Landtag, 17. Sitzung vom 23.11.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 84
Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass die Dezentralisierung sehr positiv gesehen wird. Es gab keine grundsätzlichen Rezentralisierungswünsche, allerdings von einigen Bezirken den Wunsch nach Zentralisierung von gewissen Durchlaufposten, auf die man selbst als Bezirk keinen Einfluss hat. Was auf diese Erkenntnisse folgte, war eine sehr angeregte und für mich als ehemaliger Bezirksrat in Ottakring sehr spannende Diskussion darüber, wie man mit dieser Ausgangslage umgehen kann. Es war klar, dass wir die Bezirke in den nächsten Jahren finanziell stärken beziehungsweise entlasten müssen. Ich bin daher sehr zufrieden, dass wir mit dem vorliegenden Vorschlag eine wirklich gute finanzielle Basis für die Wiener Bezirke legen können.
Wie sieht dieser Vorschlag nun also konkret aus? - Erstens wird es eine Abgeltung für Strukturwachstum und den Baukostenindex der Vorjahre von 1 Million EUR pro Bezirk als einmalige Abgeltung geben. Dieses Geld ist dann zwingend zur Tilgung von Schulden heranzuziehen. Zweitens schaffen wir einen 20 Millionen EUR Topf für Grünflächen und für die Baumpflege. Als dritten wichtigen Punkt entlasten wir die Bezirke von den Energiekosten und rezentralisieren diese. Das schafft gerade in Zeiten wie diesen eine sehr wichtige Entlastung. Auf Basis des Vorjahres sind das 20 Millionen EUR, die durch den Zentralhaushalt übernommen werden, und wir wissen natürlich, dass sich dieser Anteil auf Grund der gestiegenen Energiekosten in den nächsten Jahren auch stark vergrößern wird. Als vierte Maßnahme haben wir eine stärkere Gewichtung von Arbeitsplätzen bei der Einwohnerdichte und von der Anzahl der Kindergärten im allgemeinen Verteilungsschlüssel der Bezirksmittel vorgenommen.
Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Reform die 23 Wiener Bezirke auf gesunde, nachhaltige, finanzielle Beine stellen und diese ihren gewachsenen Aufgaben in einer wachsenden Stadt auch in diesen schwierigen Zeiten nachkommen werden können.
Ich möchte mich bei allen Beteiligten, die sich hier mit ihrem Know-how und ihrer Erfahrung eingebracht haben, sehr herzlich bedanken. Danke sehr. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Margulies. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Lieber Kollege Konrad, ich weiß leider nicht, wer Ihnen diese Rede geschrieben hat oder ob Sie sie sich selber geschrieben haben, aber das beschließen wir alles heute nicht, was Sie gesagt haben. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Darum geht es heute überhaupt nicht. Heute geht es um ganz etwas anderes. Die Bezirksmittelverordnung kommt am 21. Dezember in den Gemeinderat und hat mit dem heutigen Beschluss relativ wenig zu tun. Man sollte sich meines Erachtens, wenn man zu Gesetzen und zu Gesetzesänderungen spricht, schon anschauen, was die tatsächliche Gesetzesänderung ist. (Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad: Das habe ich ja gemacht!) Und die einzige Änderung, die die Beträge der Bezirksmittel in der Stadtverfassung tangiert, ist, dass hinkünftig Energie nicht mehr in der Bezirkskompetenz liegt. Das ist das, was wir heute hier in dem Antrag, der vorliegt, beschließen.
Alles andere, was Sie erzählt haben, waren zwar Ergebnisse der Arbeitsgruppe, über die wir tatsächlich noch am 21. Dezember reden werden, aber bitte, lassen Sie sich wirklich richtig briefen, wenn Sie rauskommen und zu einem Gesetz sprechen. (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Geh bitte! Was soll das?) Nein, das war es heute nicht. (Beifall bei den GRÜNEN.) Es tut mir leid, das ist peinlich für uns alle. Das fällt auf uns zurück, wenn man sich in dieser Art und Weise vorbereitet. (Abg. Barbara Novak, BA: Diese Arroganz ist unerträglich!)
Genug dazu, ich möchte tatsächlich etwas zu der Änderung sagen. Ich bin irritiert, dass auch die NEOS dieser Änderung überhaupt zustimmen. Ich mache ein Gleichnis: Jetzt stellen wir uns einmal vor, Sie sitzen in einer Wohnung oder in einem Haus, so wie momentan ganz viele Mieter, und haben eine exorbitant hohe Stromrechnung. Dann kommt jemand und sagt zu Ihnen: Ich zahle künftig deine Stromrechnung. Wie wird sich das auf das Verhalten desjenigen auswirken, der in der Wohnung oder im Haus lebt? Der oder die wird dann sagen: Super, jetzt beginne ich eine thermische Sanierung und werde meine Wohnung sanieren oder ich werde Energie sparen? Oder wird derjenige, der in dem Haus oder der in der Wohnung, sich denken, Gott sei Dank, endlich kann ich die Heizung wieder, so warm es geht, aufdrehen, damit mir nicht kalt wird? (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: So ein Blödsinn!) Es ist kontraproduktiv, die Instandhaltung und die Energiekosten in einer Zeit auseinanderzunehmen, wenn es darum geht, dass wir alle miteinander möglichst viel Energie einsparen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Was jetzt passiert, ist, dass nichtsanierte Schulen, Kindertagesheime und andere im Bezirk zuständige Energiefresser - die großen sind Schulen und Kindertagesheime - nicht saniert werden. Wir wissen, selbst diese neue Bezirksmittelverordnung, die noch beschlossen wird, schüttet ja nicht das Füllhorn über die Bezirke aus, sondern wird bestenfalls mittelfristig - da werden wir am 21. Dezember noch darüber reden - die Verluste, die in den letzten zwölf Jahren entstanden sind, abdecken. Es wird nicht das Füllhorn ausgeschüttet, das heißt, die Bezirke werden froh sein, dass zumindest jetzt aus ihrer Sicht die Notwendigkeit der thermischen Sanierung von Schulen und Kindestagesheimen überhaupt keine Rolle mehr spielt, denn man kann in den Schulen aufdrehen, man kann in den Kindertagesheimen aufdrehen, die Stadt Wien zahlt es eh.
Deshalb wäre es 100 Mal gescheiter gewesen, die Frage der Energiebezüge und die Frage der Verantwortung bei den Bezirken zu belassen, selbstverständlich in Zeiten wie diesen eine Ausgleichszahlung vorzunehmen und zusätzlich noch eine Förderoption zu entwickeln, damit Energiesparen und thermische Sanierung wirklich wieder von jedem einzelnen Bezirk ganz massiv in Anspruch genommen und forciert werden. So erreichen wir das Gegenteil, und daher werden wir diese Gesetzesänderung ablehnen. Ich danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Ernst Woller: Zu Wort gemeldet ist nun Abg. Taucher. Ich erteile ihm das Wort.
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