Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 92 von 99
gut. Das ist in diesem Gesetz nicht genug verwirklicht, und deshalb stimmen wir nicht zu.
Ich wollte aber eigentlich auf den Antrag der Kollegin Mörk kommen. Ich habe es heute auch schon ein bisschen angesprochen. Worum geht es mir da? - Ich meine, wir haben vor der Wahl diese sehr überhastete Abschaffung des Pflegeregresses gehabt. NEOS hat als einzige Fraktion nicht mitgestimmt. Wir wurden von verschiedenster Seite viel gescholten, dass wir so, weiß ich nicht, so asozial und neoliberal wären, dass wir da nicht mitstimmen. Dabei haben wir gesagt, das geht nicht einfach so hopp oder tropp, die Finanzierung ist nicht gesichert, es ist mit den Ländern nicht besprochen, es ist den pflegenden Angehörigen bei der Pflege daheim nicht geholfen, und wir schaffen natürlich dadurch Anreize, dass Menschen eher ins Heim kommen, die bis jetzt vielleicht zu Hause gepflegt wurden. (Beifall bei den NEOS.)
Sie haben das alle - und zwar alle anderen Fraktionen - immer vom Tisch gewischt. Ich habe dann eine Pressekonferenz gemacht und gesagt, es ist absolut unverantwortlich, einen so sensiblen Bereich wie die Pflege für wahltaktische Spielchen zu missbrauchen. Hier wird ohne ein nachhaltiges Konzept ein Finanzloch für zukünftige Generationen aufgerissen. Wir haben damals vorgerechnet und auch durch eine Anfrage versucht, an Zahlen zu kommen, dass die Stadt zuletzt Einnahmen von 35,8 Millionen EUR aus dem Pflegeregress hatte und diese Einnahmen nun wegfallen. Wir haben auch Sie gefragt, Frau Landesrätin, was Ihre Erwartungshaltung der Auswirkungen der Abschaffung des Pflegeregresses ist, und haben eigentlich keine Antworten bekommen, weder hinsichtlich des zukünftigen finanziellen Mehrbedarfs noch in Bezug auf die Frage, ob da möglicherweise ein Run auf die Pflegeeinrichtungen einsetzen wird. Sie haben keine Antwort gegeben, auch nicht einmal Schätzungen auf die Frage nach der Zahl der zukünftig zusätzlich benötigten stationären Pflegeplätze. Ich habe dann gesagt, im Jahr 2030 werden 60.000 Wienerinnen und Wiener älter als 85 Jahre alt sein, das sind um knapp 50 Prozent mehr als heute. Da kann man schon einmal abschätzen, was da auf Wien zukommt. Außerdem gab es zum damaligen Zeitpunkt ja schon Schätzungen des Sozialministeriums, dass der Bettenbedarf nach der Abschaffung des Pflegeregresses allgemein um 10 Prozent ansteigen wird. Das heißt, dass Wien allein auf Grund der Abschaffung des Pflegeregresses mindestens 1.350 neue stationäre Pflegeplätze brauchen wird. Die jährlichen laufenden Kosten, so meine Vorrechnung damals, dürften sich auf etwa 50 Millionen EUR pro Jahr belaufen und dazu kommen natürlich einmalige Errichtungskosten, die wir auf etwa 100 Millionen EUR geschätzt haben, weil natürlich die größte finanzielle Belastung durch die Zunahme der Nachfrage nach stationären Plätzen, die noch nicht da sind, entstehen wird. Ich habe außerdem einige Maßnahmen gefordert.
Ich möchte jetzt nicht alles vorlesen, was ich damals gesagt habe, ich habe aber damals auch prognostiziert, dass, wenn die Auswirkungen auf die Bundesländer sichtbar werden, wir sehen werden, dass dieser Pflegeregress dann in Etappen ein bisschen zurückgenommen wird. Genau das sehen wir ja. Wenn wir jetzt über die Verhandlung von ÖVP und FPÖ lesen, wo auf einmal doch die Rede von möglicherweise Regressierungen am 13. und 14. ist, also Pflegeregress light, dann hat das natürlich total gestimmt, was ich damals gesagt habe. Nur machen alle vor der Wahl Versprechungen, die sie dann ohnehin nicht halten können. (Beifall bei den NEOS.)
Frau Kollegin Mörk, Sie haben mir damals als Reaktion auf meine Pressekonferenz irreführende Aussagen unterstellt. Sie haben mir gesagt, dass diese Vorrechnungen reines Wahlkampfgeplänkel und nur wahlkampfbedingt wären. Jetzt kommen Sie mit dem Antrag, der vollinhaltlich bestätigt, was ich im September gesagt habe. Das ist nicht verantwortungsvoll. So geht man nicht mit den Wählerinnen und Wählern vor einer Wahl um, wenn man nach der Wahl eigentlich doch zugeben muss, dass das alles gestimmt hat, was wir gesagt haben und dass das völlig überhastet passiert ist. (Beifall bei den NEOS.)
Ein letzter Punkt noch, das ist in Richtung der SPÖ. Sie schreiben in dem Antrag, und das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Der Vermögensregress hat österreichweit für viele Seniorinnen und Senioren als Hemmnis für den Weg in eine qualitätsvolle stationäre Pflege und Betreuung gewirkt, in Sorge um das oft lebenslang Ersparte, das mühsam erarbeitete Eigenheim und dass die Früchte lebenslanger Arbeit seinen Kindern nicht hinterlassen werden können. Das verstehe ich jetzt wirklich nicht. Sie schaffen einen Pflegeregress, der sozusagen im Fall des Falles, wenn man sich dazu entscheidet, wenn es nicht mehr anders geht, einen Angehörigen in ein Pflegeheim zu geben und wenn ein Erbe da ist, dafür die Leistungen regressiert werden. Sie schaffen den Pflegeregress ab, diese quasi Erbschaftssteuer, wenn man so will, oder Regress an der Erbschaft, weil Sie sagen, das ist unsozial, und wollen den Ausfall mit einer Erbschaftssteuer für alle finanzieren. Wo ist denn da der Unterschied zwischen dem lebenslang Ersparten, dem mühsam erarbeiteten Eigenheim, den Früchten lebenslanger Arbeit? Das ist absolut unsozial. Das ist absolut unsozial und eine Augenauswischerei. (Beifall bei den NEOS. - Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Für die Reichen!)
Ein letzter Punkt noch: Ich habe gestern Abend das Vergnügen gehabt, mich lange mit Lotte Tobisch zu unterhalten, die auch, glaube ich, Präsidentin oder zumindest in der Alzheimer Gesellschaft sehr engagiert ist. Die warnt auch davor, dass es falsche Anreize gibt, denn natürlich wissen wir, dass Betroffene gerne zu Hause gepflegt werden und dass es gerade im Fall von Alzheimer Krankheit oder auch zunehmender Demenz natürlich nichts Besseres gibt, als in dem familiären Umfeld gepflegt zu werden. Denen bieten Sie überhaupt keine Hilfestellung. Die einzige Hilfestellung, die Sie haben, ist, zu sagen, wir zahlen das jetzt, die Allgemeinheit zahlt das jetzt. Das soll mittels einer Erbschaftssteuer von allen finanziert werden, und alle sollen in ein Heim kom
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