend. Die wirtschaftliche Abbruchreife bleibt ein Einfallstor für die Abrissbirne. Das darf nicht so bleiben, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Letztes Beispiel: Während in allen anderen Bundesländern der grüne Grundverkehr, also das Verkaufen von landwirtschaftlichen Flächen, streng reguliert ist, haben wir in Wien bis auf die Ausnahme der Weinbaugebiete sozusagen eine Regelung, die die Spekulation mit landwirtschaftlichen Flächen ermöglicht. Alle anderen Bundesländer schränken das ein, schränken den KäuferInnenkreis bei landwirtschaftlichen Flächen ein. In Wien kann von InvestorInnen munter drauflosspekuliert werden, wo die Stadt als Nächstes erweitert wird. Wir lassen zu, dass die Bodenpreise schon explodieren, bevor überhaupt eine Widmung vorliegt. Wir dürfen uns die Stadtentwicklung doch nicht von SpekulantInnen diktieren lassen! Deshalb brauchen wir, sehr geehrte Damen und Herren, ein Grundverkehrsgesetz, das Spekulation verhindert. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wien hat jahrzehntelang als Hochburg des leistbaren Wohnens gegolten, und ja, unsere Ausgangsbedingungen von 2008 waren besser als in allen anderen europäischen Städten und sie sind es auch heute noch. Wir sind aber dabei, diesen Vorsprung zu verspielen, und in anderen Städten reagiert die Politik auf diese veränderten Rahmenbedingungen - zum Beispiel in Berlin, wo ein Gesetz zur Zweckentfremdung beschlossen wurde. Ich sage jetzt nicht, dass die Situation in Berlin derzeit besser ist, das wäre absolut absurd (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das Gegenteil ist der Fall! Das geht ziemlich nach hinten los!), aber zu glauben, dass halbherzige Maßnahmen unter diesen Rahmenbedingungen reichen, wird die Wohnkosten nicht senken.
Man kann sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. Das Zuhause wird für viel zu viele WienerInnen zu teuer, und deshalb müssen wir konsequent gegen Spekulation vorgehen. Das verlangen wir auch von dieser Stadtregierung, und wir werden nicht locker lassen, bis Sie endlich handeln. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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