Landtag, 26. Sitzung vom 23.11.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 68
gewesen, nämlich dass dieses Gesetz auch verfassungskonform umgesetzt wird, auch in Teilbereichen, die heute noch nicht angesprochen wurden, nämlich dass subsidiär Schutzberechtigte in Wien die volle Mindestsicherung erhalten können, was aus unserer Sicht dem Grundsatzgesetz widerspricht. Aber man hätte zumindest darüber diskutieren können.
Und was mir schon auch zuwiderläuft - und ich habe es gestern auch schon gesagt -, ist, 50 Prozent der Gesetze, die wir heute beschließen, kommen per Initiativantrag herein. Jetzt haben wir heute auch schon gehört, warum das so ist, für das eine oder andere Gesetz gibt es einen guten Grund. Okay, mehr als die Hälfte der Gesetze, die wir im Landtag in der letzten Zeit beschlossen haben, kommen per Initiativantrag. Und da gibt es Thematiken, die sind ein bisschen weniger komplex oder die sind sehr dringlich, das kann man vielleicht auch noch argumentieren, aber in dem Fall, glaube ich, wäre es wert gewesen, auch auf Grund der Komplexität und auch auf Grund der Thematik, einen breiteren Einbindungsprozess zu starten, an dem wir zumindest teilgenommen hätten. Das heißt nicht, dass man am Ende auf das gleiche Ergebnis kommt. Wenn man ein Gesetz oder eine Initiative will, die auf breiten Beinen steht, dann muss man die Opposition auch entsprechend einbinden. Das ist hier nicht passiert, und deshalb werden wir dieser Novelle auch nicht zustimmen. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächster ist Herr Abg. Florianschütz zu Wort gemeldet, und ich erteile ihm das Wort.
Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte ZuschauerInnen im Internet!
An und für sich handelt es sich bei der vorliegenden Materie, und da möchte ich meine Vorredner ein bisschen ausbessern, um keine so wahnsinnig komplexe Materie, sondern es geht um die Frage, wie bekämpfen wir Armut. Da man ja Bezug nehmen soll auf Wortmeldungen im Plenum, mache ich das jetzt auch gleich, also die Frage, dass durch Einbindung der Opposition eine allfällige Zustimmung wahrscheinlich geworden wäre, da habe ich so meine Zweifel. Schlicht und einfach, das glaube ich Ihnen nicht, dass es Ihnen um Armutsbekämpfung geht. Es geht Ihnen da um irgendetwas anderes, das ich nicht ganz nachvollziehen kann, denn theoretisch sind Sie ja Christlich-Sozialer. Wie auch immer, der Wunsch, eingebunden zu sein, ist jedenfalls ein legitimier, den ich ja auch unterstütze, und darum glaube ich, dass wir so oder so im Dialog zu dieser Frage bleiben sollten, meine Damen und Herren.
Das Zweite ist, weil jetzt jemand gesagt hat, dieses Gesetz wird deshalb gemacht, um ein Gerichtsurteil zu heben: Meine Damen und Herren, dieses Gesetz wird gemacht, um Armut zu bekämpfen, und um nichts anderes geht es bei diesem Gesetz. Wie ist die Ausgangslage gewesen? Es wurde ja heute schon angeführt, die bisherige Rechtslage vor dem genannten Gerichtsurteil war, dass in einer Bedarfsgemeinschaft 2 Mal 75 Prozent des Richtsatzes an Erwachsene ausgezahlt worden sind. Und das Gerichtsurteil besagt - und daran halten wir uns natürlich -, dass 2 Mal 70 Prozent ausgezahlt werden. Das ist ein Verlust von 10 Prozent oder ungefähr 105 EUR pro Monat in dieser Bedarfsgemeinschaft. Unabhängig von Kindern, wohlgemerkt, ist das für die Bedarfsgemeinschaft mit 2 erwachsenen Menschen ein Verlust von 105 EUR.
Jetzt kann man sagen, was sind schon 105 EUR? Es gibt eine OGM-Umfrage, die Ihnen allen über das Internet auf der Web-Seite der MA 40 zugänglich ist, und diese besagt, dass 96 Prozent der Haushalte mit Mindestsicherung sich mit einer Minderung ihres Haushaltseinkommens von 100 EUR schwer oder sehr schwer täten. Und, meine Damen und Herren, das mag manchen in diesem Raum wenig erscheinen, aber 100 EUR sind, wenn man am unteren Rand der Gesellschaft lebt, viel Geld. Jetzt kritisiere ich nie Gerichtsurteile, denn Gerichtsurteile sind Gerichtsurteile, aber ich bedanke mich beim Herrn Landesrat, dass dir ein Weg eingefallen ist, das zu kompensieren. Denn da geht’s ja darum, dass man den Menschen, wenn auch nicht ganz 100-prozentig, aber mit 95 EUR diesen Verlust ausgleicht, und leider auf Grund des Urteils auch nicht allen, aber zehntausenden, die in Bedarfsgemeinschaften mit Kindern leben. Meine Damen und Herren, das ist ein großer Schritt, und dafür muss man dankbar sein, und ist ein Beitrag, Armut zu bekämpfen.
Ein noch viel größerer Beitrag ist es, über diesen Kinderanteil, der neu eingeführt wird, diese 47,50 EUR, grob gesagt, die an jeden Erwachsenen im Haushalt bezahlt werden, in dem Kinder leben, erfolgt einerseits die Kompensation bei Haushalten mit 2 Erwachsenen. Und bei Haushalten mit einem Erwachsenen führt das zu einer Verbesserung der Situation, denn die kriegen ja dann 100 Prozent vom Richtsatz und die 47,50 EUR, grob gesagt, dazu. Das heißt, es handelt sich um eine Verbesserung für 9.600 Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher in Wien. Das sind die, die die wahrscheinlich schwierigsten Bedingungen im Leben haben. Und noch einmal, herzlichen Dank dafür, dass diese in diesem Gesetz auf diese Art und Weise berücksichtigt worden sind, denn so stelle ich mir eigentlich vor, wie Sozialpolitik betrieben werden sollte, meine Damen und Herren.
Weil da heute diskutiert worden ist, nach dem Motto, man muss und man sollte, und da geht’s mir jetzt ausnahmsweise nicht um die Verfassungskonformität, da geht’s mir um das reale Leben der Menschen: Die von mir zitierte Studie sagt das ja wieder aus, Haushalte mit Mindestsicherung sparen bei den Grundbedürfnissen, jetzt schon, und wenn man ihnen was kürzt, noch mehr. Was sind diese Grundbedürfnisse der Menschen? Meine Damen und Herren, das ist Essen und Heizen. Es beginnt jetzt gerade die kalte Jahreszeit, darum betone ich noch einmal, Essen und Heizen. Wir müssen, dazu sind wir letztendlich verpflichtet, und das ist dann wahrscheinlich der Unterschied, ich als Sozialdemokrat und meine KollegInnen aus meiner Fraktion der Sozialdemokraten sind dafür gewählt worden, Armut zu bekämpfen und Gerechtigkeit zu erzeugen. Gemeinsam mit unserer Koalitionspartnerin machen wir das hier, und das ist in Ordnung, das
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