Landtag, 40. Sitzung vom 20.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 76
Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Ellensohn am Wort.
Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Volksanwälte! Meine Damen und Herren!
Der Bericht ist jedes Jahr sehr umfangreich, sehr interessant zu lesen und gibt natürlich auch immer eine Menge Handlungsanleitungen für die Politik. Die Frau Abg. Korosec hat uns gegenüber einen Vorteil als ehemalige Volksanwältin. Ein Praktikum, wie Sie fast vorgeschlagen haben, für uns alle in der Volksanwaltschaft, wenn man es sich zeitlich einrichten könnte, wäre tatsächlich eine schlaue Idee. Auf jeden Fall ist es wert, ein genaues Auge auf die Arbeit der Volksanwaltschaft zu werfen.
Weil heute 30 Jahre Kinderrechte, UN-Kinderrechtskonvention gefeiert werden, gehe ich auf ein paar Punkte ein, die Kinder im Speziellen betreffen. Es sind 16.263 Personen an die Volksanwaltschaft in diesem Berichtszeitraum herangetreten. Wenn man die Seiten 35 bis 42 liest, hat man einen Eindruck, was alles über Kinder- und Jugendhilfe gesprochen wird.
Da wird am Anfang zum Beispiel darauf verwiesen, wie viele Kinder fremd untergebracht werden. Das sind unterschiedlich viele in den Bundesländern, in Wien mehr als zum Beispiel im Westen, also in Wien 1,2 Prozent aller Kinder, in Tirol ungefähr die Hälfte in Prozent. Unabhängig davon, nur um sich einmal eine Vorstellung davon zu machen, 1 Prozent, jedes hundertste, das heißt, auf eine Volksschule, 4 1. Klassen, ein Kind abgenommen, nicht in der Lage, dass es die Familie schupft. Wenn man weiß, wie spät ein Kind abgenommen wird - es wird ja nicht aus Jux und Tollerei abgenommen -, wann das passiert und wann ein Kind fremd untergebracht wird, kann man sich ungefähr vorstellen, weil sonst muss man Dunkelziffern hernehmen, aber es kann sich jeder das selber vorstellen, wie viele Kinder wirklich in Verhältnissen leben, die man sich selber nicht wünscht und die man auch keinem Kind wünschen kann, wie viel Arbeit da ist, dass es jedem einzelnen Kind gut geht. Über 1 Prozent, in Wien waren das fast 4.000, 3.967 Kinder im Berichtszeitraum. Wir kennen die Problematik. Das ist eine sehr heikle Aufgabe für alle Dienststellen, weil wenn ein Kind abgenommen wird, schreien viele, das hätte die Familie vielleicht noch geschafft, und beim nächsten, wo etwas passiert und es nicht abgenommen wurde, war es wieder zu spät. Also für die Leute, die diese Entscheidung fällen müssen, ist das eine sehr schwierige Aufgabe, die sehr ernsthaft gemacht wird. Aber man sieht dann im Ergebnis eine hohe Zahl, finde ich, wo es offensichtlich notwendig ist, und noch schlimmer, wie viele in der Nähe davon sein müssen. Im Berichtszeitraum nur leicht angestiegen, aber das macht es nicht besser. Zum Glück wird es nicht viel schlimmer. Es ist schlimm genug, wie es ist.
Dann kommt der fehlende Krankenversicherungsschutz für Kinder und Jugendliche in sozialpädagogischen Einrichtungen. Da gibt es heute auch einen Antrag der Volkspartei dazu. Da ist halt der Dauerstreit, wer es zahlen soll. Wenn man sich irgendwann in ganz Österreich einigen könnte, wer die Kosten übernimmt, könnte man sich vielleicht sparen, dass in jedem Bundesland das Bundesland sagt, es will es eigentlich nicht übernehmen, der Bund natürlich auch sagt, er will es nicht übernehmen, und dann alle im Regen stehen. Gemeinsam in neun Bundesländern, über die Parteigrenzen hinweg, alle sitzen in irgendeinem Bundesland in einer Landesregierung, alle Parteien inklusive der NEOS, alle fünf, die hier im Gemeinderat vertreten sind, müssen wir doch eine Lösung finden, die im Sinne der Kinder ist, anstatt sich in jedem einzelnen Land gegenseitig vorzuwerfen, wer denn was in diesem Rahmen nicht zahlt. Weil klar ist, alle brauchen den Versicherungsschutz.
Es wird in Wien dann auch gewährleistet. Die Frage ist nur, wer es zahlen soll. Das ist die Streiterei. Die Kinder bleiben zum Glück nicht unversorgt. Am Ende des Tages wird es wohl jedes Mal individuell gelöst. Das ist aber nicht die ideale Vorgangsweise. Idealerweise würde ganz Österreich sagen, jedem Kind steht das zu, jedes Kind hat, so wie es in der UN-Kinderrechtskonvention geschrieben steht, auf Gesundheit einen Anspruch. Das gemeinsam zu lösen, muss doch allen ein Anliegen sein.
Dann gibt es ein paar Einzelfälle bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch, Krisenunterbringung trotz familiärer Ressourcen. Das ist wirklich ein gutes Beispiel, wo man sieht, wie schwierig es ist, zu entscheiden, ob das die Familie kann, ob das die Großmutter noch machen kann. Die Mama kann es vielleicht nicht. In dem Fall ist es dann so gelöst worden, dass die Großmutter nach Einschaltung der Volksanwaltschaft die Aufgabe übernehmen konnte. Da gibt es dann zwischendurch wieder einen Antrag. Jeder einzelne Fall liest sich dramatisch. Wenn die Personen vor einem sitzen würden, so hat es die Frau Korosec auch beschrieben, wenn du einen Einzelkontakt hast, ist es natürlich noch einmal etwas anderes, als wenn wir da nüchtern einen Bericht lesen und zum Glück jedes Mal am Ende auch steht, wie es noch irgendwie gut ausgegangen ist. Aber wenn die Familie vor dir steht, kann ich mir die Verzweiflung gut vorstellen. Wenn man sich das vor Augen hält, liest sich das natürlich nicht trocken, sondern das ist wirklich jedes Mal ein Einzelschicksal, das wert ist, gelöst zu werden. Ich bin froh, dass so viele Fälle positiv gelöst werden können.
In manchen Fragen wäre halt gleich eine größere Lösung für uns alle gescheiter. Die Kinderrechte in der Verfassung würden einen ganzen Zug an Gesetzen und an Vollziehung notwendig machen. Das hat die Bundesregierung nicht geschafft, egal, in welcher Konstellation, also SPÖ und ÖVP, FPÖ und ÖVP. Es klingen aber immer alle so, als ob wir das alle wollen würden, als ob das, was in der UN-Kinderrechtskonvention eh so ist, wie wenn alle der Meinung sind, das wäre aber gut, wenn wir das alles tun würden. Es ist immer besonders schade in der Politik, finde ich, wenn alle einig sind und trotzdem am Ende nicht das herauskommt. Ich befürchte, das ist nicht der einzige Themenbereich. Aber heute, rund um die Kinderrechte, wenn wir wirklich der Meinung sind, dass man vor allem Kinder in Krisen heraushalten muss, die schwierige Verhältnisse haben, die sich selber nicht gut helfen können, wo jemand - die öffentliche Hand -
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