Landtag, 45. Sitzung vom 29.04.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 10
nächster Redner ist Herr Abg. Wiederkehr gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Christoph Wiederkehr, MA (NEOS): Vielen Dank. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben heute im Gemeinderat zu Recht schon des Öfteren über die wirtschaftspolitischen Auswirkungen dieser Corona-Krise gesprochen, und vor allem die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen werden massiv sein. Wir wissen, dass Mitte Mai erstmals zirka 250.000 Menschen in Wien in Kurzarbeit und darüber hinaus nochmal 200.000 Menschen arbeitslos sein werden. Das ist eine unglaublich hohe Zahl, die besagt, dass jeder zweite unselbstständig Erwerbstätige in Wien entweder von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit betroffen sein wird. Das ist eine dramatische Entwicklung, die auch jetzt noch eine unglaubliche Dynamik hat und uns alle, die Stadt, die Wirtschaft, die Bevölkerung, langfristig begleiten wird.
Wir sehen auch einen massiven Einbruch des Haushaltseinkommens - natürlich, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit haben einen massiven Einfluss. Die letzten Zahlen, die ich bei einer aktuellen Umfrage gesehen habe, sind massiv: 35 Prozent der Haushalte mussten bisher auf Einkommen verzichten, nämlich im Schnitt um 700 EUR pro Haushalt. Besonders betroffen sind die Selbstständigen, die in dieser Krise besondere Herausforderungen haben. Es sind nämlich im Durchschnitt 1.100 EUR, die jeder Selbstständige bisher verloren hat, auf die jeder Selbstständige bisher verzichten muss.
Wir dürfen der Bevölkerung jetzt aber auch nicht vorgaukeln, dass die Krise bald vorbei sein wird. Zumindest arbeitsmarktpolitisch wird sich die Krise fortentwickeln und weiterhin Bestand haben. Ich gehe davon aus, dass wir noch nicht einmal den Höhepunkt erreicht haben, sondern das Gegenteil der Fall ist. Das 2. Quartal im heurigen Jahr wird vermutlich das schlimmste werden. Das 1. Quartal ist vergleichsweise glimpflich davongekommen, weil viele Effekte erst im 2. Quartal merkbar sein werden.
Besonders besorgniserregend wird die Zeit sein, in der die Behaltefrist für diejenigen, die in Kurzarbeit sind, abläuft, weil dann natürlich Unternehmen, die an der Kippe stehen, weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen müssen, die auf Grund der Kurzarbeit keinen Schutz mehr haben. Das wird viele Existenzen zerstören, das wird viele Familien dramatisch beeinträchtigen. Das, was wir sehen, ist auf jeden Fall die größte arbeitsmarktpolitische Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.
Wir sehen mit der heutigen Pressekonferenz, dass es auf Bundesebene schon erste Konzepte gibt, die Wirtschaft zu beleben, Steuern zu senken und so auch eine Binnennachfrage zu steigern. Das halte ich für richtig, das halte ich für wichtig, in dieser Krise darauf zu schauen, wie wir es schaffen, die Menschen zu entlasten und die Wirtschaft zu befördern und da einen Turbo auch im Kleinen zu zünden, indem wir es schaffen, den Haushalten wieder mehr Geld zur Verfügung zu stellen, damit diese auch investieren und sich etwas anschaffen können.
Da muss die Stadt mitziehen. Wir brauchen auch ein kommunales Entlastungspaket, wir brauchen ein kommunales Konjunkturpaket. Darüber haben wir noch nicht wirklich gesprochen. Die erste Phase war, Krise managen, die zweite Phase, zu schauen, wo man punktuell unterstützt. Aber jetzt, in der dritten Phase, brauchen wir auch Überlegungen dazu, wie wir die breite Wiener Bevölkerung entlasten können, auch mit Gebühren, die in Wien eingehoben werden, entlasten können, damit dieses Geld der Entlastung in die Kaufkraft fließt und somit die Wirtschaft angekurbelt wird.
Man könnte beispielsweise die Wassergebühren, die Kanalgebühren, die Müllabfuhrgebühren senken, um die Wienerinnen und Wiener zu entlasten. Im Gemeinderat wurde einmal darüber diskutiert, dass man jetzt überhaupt nicht sparen könne: Doch, man kann punktuell dort sparen, wo es sinnvoll ist, zum Beispiel bei Bezirksvorsteher-Stellvertretern, Proporzjobs, die man abschaffen kann. Man könnte zum Beispiel im heurigen Jahr einen Solidarbeitrag über die Parteienförderung einführen, weil so viele andere Bereiche auch darunter leiden, indem wir zum Beispiel heuer sagen: Wir verzichten auf 25 Prozent der Parteienförderung im heurigen Jahr. Das wäre alleine in Wien ein Millionenbetrag an Entlastung, die die Wienerinnen und Wiener verdient hätten, indem wir dadurch mehr Geld zur Verfügung haben, um in Kaufkraft zu investieren, um in Entlastung zu investieren, damit wir alle gut aus dieser Krise wieder herauskommen. - Vielen Dank.
Präsident Ernst Woller: Bitte das Rednerpult zu desinfizieren. - Danke schön. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Juraczka. Ich erteile es ihm.
Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich würde sagen, fast naturgemäß geht es ähnlich wie in der vorhergehenden Sitzung des Gemeinderates auch jetzt in der Landtagssitzung um die Causa prima, um die Corona-Krise und ihre Auswirkungen. Ich stehe zu diesem Thema mittlerweile zum dritten Mal hier am Rednerpult, aber es gibt noch immer einige Aspekte, die noch nicht beleuchtet worden sind und mir sehr wichtig sind.
Wie wir alle wissen, sind wir, was die medizinische Bewältigung dieser Krise betrifft, auf einem guten Weg - wir wollen es nicht verschreien. Wir alle wissen, dass sich Zahlen auch sehr rasch wieder ändern können, aber es sieht so aus, als hätte Österreich, anders als viele andere europäische Länder, durch die Disziplin der Österreicherinnen und Österreicher hier sehr gute Arbeit geleistet. Es wird aber dann, und da stehen wir wirklich erst am Anfang all unserer Bemühungen, darum gehen, diese Krise auch wirtschaftlich zu meistern, und zwar in all ihren Belangen, in allen Aspekten.
Wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit, das heißt, die Arbeitnehmer sind unmittelbar und substanziell oftmals davon betroffen. Wir haben natürlich auch unglaubliche Belastungen für die Unternehmer - auch da müssen Anreize geweckt werden. Es freut mich - mein Vorredner ist schon ganz kurz darauf eingegangen -, dass auch die Bundesregierung gerade - man könnte fast sagen, zeit
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