«  1  »

 

Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 99

 

abgebe, dass ich daran arbeiten werde, dann diesen gemeinsamen europäischen Narrativ auch für die Zukunft und für meine Kinder zu entwickeln. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Hungerländer.

 

12.18.10

Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete zum Europaparlament! Geschätzte Kollegen!

 

Ich darf heute als künftiges Hauptmitglied der ÖVP im Europaausschuss zu Ihnen sprechen. Als das und auch als Absolventin der Diplomatischen Akademie war es mir ein großes Anliegen, dass ich das Thema Europa behandeln darf, und ich freue mich sehr, zu dieser Ehre gelangt zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Als Österreich der EU beigetreten ist, war ich gerade einmal sieben Jahre alt und Österreich als Teil der Union ist daher eine absolute Selbstverständlichkeit für mich. Genauso wie ich eine prosperierende Zukunft für meine Stadt Wien möchte und für mein Land Österreich möchte, genauso möchte ich eine prosperierende Zukunft für Europa und alle Europäer. Sie sehen also, weil wir das Thema Identität angesprochen haben, ich glaube, bei der jüngeren Generation ist eine Dreieinigkeit der Identität Stadt, Land und Europa möglich. Generell ist ja Identitätsbildung eine äußerst komplexe Angelegenheit. Es ist aber unbestritten, dass unsere nächste Umgebung das allerwichtigste identitätsstützende Merkmal ist, nämlich unsere Familie, und in nächster Ebene unsere Gemeinschaft und in nächster Ebene unsere Stadt und die Region und natürlich der Nationalstaat und in äußerster Ebene die Europäische Union. Das sind ganz tiefe menschliche Funktionsweisen, und diesen tiefen menschlichen Funktionsweisen hat die EU, die Gründungsväter der EU, auch Rechnung getragen, nämlich mit dem Prinzip der Subsidiarität. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es sind tatsächlich viele Kritikpunkte, die heute an die EU herangetragen werden, die darauf basieren, dass von dem Prinzip der Subsidiarität nach und nach abgegangen wird. Dass die Europäische Union im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr Kompetenzen der Nationalstaaten an sich gerissen hat und sich immer mehr in Angelegenheiten der Nationalstaaten eingemischt hat. Dass sie über diesen ursprünglichen Ansatz der Wirtschaftsunion weit hinausgeschossen ist. Wir sehen das beispielsweise beim Thema Sozialpolitik. Das heißt, dieses Verhältnis zwischen EU-Angelegenheit einerseits und nationaler Angelegenheit andererseits muss neu geregelt werden, denn die Union ist dann stark, wenn sie sich auf ihre Kernkompetenzen beruft. Das sind zum Beispiel der Grenzschutz, die Verteidigungspolitik, die Migration. Die EU ist dann stark, wenn sie sich in kleineren Fragen zurücknimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Frau Abg. Meinl-Reisinger, sie ist jetzt leider nicht mehr da, ich finde es wirklich schade, dass Sie dieses Prinzip - vielleicht kann man es ihr ausrichten - der Subsidiarität nicht verstanden haben, weil es ist ein Prinzip, auf dem die EU basiert, das inhärent mit der EU verbunden ist. Ich würde mich freuen, wenn wir uns vielleicht noch einmal darüber unterhalten können, damit ich Ihnen die Wichtigkeit der Subsidiarität noch einmal erkläre. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Generell aber, und das ist vielleicht ein von dem betrüblichen Brexit guter Effekt, beschäftigen sich die europäischen Entscheidungsträger jetzt ein bisschen mehr mit der Zukunft der Europäischen Union. Da werden von allen politischen Richtungen unterschiedliche Vorschläge eingebracht. Ich möchte ein wenig darauf eingehen. Für uns ist nämlich, wenn es um die Zukunft der Union geht, der Weg in die Richtung einer weiteren Schuldenunion oder der Weg in die Richtung einer Sozialunion absolut undenkbar und der falsche Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vielmehr nämlich muss diese abstrakte Union wieder näher zum Bürger rücken. 2009 wurde in diesem Sinne der letzte Schritt gemacht. Da wurden die Kompetenzen des EU-Parlaments erweitert, und nun könnten die nächsten Schritte erfolgen, beispielsweise mit der direkten Wahl eines Kommissionspräsidenten oder mit einer Verschlankung der Strukturen oder mit einer Verkleinerung der Kommission. Die letzten beiden Vorschläge haben ja in Europa bereits gewisse Unterstützer gefunden, nämlich konkret in Frankreich. Ein anderer französischer Vorschlag, darauf möchte ich auch ein bisschen eingehen, geht unsererseits aber in die völlig falsche Richtung, wenn nämlich gefordert wird, dass ein EU-Finanzminister installiert werden soll, weil wir da schon sagen, bevor es einen EU-Finanzminister geben muss, muss die EU zuerst einmal in der Lage sein, sich an ihre eigenen Regeln zu halten, nämlich die bestehenden Regeln der Eurozone durchzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und der FPÖ.)

 

Seien wir uns ehrlich, der zweite große Kritikpunkt an der Union neben der immer mehr aufgeweichten Subsidiarität ist ja, dass sich die Union nicht an ihre eigenen Regeln hält, Beispiel Grenzschutz, Beispiel Dublin-Verordnung. Das sind Probleme, auf die wir eingehen müssen. Das sind Probleme, die wir uns ganz konkret ansehen müssen. (Beifall bei der ÖVP und der FPÖ.)

 

Aber kehren wir zurück zu der Rolle der Städte in Europa. Die Geschichte unserer Stadt ist ja ganz, ganz eng mit der europäischen Geschichte verknüpft. Wir haben sowohl Sternstunden als auch die tiefsten und negativsten Stunden dieses Kontinents in unserer Stadt miterlebt. Ich möchte vielleicht auf die Sternstunden eingehen, zum Beispiel 1815, als der Kutscher Europas von Wien aus die Zügel in der Hand hielt. Oder die Rolle Wiens während des Kalten Krieges, als Wien es sehr, sehr gut geschafft hat, sich als Sitzstadt europäisch-internationaler Organisationen zu etablieren und ein guter Brückenbau zwischen Ost und West wurde. Und als Wien es in der jüngeren Vergangenheit geschafft hat, EU-Agenturen nach Österreich zu holen. Leider hat es in der jüngsten Vergangenheit nicht geklappt. Aber ich sage, wir müssen uns weiterhin bemühen, dass Wien eine Sitzstadt internationaler Organisationen ist, und wir müssen uns weiterhin bemühen, dass in Wien internationale Konferenzen und internationale Sitzungen stattfinden können. Ich bin mir sicher, dass die künftige Bundesregierung, wie auch immer sie aussehen wird, eine

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular