Landtag, 26. Sitzung vom 23.11.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 68
minderjährigen Kind in der Bedarfsgemeinschaft natürlich größer, das ist eh klar.
Um nochmal auf den wichtigsten Punkt einzugehen, die Kürzung bei den Paaren ohne Kinder könnte man zum Beispiel auch anders ausgleichen. Ich habe das heute in der Fragestunde eh schon erwähnt, es ist nämlich so, die Änderungen beim Sozialhilfe-Grundsatzgesetz sehen vor, dass ortsbedingte höhere Wohnkosten über die Wohnkostenpauschale abgegolten werden können. Konkret können die Bundesländer in ihren Ausführungsgesetzen vorsehen, dass die Sozialhilfeleistungen zur Abgeltung von Wohnkosten um bis zu 30 Prozent erhöht werden können. Und vor allen Dingen hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis von 2023 auch gesagt, dass es eben diesen Sachleistungszwang nicht unbedingt geben muss, dass er als unsachlich verfassungswidrig aufgehoben werden kann und man stattdessen eine Geldleistung auszahlen könnte. Deswegen haben wir auch diesen Antrag eingebracht, und darauf wird dann mein Kollege Georg Prack noch stärker eingehen, dass wir endlich die Mietbeihilfe reformieren und Leistungen auszahlen können, die wirklich bei der Deckung der Wohnkosten unterstützen.
Noch einmal zusammengefasst, Wien kann und muss in Zeiten der Teuerung bei der Wiener Mindestsicherung noch besser sozial abfedern, aus unserer Sicht. Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen und dafür den vollen Handlungsspielraum ausnützen, den das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz ermöglicht, und zwar eben durch drei konkrete Vorschläge, die wir als Antrag eingebracht haben: Die Erhöhung der Kindermindestsicherung, eine gerechte Form der Mietbeihilfe und die Erhöhung der Unterstützung der Deckung von Wohnkosten. Was es aus unserer Sicht natürlich langfristig braucht, und ich glaube, da sind wir uns wieder sehr einig, ist, ist, dass es eine generelle Reform des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes geben muss, das wirklich armutsfeste Mindeststandards definiert und nicht Höchstgrenzen einzieht oder irgendwelche Deckelungen, denn jeder Mensch hat ein Recht auf soziale Sicherheit. - Danke vielmals. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Bevor ich dem Herrn Abg. Wölbitsch-Milan das Wort erteile, begrüße ich recht herzlich eine Delegation aus dem Villacher Gemeinderat bei uns auf der Besuchergalerie. Herzlich Willkommen im Wiener Landtag! (Allgemeiner Beifall.)
Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.
Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir diskutieren heute über eine Novelle des Mindestsicherungsgesetzes, die über einen Initiativantrag den Weg hier herein gefunden hat. Dem zugrunde liegt - das ist ja auch schon angesprochen worden - ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz auf Bundesebene, und das haben wir gemeinsam damals mit der FPÖ beschlossen, mit zwei Zielen. Das eine war, ein gerechtes Verhältnis herzustellen zwischen allen jenen, die ein Sozialsystem erhalten und finanzieren - laut Pressebericht von vor 3 Wochen sind das, wenn man es ein bisschen zuspitzt, 20 Prozent, die dieses System im Moment erhalten -, und auf der anderen Seite Menschen, die aus diesem System Leistungen beziehen müssen, die in eine Schieflage geraten und danach aufgefangen werden müssen. - Das war das eine Ziel, dass das natürlich, was sozial gerecht ist, dann von Partei zu Partei unterschiedlich in der Bewertung ist, ist vollkommen klar.
Das zweite Ziel war, die Mindestsicherung als Pull-Faktor zu regulieren. Und da beginnt einmal die Diskussion, glaubt man überhaupt, dass die Mindestsicherung ein Pull-Faktor ist? Wir glauben daran, es gibt auch Vertreter anderer Parteien, die daran glauben, wenn ich an Sepp Schellhorn denke, der ja auch ein gutes Beispiel geliefert hat, von Mitarbeitern von ihm, die nach Wien gegangen sind und ihm gesagt haben, sie tun das deshalb, weil hier die Sozialleistungen höher sind als bei ihm im Betrieb und daher lieber ein Arbeitsverhältnis eintauschen gegen - zugespitzt - die Mindestsicherung in Wien.
Das waren die zwei Gründe, warum wir ein neues Sozialhilfe-Grundsatzgesetz auch im Bund beschlossen haben. Jetzt hat die SPÖ auf Bundesebene das gemacht, was ihr natürlich zusteht, sie ist vor den Verfassungsgerichtshof gegangen. Einige Elemente dieses Gesetzes hat der Verfassungsgerichtshof aufgehoben, aber - und das ist halt unsere Kernbotschaft - der größte Teil davon ist weiterhin aufrecht und ist daher eigentlich auch seitens der Stadt Wien umzusetzen. Das heißt, wir befinden uns eigentlich laufend - und wir haben das immer wieder hier thematisiert - in einem offenen Verfassungsbruch. Und jetzt verstehe ich schon, es gibt es halt Dinge, die kann man nachvollziehen als Oppositionspartei, und Dinge, da ist man halt dagegen, es gibt aber eine Mehrheitsentscheidung, und aus meiner Sicht, so wie wir das ja dann auch respektieren müssen, muss man das auch auf Bundesebene respektieren.
In diesem Grundsatzgesetz waren auch viele Dinge, die wir immer wieder diskutieren, auch schon enthalten, nämlich spezielle Schwerpunkte für vulnerable Gruppen, auf der einen Seite Alleinerzieher - ist schon erwähnt worden - und auf der anderen Seite zum Beispiel auch Menschen mit Behinderung. Und das Ziel war anscheinend - Motive der SPÖ weiß am besten die SPÖ -, dieses Gesetz halt jetzt über einen anderen Weg irgendwie auszuhebeln. Man hat eine Novelle erlassen, die jetzt wiederum vom Verfassungsgerichtshof, aber diesmal gegenüber einer SPÖ-geführten Regierung aufgehoben wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat gesagt, nein, so geht es nicht. Gescheit wäre es wahrscheinlich gewesen, oder sinnvoll - aber als Opposition ist man immer super schlau, das gebe ich auch zu -, alle an einen Tisch zu holen und zu sagen, okay, jetzt machen wir es wirklich gescheit und jetzt probieren wir, ein Gesetz aufzustellen, das wirklich hält. Und jetzt behaupte ich einmal, wir wären wahrscheinlich gesprächsbereit gewesen, darüber zu diskutieren, wo wir immer Schwerpunkte setzen, innerhalb des Reglements oder innerhalb des Gesetzes, was will man hier speziell bewirken. Nur, dazu hätte man uns auch einbinden müssen. Jetzt sage ich noch nicht, dass wir uns vielleicht einig geworden wären, denn wir hätten natürlich schon auf eines gepocht, und das wäre vielleicht das trennende Element
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