Landtag, 47. Sitzung vom 31.08.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 40
der Politik, denn eines muss uns klar sein: So etwas gab es noch nie, beziehungsweise wenn, dann ist es nur vergleichbar mit der Grippeepidemie im Jahr 1918, einer Zeit also, in der die wenigsten von uns politisch aktiv gewesen sein werden.
Uns muss nur klar sein: Wer jetzt nicht schnell hilft, der trägt wirklich Mitschuld an den Folgeerscheinungen. Unter diesem Aspekt war ich doch auch ein wenig enttäuscht über das, was wir gerade mit StR Hacker in der Fragestunde behandelt haben. Wenn wir uns ansehen, wie im Bund agiert wird - und ja, auch dort darf vereinzelt das eine oder andere kritisiert werden, überhaupt keine Frage -, dann stellen wir fest, dass man sich dort sehr schnell dessen bewusst war, dass man ein 39 Milliarden Paket basteln muss, das immer wieder neu adaptiert und in weiterer Folge noch erweitert wird. Da gab es die Corona-Kurzarbeit, den Härtefallfonds, die Corona-Hilfsfonds, den Fixkostenzuschuss, die Hilfspakete für die Medien, für die Kultur, für die Gastronomie. Ja, meine Damen und Herren, das macht wirklich einen Unterschied, ob ich heute als Gastronom mit meiner Tageslosung hergehe und diese im Schnitt mit 15 Prozent Umsatzsteuer besteuert sehe - wenn ich einen 50-50-Anteil zwischen Getränken und Essen annehme, einmal 20 Prozent, einmal 10 Prozent -, wie es normalerweise der Fall ist, oder jetzt mit 5 Prozent. Das sind unmittelbare Unterstützungen für eine massiv in Not geratene Branche!
Und dann sieht man auf der anderen Seite das, was von der Stadt getan wurde. Noch einmal: Es liegt mir jetzt gar nicht besonders daran, Dinge schlechtzureden. Diese Gutscheinthematik war ansatzweise zumindest ganz nett gemeint, aber wenn man dann erfährt, dass vom Taxi-Gutschein, mit dem älteren Menschen Mobilität versprochen wurde - mit einem Volumen von gerade einmal 15 Millionen EUR -, auf Grund des kleingedruckten Ablaufdatums und des bürokratischen Aufwands gerade einmal 10 Prozent auch wirklich eingelöst wurden, dann ist man geneigt, zu glauben, es geht ein bisschen um Ankündigungspolitik. Wenn man weiß, dass mit dem Gastro-Gutschein nicht wirklich massiv geholfen wird wie mit der Reduktion der Mehrwertsteuer, sondern dass es einen Gastro-Gutschein für 950.000 Haushalte gibt und man aus den Medien wieder erfährt, dass gerade einmal 340.000 eingelöst wurden, und wenn man sich ansieht, dass es zwar Überbrückungskredite über die WKBG gibt - gut so, wichtig so! -, allerdings mit einer Haftung von 80 Prozent - auf Bundesebene weiß man, was für einen Unterschied für die Unternehmer die 80-Prozent-Haftung versus die 100-Prozent-Haftung in der Notwendigkeit an Bürokratie gegenüber der Hausbank macht und wie wenig Bürokratie bei einer 100-Prozent-Haftung, wie sie auf Bundesebene auch nach Gesprächen mit Europa und mit Brüssel möglich wurde, im Vergleich notwendig ist, und man sieht ja, welche Volumina dort bewegt werden und welche demgegenüber in Wien -, dann muss man sich schon fragen - und, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich war immer ein Verfechter der Ansicht, dass man in schwierigen Zeiten zusammenstehen soll -: Ist es angesichts dessen wirklich der richtige Zeitpunkt, um von Wien aus auf den Bund zu zeigen?
Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich sehe das ganz anders, meine Damen und Herren, und ich finde es schlimm, wenn wir heute dazu übergehen, von Seiten der Regierungsparteien lieber über Gürtel-Pool, lieber über Radwege in der Praterstraße zu reden als über die substanziellen Nöte und Sorgen und Ängste der Unternehmerinnen und Unternehmer und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Stadt.
Unser Landesparteiobmann Bundesminister Gernot Blümel hat letzte Woche in einem viel beachteten „ZIB 2“-Interview auch davon gesprochen, dass Wien leider unter dieser rot-grünen Landesregierung im Bundesländervergleich immer weiter den Anschluss verliert und immer weiter zurückfällt. Empörung und das Unterstellen eines - ihr wisst schon, wovon ich spreche - angeblichen Wien-Bashings war die Folge, aber gehen wir doch zu den Fakten: 2010 hatte Wien im Bundesländervergleich 29,6 Prozent der österreichischen Arbeitslosen - schon das eine große Zahl -, 2020 sind es nicht mehr 29,6 Prozent, nein, auch nicht 32 oder 34, sondern 2020 sind es 38,1 Prozent. Man kann damit fast sagen, jeder vierte österreichische Arbeitslose ist hier in dieser Stadt zu Hause, einer Stadt, die sich unter Rot-Grün immer dafür rühmt, besonders sozial zu sein. Und wenn, wie ich Ihnen sage, wirkliche Sozialpolitik das Schaffen von Arbeitsplätzen ist, dann haben Sie nachweislich versagt, meine Damen und Herren!
Schauen wir uns im Bundesländervergleich das Wachstum an: 2010 lag der Anteil Wiens am gesamtösterreichischen BIP bei 23 Prozent, 2020 ist er … - Okay, diese Zahlen dürften jetzt nicht ganz stimmen. Gehen wir zum nächsten Punkt:
Das höchste BIP pro Kopf hat Wien jedenfalls nicht mehr, denn da mussten wir mittlerweile die Position der Nummer 1 an Salzburg abgeben - auch ohne Not, meine Damen und Herren, denn Wien war über lange Jahre Wirtschaftslokomotive und Ballungsraum für dieses Land.
Kommen wir nun zur schon mehrfach ausgeführten Thematik des Schlusslichts beim verfügbaren Einkommen: Auch da war es so, dass wir 2010 noch auf Platz 3 waren, jetzt sind wir - mit 21.700 EUR jährlich verfügbarem Einkommen - auf Platz 9 der Bundesländer.
Das ist ja eine Entwicklung, die man nicht einfach so hinnehmen sollte! Da kann man, nein, da muss man gegensteuern, und die Forderungen, die wir in diesem Wahlkampf, aber auch darüber hinaus aufstellen, sind klar und, wie ich glaube, nachvollziehbar, nicht nur für die Wählerinnen und Wähler, sondern auch für die politisch Verantwortlichen. Darum hätte ich mir heute so viel mehr von StR Hanke erwartet, als zu sagen: Na ja, die Dienstgeberabgabe brauchen wir zum U-Bahn-Bau.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns 70 Millionen EUR nicht mehr leisten können, um die Unternehmerinnen und Unternehmer in dieser Stadt zu entlasten und damit Arbeitsplätze für alle Wienerinnen und Wiener zu sichern, dann läuft wirklich etwas schief!
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