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Landtag, 47. Sitzung vom 31.08.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 40

 

Das soll in Zukunft geändert werden. Um Armut langfristig zu vermeiden, muss das Arbeitslosenentgelt in Zukunft von derzeit 55 Prozent des Letztgehaltes auf mindestens 70 Prozent angehoben werden, damit ein vorübergehender Jobverlust nicht langfristig in Schuldenfalle und Armut führt.

 

Die GRÜNEN fordern das schon seit 20 Jahren. Gemeinsam mit der SPÖ haben wir deshalb im Frühjahr auch im Landtag einen Antrag mit genau diesem Inhalt an die Bundesregierung gestellt. Sie alle wissen das. Wir fordern eine Erhöhung der Arbeitslosenersatzrate von 55 auf mindestens 70 Prozent. Seit 1977 besteht diese Ersatzrate, dieser Prozentsatz. Seit damals wird sie öffentlich diskutiert. In den meisten europäischen Ländern bestehen höhere Ersatzraten als in Österreich. Die GRÜNEN treten, wie gesagt, seit 20 Jahren dafür ein, dass hier etwas geändert wird. In wenigen Monaten ist es zwar nicht gelungen, die Versäumnisse der vorangegangenen Bundesregierungen seit 1977 unter der Beteiligung fast aller hier im Raum befindlichen Parteien mit Ausnahme der NEOS und der GRÜNEN zu reparieren. Das ist nicht gelungen, nicht gleich, aber dennoch bleibt eine höhere Ersatzrate das erklärte politische Ziel.

 

Aber was definitiv gelungen ist, und darauf bin ich wirklich stolz, ist, zum ersten Mal seit 40 Jahren gibt es eine Einmalzahlung in der Höhe von 450 EUR für alle Menschen auf Arbeitssuche, die das durch einen Jobverlust erlittene Finanzloch im Börsel ein wenig ausgleichen kann. Es ist ein erster Schritt, wir wollen mehr, klar, aber immerhin. Danke an die Bundesregierung. Die Wiener und Wienerinnen werden sich im September freuen, wenn das Geld aufs Konto kommt. Damit das tatsächlich möglich ist, braucht es eine kleine gesetzliche Anpassung, im Übrigen wie für alle Corona-Maßnahmen. Es war vorerst nicht ganz so einfach in Wien, damit wirklich alle AMS-Beziehenden, auch die mit den besonders geringen Einkommen unter dem Richtsatz der Mindestsicherung von der Einmalzahlung profitieren. Das heißt, damit sie wirklich einmal etwas ins Börsel bekommen, damit also die Hilfe wirklich dort ankommt, wo sie dringend gebraucht wird, war eine Corona-Ausnahmeregelung notwendig. Im ersten Moment konnte sich der Herr Stadtrat nicht mit dem Vorschlag anfreunden, den die GRÜNEN noch vor dem Landtag im Juni vorlegten. Es hat ein wenig Überzeugungsarbeit gebraucht, aber schließlich ist es mit Humor und Geduld gelungen.

 

Mit dem Einbringen von Anregungen während der Begutachtungsfrist und nach der Verankerung der Corona-Hilfe für AMS-Beziehende im Bundesgesetz können wir heute diese kleine Corona-Maßnahme beschließen. Damit schaffen wir für viele Menschen in Wien einen positiven Herbstbeginn, einen leichteren Schulstart. Ich freue mich wirklich, dass das gelungen ist und bedanke mich hier noch einmal ausdrücklich bei den MitarbeiterInnen, die viel gearbeitet haben, damit das heute auch noch möglich wird. Herzlichen Dank!

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr, ersuche dennoch auch kurz noch zu desinfizieren und erteile in Folge Herrn Abg. Seidl das Wort. Er ist der Nächste.

 

12.58.03

Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ)|: Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Meine Damen und Herren!

 

Das Thema, wir hatten es heute schon in der Früh um 8.30 Uhr in einer Sonderausschusssitzung. Auch wir werden dem Antrag heute zustimmen. Ich sehe es allerdings ein bissel kritischer als die Frau Kollegin Berner, die ja vorher gesagt hat, es ist eine Wohltat der Bundesregierung, dass jetzt jeder 450 EUR bekommt. Dem ist ja nicht so! Dem ist ja nicht so aus dem Grund, weil jeder, der heute Mindestsicherung bezieht, wird ab morgen nicht die 450 EUR bekommen. Es werden zum Beispiel nicht die Dauerleistungsbezieher diesen Betrag bekommen. Es werden auch jene Personen den Betrag nicht bekommen, die in Wien heute einfach zu wenig verdienen und auf Mindestsicherung aufstocken müssen. Und auch jene, die heute zu wenig Pension bekommen und auf Mindestsicherung aufstocken müssen, werden diesen Betrag nicht bekommen. Das heißt, das wird nur ein sehr, sehr kleiner Prozentsatz aller Personen sein, die diese Wohltat von Ihnen bekommt.

 

Nachdem ich jetzt kurz auf das, was die Frau Mag. Berner gesagt hat, eingegangen bin, möchte ich auch auf das eingehen, was die Frau Mag. Emmerling vorher gesagt hat, Sie ist jetzt leider nicht da, vielleicht kann man es ihr ja ausrichten. Mich würde interessieren, nachdem sie ja die Mindestsicherungsdebatte auch dazu verwendet hat, auf unbegleitete Flüchtlingskinder einzugehen, würde ich sie schon ganz gerne persönlich fragen, wie viele der unbegleiteten Flüchtlingskinder aus Griechenland sie denn bis jetzt schon persönlich aufgenommen hat? Und die zweite Frage, die sich selbstverständlich sofort anreiht, ist: Wenn sie unbedingt diese 100 Kinder aufnehmen möchte, dann werden wir doch, oder wird sie doch hoffentlich 100 NEOS-Mitglieder finden, die das machen.

 

Ich sage Ihnen auch, meine Damen und Herren: Wenn heute der Landeshauptmann aus dem Burgenland, Herr Doskozil, sagt, wir machen das in Österreich nicht, dann finde ich mich gutmenschlich ganz gut eingebettet. Nur weil Sie das wollen - Sie sind eine Kleinpartei, jetzt ist gar keiner von euch fünf mehr anwesend, beziehungsweise da hinten sitzen noch zwei -, und ein paar Grüne das wollen, können wir uns doch nicht einfach über die Mehrheit hinwegsetzen. Sie können das zwar fordern, aber das wird es nicht spielen, meine Damen und Herren!

 

Jetzt insgesamt zum Wiener Mindestsicherungsgesetz: Ich gebe Frau Korosec natürlich recht, dass wir gerade in Wien beim Wiener Mindestsicherungsgesetz noch einiges zu tun haben. Als Rot-Grün in Wien im Jahr 2010 begonnen hat, waren 24 Prozent der Mindestsicherungsbezieher keine österreichischen Staatsbürger. Im Jahr 2015 waren wir dann bei 43 Prozent, im Jahr 2018 bei 53 Prozent. Die Tendenz ist also stark steigend. Mittlerweile stehen wir bei knapp unter 60 Prozent. Das heißt, von 10 Mindestsicherungsbeziehern, die heute in Wien bei der Magistratsabteilung 40 vorstellig werden,

 

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