Landtag, 46. Sitzung vom 25.06.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 79
Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Ich darf wieder in Vertretung von Frau Kollegin Schwarz sprechen, der es ein besonderes Anliegen ist, dass ich mich hier zu Wort melde, weil sie sehr froh ist, dass wir diesen Antrag gemeinsam zustande gebracht haben.
Ich habe mich ein bisschen eingelesen, und ich habe einen Antrag aus dem Jahr 2015 von uns gefunden. Damals haben die Kolleginnen Leeb und Schneider beantragt, dass sich der Wiener Gemeinderat dafür ausspricht, das Schülerparlament auf Wiener Landesebene rechtlich zu implementieren, und ich bin sehr froh, dass wir das jetzt, fünf Jahre später, gemeinsam schaffen.
Damit wäre ich eigentlich schon am Ende meiner Wortmeldung. Ich darf nur ganz kurz, weil ich das Thema sehr interessant finde, ein bisschen auf die Vorrednerin replizieren. Sie hat meines Erachtens richtig gesagt, dass es auch darum geht, Demokratie im Alltag zu lernen. Das ist, glaube ich, die korrekte Ausdrucksweise. Es darf nicht geschehen, dass man kein richtiges Autoritätsverständnis entwickeln kann. Unsere Gesellschaft beruht nun einmal auf Autoritätsverhältnissen, in welchem Ausmaß auch immer, beispielsweise im Beruf, und es ist, glaube ich, ein falscher Ansatz, jungen Menschen beizubringen, dass sie alles mitbestimmen können, solange sie sich nur artikulieren und zu Wort melden können, und dass es niemanden gibt, der über ihnen steht und sagt, wo es lang geht. So funktioniert unsere Welt einfach nicht, und das wäre ein völlig falsch vermitteltes Bild.
Tatsächlich weiß das inzwischen auch die Wissenschaft. Man hat nämlich herausgefunden, dass gerade Millennials, also gerade meine Generation beziehungsweise ein bisschen jüngere Menschen, massive Probleme haben, wenn sie die ersten Jobs annehmen. Das ist im angloamerikanischen Raum noch schlimmer als bei uns. Warum? - Weil sie mit dem Selbstanspruch in eine Arbeit gehen, dass sie mitbestimmen können und dass es ein wichtiger Bestandteil ist, dass sie von Anfang an gehört werden. Das ist aber leider nicht der Fall, denn wenn man in einem Berufsfeld beginnt, dann ist man Einsteiger, dann ist man jemand, der lernt, dann ist man aber nicht der Chef.
Was festgestellt wird und wurde, ist, dass bei jungen Menschen diese Diskrepanz zwischen der Rolle, in der sie sich selber sehen hinsichtlich dessen, was sie wissen, und dem Maß, in dem sie mitbestimmen zu können glauben, und der Rolle, in der sie in einer Institution tatsächlich sind, große Probleme auslöst. Es besteht nämlich keine Deckungsgleichheit zwischen dem Selbstbild und dem Fremdbild. Und dafür war eben einer der Erklärungsansätze, dass gerade meine Generation, also Millennials - und dem muss ich eigentlich folgen -, klassisch dazu erzogen wurden, dass man überall mitsprechen darf und dass die eigene Meinung immer gleichwertig ist mit allen anderen Meinungen und nie relativiert wird.
Ich glaube, dass das etwas ist, was einfach ein falsches Bild vermittelt und was auch für die Betroffenen selber von Nachteil ist. Deswegen glaube ich, dass es wirklich so ist, wie Sie richtig gesagt haben: Demokratie lernen im Alltag, aber bitte basierend auf realistischen Annahmen! - Danke.
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Bitte desinfizieren! Danke. - Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Aigner. Bitte.
Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Herr Präsident! Herr Stadtrat.
Den Vortrag von Frau Kollegin Berner in Bezug auf Demokratie kann man nicht einfach so stehen lassen. Jetzt wollen Sie die Schule demokratisieren. Aber fangen Sie doch mit der Demokratisierung hier bei uns im Haus an! Der Landtag und der Gemeinderat sind das Herzstück der parlamentarischen Demokratie. Wir hatten jetzt an zwei Tagen Sitzung, wir sind am Ende einer Legislaturperiode und mussten feststellen: Es gibt nichts mehr an Kontrolle, es gibt nichts mehr an Transparenz, die Sie versprochen haben. Die Akten werden immer dünner.
Ich war auch kurzzeitig Mitglied in der Untersuchungskommission, und da ist mir, obwohl ich schon viele Jahre in vielen verschiedenen Ausschüssen war, erst richtig bewusst geworden, wie wichtig die Ausschüsse sind. Diese sind offenkundig das zentrale Gremium. Und der Magistrat ist ein Hilfsorgan des Ausschusses, aber im Ausschuss bekommt man eigentlich nur mehr Dreizeiler, in welchen steht, dass irgendein Verein Geld braucht, das Geschäftsstück bekommen wir jedoch nicht.
Das ist parlamentarische Demokratie anno 2020, in einer Zeit, in der Sie die Schule demokratisieren wollen! Die Demokratie hat genau hier ihr Herzstück, und ich bitte Sie: Nehmen Sie das Wort Demokratie, solange wir hier so arbeiten und das eigentlich nicht besser, sondern schlechter wird, nur mehr sehr sparsam in den Mund, meine Damen und Herren!
Obwohl wir noch nicht einmal mit der Debatte begonnen haben, werden wenige Stunden vorher bereits ein Konzept und eine Broschüre als beschlossen dargestellt. - Das ist das Demokratieverständnis, das hier an den Tag gelegt wird! Wie stellen Sie sich das vor, die Schule zu demokratisieren? Dort gibt es eben einen Bestimmer oder eine Bestimmerin, einen Lehrer oder eine Lehrerin. Soll man jetzt am Anfang des Tag immer fragen: Was machen wir heute? Und was mache ich dann, wenn die Mehrheit sagt: Wir wollen eigentlich nichts machen! Wir wollen am Handy spielen!? - Soll ich dann sagen: Na, dann spielen wir heute am Handy!?
Ich meine, im Hinblick darauf müssen Sie sich schon die Frage stellen: Wo gehört Demokratie hin, und wo gehört sie nicht hin? Selbstverständlich soll man im Schulunterricht demokratische Verhaltensweisen lernen. Aber es kann doch nicht jeder den ganzen Tag tun, was er will! Das ist ja keine Kommune, sondern dort muss etwas geschehen. Es gibt einen Lehrplan, und auch der Lehrer hat ja einen Bestimmer über sich. Auch das ist Tatsache. Die jungen Menschen sollen ja auch aufs Berufsleben vorbereitet werden.
Auf welches Leben wollen Sie die Kinder denn vorbereiten? - Manchmal hat man das Gefühl: Aufs Spazierengehen und Herumflanieren. Aber irgendwann muss
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