Landtag, 48. Sitzung vom 25.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 22
ist, der Knabe, als er dann die Mindestsicherung bekommen hat, ist dann leider Gottes inzwischen verstorben, hat aber davor noch eine Erbschaft von seinem Vater gemacht. Und wissen Sie, was die Stadt Wien macht? - Die greift jetzt auf die Erben zu und verpflichtet die Erben, dass sie die anscheinend zu viel bezogene Mindestsicherung zurückhaben möchte. Na, meine Damen und Herren, na, wie geht es Ihnen? Also das ist ja sagenhaft, bitte, was Sie heute mit uns Österreichern aufführen, mit uns Wienerinnen und Wienern! Und der Herr Stadtrat lacht noch! Also ich würde nicht lachen, ich würde mich fremdschämen!
Vielleicht ganz kurz, bevor ich dann zu dem Antrag komme, wenn ich heute auch gehört habe, wir brauchen eine Integrationskultur: Meine Damen und Herren, wir brauchen in Wien und in Österreich eine Abschiebekultur. Das ist die einzige Kultur, die wir brauchen, und die brauchen wir dringendst!
Zu guter Letzt, wie schon angekündigt, der Beschlussantrag, den wir heute einbringen. Ich lese ihn ganz kurz vor: Der Landtag trägt dem zuständigen Mitglied der Landesregierung auf, eine Novelle des Wiener Mindestsicherungsgesetzes vorzulegen, mit der das Bundesgesetz betreffend Grundsätze für die Sozialhilfe und die Änderung des Bezieherkreises in Landesrecht umgesetzt wird. Nicht zuletzt sollen nachstehende Vorgaben im Landesrecht umgesetzt werden. Erstens: Ausschließlich österreichische Staatsbürger haben Anspruch auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung. Zweitens: Ausdehnung der Absicherung unbeweglichen Vermögens zum eigenen Wohnbedarf vor einem grundbücherlichen Zugriff von sechs Monaten auf drei Jahre. Das wäre übrigens schon lange zu machen, meine Damen und Herren. Leider Gottes ist der Herr Landesrat für Gesundheit nicht hier, denn dessen Aufgabe wäre es eigentlich, das schon sehr, sehr lange umzusetzen. Drittens: Einführung des vorgesehenen Kontrollsystems zur Missbrauchsprävention. Viertens: Den Ausbau des Sachleistungssystems, unabhängig von der in § 18 Abs. 2 notwendigen Zweckentfremdung der Leistungen.
Meine Damen und Herren, ich ersuche in formeller Hinsicht um sofortige Abstimmung und würde mich freuen, wenn es dieses Mal klappt. Danke.
Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Rychly zu Wort gemeldet.
Abg. Yvonne Rychly (SPÖ): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseher zu Hause!
Mit Stichtag 1. Jänner 2020 machen die größte Gruppe der in Österreich lebenden ausländischen Staatsangehörigen weiterhin die Deutschen aus. Und ja, ich wünsche mir auch, dass Deutsche endlich Wienerisch lernen. Ich bin ganz dafür.
Aktuelle mediale Debatten um Migration und Integration tendieren dazu, auf Defizite hinzuweisen und zu fokussieren. So attestieren sie MigrantInnen etwas pauschalisierend geringe Bildung und Leistungsorientierung zu. Im Gegensatz dazu sind Darstellungen von gut gebildeten MigrantInnen gar nicht einfach zu finden und kommen oft nur in Nebensätzen vor. Wenn migrantische AkademikerInnen als Hauptpersonen vorkommen, dann spricht man immer von Ausnahmefiguren. Also unsere vielen Rechtsanwälte, Ärzte, ApothekerInnen, IT-Spezialisten, diplomierte Pflegekräfte, alle, die eine gut fundierte Ausbildung haben, sind bei uns alle Ausnahmeerscheinungen, und von denen haben wir sehr viele in Wien, muss ich feststellen.
Auch bei den Wiener Hotels und in der Tourismusbranche findet man besonders viele Beschäftigte, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Trotzdem haben wir gerade in diesem Bereich, in der Gastronomie, im Tourismus, in der Nachtwirtschaft, viele gute ArbeitnehmerInnen, die sich integriert haben. Diese Menschen arbeiten gerne in diesen Betrieben, egal, ob als Stubenmädchen, in der Küche eines Restaurants oder Hotels.
Viele von uns lieben die kulinarische Vielfältigkeit, die uns mit der Zuwanderung mitgeliefert wurde. Die vielen Lokale in Wien, vom Italiener angefangen bis zum Inder, werden alle erfolgreich geführt, und ich kann und ich möchte mir Wien ohne diese vielen Lokale nicht vorstellen. Unser Wiener Beisel oder unsere Wiener Gasthäuser, wo man Gulasch und Buchteln kriegt, möchte ich Ihnen nur sagen, haben auch Migrationshintergrund, sind also auch nicht typisch Wienerisch.
Auf unseren Wiener Märkten gibt es viele Marktstände, die hervorragend von Menschen mit Migrationshintergrund betreut werden, die in den frühen Morgenstunden, wenn viele von uns noch schlafen, bereits zur Arbeit gehen, die Ware holen und spätabends erst wieder nach Hause kommen.
Ebenfalls finden wir sie im Taxi- oder Mietwagenbereich, bei den LKWs und, nicht zu vergessen, Menschen, die im Lager arbeiten, wenn wir alle noch zu Hause schlafen, die Waren in die Supermärkte bringen und Waren direkt auch zu uns nach Hause liefern. Ich kenne wenige ArbeitnehmerInnen ohne Migrationshintergrund, egal, ob sie in unseren wichtigen Spitälern reinigen, unsere Stiegenhäuser reinigen oder vielleicht eines Ihrer Büros. Sie bauen unsere Wohnhäuser, in denen wir wohnen.
Sie asphaltieren unsere Straßen, wo wir tagtäglich gehen und mit unseren Autos fahren. All dieses vollbringen Menschen mit Migrationshintergrund. Für mich sind sie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der enorm wichtig ist für Wien.
Auch unter uns haben wir super gebildete Menschen, die vier Sprachen sprechen und sich toll integriert haben. Integrationsverweigerung ist ein politisches Schlagwort. Es bezeichnet vor allem das Verhalten von Einwanderern, die sich in der Gesellschaft des Einwanderungslandes nicht in dem Umfang assimilieren, wie der Benutzer des Ausdrucks dies erwartet. Also es liegt in unserer Erwartungshaltung. Höchste Lebensqualität hat Wien. Beim Economist Intelligence Unit Ranking werden Sicherheit, Infrastruktur, Umweltqualität, Gesundheitsvorsorge und Bildungsangebote von 140 Städten verglichen. Seit zwei Jahren liegt Wien auch in dieser Studie voran und wurde 2019 zum zehnten Mal in Folge zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt. Und das alles reden Sie schlecht! Danke.
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